Russland stellt sich auf den permanenten Krieg ein
Das heutige Russland ist weder eine Hochburg der Zufriedenheit noch das Bollwerk des Wohlstands, wie der Kreml behauptet.
Im späten 18. Jahrhundert plante Katharina die Große eine Reise auf die Krim, die ihr Günstling, Graf Grigori Potemkin, einige Jahre zuvor erobert hatte. Potemkin war es zwar gelungen, die landwirtschaftlich wertvolle Halbinsel dem Osmanischen Reich zu entreißen, doch die versprochene Kolonisierung hatte er nicht zustande gebracht.
Um sein Gesicht zu wahren, ordnete Potemkin den Bau einer Reihe von bemalten Pappfassaden entlang des Flusses an, an dem die Zarin entlangfahren würde. Um die Illusion zu vervollständigen, ließ er fröhliche Dorfbewohner und Herden mit gesundem Viehbestand kommen. Wohlstand gab es nicht, aber es sah zumindest danach aus.
Seither sind Potemkinsche Dörfer fester Bestandteil der russischen Geschichte. Während der Sowjetzeit wurden systematische Gewalt und Unterdrückung vom Bild eines Kommunismus überdeckt, der das
Leben vorgeblich für alle besser macht. Und heute arbeitet der Kreml unermüdlich daran, den Eindruck zu erwecken, Russland sei ein Leuchtfeuer der Stabilität, wo ein dankbares Volk seinem Führer, Wladimir Putin, inbrünstig ergeben ist. Doch hinter den Kulissen findet man Enttäuschung, Verzweiflung, Angst und Wut.
Es wächst die Aggression
Diese Wirklichkeit ist in zeitgenössischen russischen Filmen und im Fernsehen zu sehen, weil es der Populärkultur schwerfällt, hinsichtlich des Zustands der Politik komplette Lügen aufzutischen. Im russischen Krimidrama „Das Wort des Jungen. Blut auf dem Asphalt“wird eine gewalttätige und chaotische Politik in Bilder der Gewalttätigkeit und des Chaos auf den Straßen umgesetzt. Wenn Anführer beharrlich behaupten, dass überall Feinde lauerten und dass die beste Verteidigung darin bestehe, als Erster zuzuschlagen, wachsen Paranoia, Intoleranz und Aggression. Es überrascht nicht, dass russische Kinder ihre Klassenkameraden tyrannisieren, Teenager sich dabei filmen, wie sie Passanten attackieren, und Erwachsene in Schlägereien in der Öffentlichkeit verwickelt sind, während Putin Krieg gegen die Ukraine führt.
Das heutige Russland ist weder eine Hochburg der Stabilität und Zufriedenheit noch das Bollwerk des Wohlstands, wie der Kreml behauptet. Obwohl das russische BIP trotz westlicher Sanktionen im Jahr 2023 um mehr als drei Prozent angestiegen ist, ist dies wohl kaum Ausdruck einer echten oder nachhaltigen wirtschaftlichen Dynamik. Vielmehr spiegelt sich darin die Tatsache wider, dass der Staat massive Mittel in den militärisch-industriellen Komplex gepumpt hat. Diese Ressourcen mussten jedoch von irgendwoher umgeleitet werden, und eine Reihe von Unglücken – darunter Infrastrukturausfälle, Zusammenbrüche der Energieversorgung sowie Brände in Fabriken und Lagerhäusern –