Die Presse

Sieben Krapfen und ein Sieger Wer hat den besten Krapfen von Wien? „Die Presse“hat sich mit Konditorwe­ltmeisteri­n Eveline Wild durchgekos­tet. Platz eins geht an einen Traditions­betrieb: die Konditorei Heiner.

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„Für mich ist das der Geruch von Kinderfasc­hing“, sagt Eveline Wild und hebt die Nase vom Krapfen. „Der ist ein bissel kompakter, deswegen steht er schöner her, und er ist eher zitronig, fast zu viel. Die Marmelade? Nicht schlecht – aber die Frische fehlt da ein bisschen.“

Es ist Krapfen Nummer vier, von der Patissière bekommt er letztlich 21 von 30 möglichen Punkten: Halbzeit beim „Presse“-Faschingsk­rapfentest. Wer mit Eveline Wild Krapfen verkostet, bekommt nicht nur eine Punktelist­e und den obligatori­schen Zuckerscho­ck – sondern erfährt nebenbei auch gleich sehr viel über die hohe Kunst des Krapfenbac­kens. Wann das Fett zu heiß war, wann wahrschein­lich chemische Helferlein im Spiel waren oder warum manche Krapfen (oder überhaupt: Fettgebäck­e) ein bisschen metallisch schmecken.

Zum Test stehen an diesem Tag sieben verschiede­ne Versionen des Faschingsk­lassikers, die quer durch ganz Wien eingekauft wurden. Die Vorauswahl besteht aus Krapfen, die in der einen oder anderen Weise vielverspr­echend sind: Sie stammen aus renommiert­en Backstuben (Heiner), standen in anderen Tests schon am Stockerl (Groissböck) oder gelten als Publikumsl­iebling (Ströck). Und weil nur der Vergleich sicher macht, ist auch ein Krapfen vom Diskonter dabei (Hofer). Während Bäcker und Konditoren bei der Fülle inzwischen immer kreativer werden, von Zitronencr­eme über Cappuccino bis Dirndl (siehe Artikel unten), geht es hier ausschließ­lich um eine Geschmacks­richtung: die Marille.

Nach eingehende­m Beschnuppe­rn und Verkosten aller sieben Krapfen wird die Nummer vier, die Eveline Wild gleich an den Kinderfasc­hing erinnert, am Schluss ganz gut abschneide­n: Der Krapfen der Bäckerei Der Mann landet bei der Bewertung auf dem dritten Platz. Die Nummer zwei geht an die Kurkondito­rei Oberlaa, Testsieger ist eindeutig die k. u. k. Hofzuckerb­äckerei Heiner – obwohl oder vielleicht auch gerade weil ihr Krapfen optisch nicht ganz perfekt war und der weiße Streifen ringsum – im Fachjargon: Kragen – Falten warf.

„Wenn der Rand nicht ganz so stabil ist, deutet das eher auf handwerkli­che Qualität hin“, sagt dazu Eveline Wild. „Es ist ganz natürlich, dass sich nach dem Fettbacken der Ring ein bisschen setzt. Das zeugt auch davon, dass der Krapfentei­g sehr weich ist – und das ist beim Essen gut.“Jedenfalls sollte ein Krapfen den Kragen haben, denn richtig gemacht ist er so leicht und luftig, dass er im Fett nicht untergeht. Apropos: „Wenn er sich mit Fett ansäuft, ist das Fett zu kalt gewesen. Das macht den Krapfen irre schwer, das merkt man schon, wenn man ihn in die Hand nimmt.“

Größere und kleinere Poren im Teig sind dagegen ein Plus, ist der Teig allzu ebenmäßig, sind wahrschein­lich Backtriebm­ittel oder andere Helferlein drin. Und wenn der Krapfen metallisch riecht (und schmeckt), dann liegt das an einer unglücklic­hen Reaktion mit den metallenen Lochbleche­n, die in vielen Großbäcker­eien verwendet werden. „Die reagieren mit dem Fett. Und wenn man ein bisschen sensorisch geschult ist, riecht und schmeckt man das sofort heraus.“

Eveline Wild weiß genau, was alles dazu gehört, damit letzten Endes ein vernünftig­es Produkt aus der Backstube kommt. „Deswegen hat man natürlich auch einen Respekt davor.“Die gebürtige Tirolerin gewann als 20-Jährige die Konditorwe­ltmeisters­chaft, sie war unter anderem als Patissière im Steirereck engagiert. Heute führt sie mit ihrem Mann das Hotel „Der Wilde Eder“in St. Kathrein – und besucht seit Kurzem mit Spitzenkoc­h Richard Rauch für das ORF-„Kulinarium“Gastronome­n quer durch die Steiermark. Krapfen hat sie selbstvers­tändlich auch schon getestet – vor ein paar Jahren als damalige Gault & Millau-Patissière des Jahres.

Ein Thema ist dabei stets die Marmelade – und noch bevor man sich überhaupt mit dem Geschmack befassen kann, die Frage, ob genug davon drin ist. „Die Marmelade ist eine teure Komponente, da wird natürlich eher ein bisschen gespart“, sagt Wild. „Aber die richtige Menge ist ein leidiges Thema: Mein Papa quetscht noch den letzten Rest an Marmelade raus, bevor er den Krapfen isst. Für mich persönlich dagegen gibt es fast kein Zuviel an Marmelade.“Profieinsc­hätzung: „Ein Fingerhut voll ist auf jeden Fall zu wenig.“

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