„Erinnert ein wenig an die Zeit vor 1938“In Wien fand am Freitag anlässlich des Internationalen Holocaust-Gedenktages eine Zeremonie statt. Der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde, Oskar Deutsch, zeigt sich anlässlich aktueller Entwicklungen besor
Es erinnere ein wenig an die Zeit vor 1938. Das sagte der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG), Oskar Deutsch, über das Treffen von Rechtsextremen in Deutschland im Rahmen einer Veranstaltung zum Internationalen Holocaust-Gedenktag am Freitag in Wien.
Bei dem Treffen in Potsdam wurden Pläne zur Vertreibung von Millionen Menschen ausländischer Herkunft besprochen. Das sei „mehr als besorgniserregend“. Vieles aus Deutschland komme zeitversetzt nach Österreich, warnte Deutsch.
An der Gedenkzeremonie bei der Namensmauer zum Gedenken an die Opfer des Holocaust nahmen die Spitzen der österreichischen Politik, der israelische Botschafter David Roet sowie Vertreterinnen und Vertreter der Minderheit der Roma teil. Gerade in dieser Zeit nach dem blutigen Großangriff der Hamas auf Israel sei es wichtig, an den Holocaust zu erinnern und die Menschen damit zu konfrontieren, betonte Deutsch.
Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka bezeichnete die „ungeheure Zunahme des Antisemitismus“seit dem 7. Oktober als die größte Bedrohung derzeit. Ziel müsse es sein, vor allem durch Bildung „dieser Geisel der Menschheit“von rechts wie von links entgegenzutreten.
Bundespräsident Alexander Van der Bellen erinnerte an die „immerwährende Verantwortung, strikt, entschieden und aus tiefster Überzeugung gegen jede Form von Antisemitismus aufzutreten“. Dies dürfe nicht nur am Internationalen Holocaust-Gedenktag geschehen, sondern jeden Tag, mahnte er. „Gerade jetzt, wo Feinde unserer offenen Gesellschaft, Feinde der liberalen Demokratie, mehr und mehr Aufwind bekommen, gerade jetzt dürfen wir Antisemitismus, Hetze und Hass nicht gleichgültig gegenüberstehen“, so der Bundespräsident.
Auch Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) verwies auf die „besondere historische Verantwortung“Österreichs, dass die „dunkelsten Kapitel unserer Geschichte niemals vergessen“werden. Den Kampf gegen jede Form von Antisemitismus
bezeichnete er als „gesamtgesellschaftliche Verantwortung“. Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP), die an einer Gedenkveranstaltung im International Holocaust Museum in Washington teilnahm, zeigte sich ebenfalls besorgt über den steigenden Antisemitismus.
Die Unterstützung ist nicht so groß und prominent wie damals beim Lichtermeer 1993, als es gegen das „Anti-Ausländer-Volksbegehren“der FPÖ ging.. Da hielt Kardinal Franz König auf dem Wiener Heldenplatz vor 300.000 Teilnehmern eine Rede.
Derzeit ist Kardinal Christoph Schönborn im Amt – und aktuell in Rom bei Sitzungen, wo er am Freitag auch von Papst Franziskus in Audienz empfangen wurde. Aber es gab doch Kirchenpräsenz bei der Demo gegen Rechtsextremismus am Freitagabend.
Die Caritas Wien und die Katholische Aktion Österreich (KAÖ)
Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) mahnte eine „klare Haltung und ein gemeinsames und uneingeschränktes Bekenntnis zu Demokratie und Menschenrechten“als „unabdingbares Gebot der Stunde“ein. „Denn: Nie wieder ist jetzt“, so Kogler, der dazu aufrief, gegen Hass und Hetze, gegen Antisemitismus unterstützen laut Katholischer Presseagentur die Veranstaltung. „Als Caritas unterstützen wir jede Initiative, die sich gegen eine Politik der Spaltung einsetzt“, sagt Wiens Caritasdirektor Klaus Schwertner.
„Es ist wichtig, dass sich alle Kräfte, die für die liberale Demokratie in Österreich einstehen, bündeln“, erklärt wiederum KAÖ-Präsident Ferdinand Kaineder. Schwertner sieht es als „ermutigendes Zeichen“, wenn Menschen „gegen menschenverachtende Politik und gegen autoritäres Gedankengut auf
und Rassismus aufzustehen. Ähnlich äußerte sich SPÖChef Andreas Babler: „Erinnern und Gedenken heißt, aufzustehen und den Anfängen zu wehren“, erklärte er in einer Aussendung. Babler warnte vor einer Regierungsbeteiligung der FPÖ. Es gehe heute darum, „zu verhindern, dass Menschen die Straße gegangen sind“. Und weiter: „Wir stehen am Beginn eines Superwahljahres. In zahlreichen Ländern und auch auf EU-Ebene stehen heuer Wahlen an, und sie drohen zu einer Abstimmung über Extreme zu werden.“
Auch die Katholische Aktion unterstützt die Kundgebungen. Präsident Ferdinand Kaineder: „Die Katholische Aktion steht voll hinter diesem wichtigen Anliegen.“Seitens der katholischen Ordensgemeinschaften hat Franz Helm, Koordinator für die Europa-Zone der Steyler Missionare, seine Teilnahme an der Demonstration schon zuvor angekündigt gehabt. (red.)
an die Macht kommen, die Umsturzpläne hegen, rassistische und antisemitische Ideologien verbreiten und mit Rechtsextremen paktieren, wie es Kickl macht“.
Die FPÖ meldete sich ebenfalls zu Wort: „Untrennbar vom Gedenken an die mehr als sechs Millionen ermordeten Juden und alle anderen Opfer des verbrecherischen NS-Regimes sind Sensibilität wie auch hohe Wachsamkeit gegenüber jeglichen totalitären und antidemokratischen Entwicklungen“, sagte FPÖ-Chef Herbert Kickl laut einer Aussendung.
Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger sprach von „einer fundamentalen Verantwortung“, für die Sicherheit und Freiheit von Jüdinnen und Juden weltweit einzustehen. „Heute mehr denn je. Niemals wieder ist Auftrag, ist Verantwortung, ist jetzt.“
Das Gedenken fand einen Tag vor dem Internationalen Holocaust-Gedenktag am 27. Jänner statt, weil dieser heuer auf einen Schabbat fällt. Vor 79 Jahren – am 27. Jänner 1945 – hatte die Rote Armee die Überlebenden des Konzentrationsund Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau befreit. Die Nazis hatten dort mehr als eine Million Menschen ermordet. (APA)