Ministerin Edtstadler stellte in Washington die Nationale Strategie gegen Judenhass vor. Den USA fehle bisweilen das Bewusstsein für das Problem. Eine österreichische Lektion für die USA
Sicher fühlte sich Sabrina Soffer nicht. Es waren die Tage nach dem Massaker der radikalislamischen Hamas in Israel, und Soffer sowie andere Aktivisten hatten an ihrer Universität Protest- und Gedenkaktionen geplant. Aktionen kündigten auch propalästinensische Studierende an, und die Veranstaltung war, so erzählt es Soffer heute, „eine Feier der Hamas-Attacke“. An eine Wand der George-Washington-Universität wurden Sprüche wie „Zionistischer Genozid“projiziert. Das Rektorat wies die jüdischen Studenten an, vorsichtig zu sein. Und das sei beängstigend gewesen, erzählt die 21-jährige Philosophiestudentin und jüdische Aktivistin Soffer. „Wir kennen einander ja, die Studenten wissen, wer wir sind.“
Doch habe die Universitätsleitung die Aktionen nicht nur gleich verurteilt, Rektorin Ellen Granberg habe die Gruppe Students for Justice in Palestine auch gleich für 90 Tage vom Campus ausgeschlossen. Es war eine kontroverse Entscheidung. Während ein Teil der Studentenschaft Granberg selbst unterstellte, „einen Genozid zu unterstützen“, ging für die jüdischen Aktivisten der Ausschluss nicht weit genug. „Es wurde nicht erklärt, warum die Lage ernst ist und dass viele Sympathien mit der Hamas haben“, sagt Soffer. „Die betroffene Gruppe hat sich neu gegründet und ist jetzt auch größer.“
Dieser Tage ist es ruhig am Campus der Universität in der US-amerikanischen Hauptstadt. Doch die Protestaktionen seit dem Hamas-Massaker und dem Gaza-Krieg sind längst ein Thema an vielen Hochschulen; antisemitische und antimuslimische auch Thema gewesen, zur Sprache kam auch das österreichische Nein zu Waffenstillstandresolutionen bei den Vereinten Nationen. In konservativen Thinktanks wie dem Hudson Institute wurde die Wiener Haltung hervorgehoben bis gelobt. An der Georgetown-Universität hingegen wurde kontrovers diskutiert, welche große Gefahr von Antisemitismus durch linke und muslimische Gruppen ausgeht. Bekanntlich ist die Hälfte aller antisemitischen Vorfälle in Österreich rechts motiviert, wobei vor allem seit Ausbruch des Gaza-Krieges ein Anstieg in allen Spektren zu erwarten ist.
Dovid Edeltuch hebt indessen die positiven Entwicklungen hervor. Er gehörte zu jenen Dutzend Nachfahren von Verfolgten des NS-Regimes, denen Edtstadler in Washington die Staatsbürgerschaft feierlich verlieh. Edeltuch attestiert Österreich einen glaubhaften Kampf gegen Antisemitismus und Beistand zu Israel, was ihn schließlich dazu bewog, die Staatsbürgerschaft anzunehmen. Das hätte auch seinem Großvater gefallen, erzählt der junge Mann aus Baltimore; jener Großvater, der aus Wien vertrieben wurde und zeit seines Lebens die Distanz beibehielt.