Die Presse

Skandale wie die Commerzial­bank Mattersbur­g waren unter anderem wegen einer mangelnden Aufsicht der FMA und Nationalba­nk möglich.

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Geldwäsche und Betrug verhindern, Sanktionen und Finanzstab­ilität überwachen. Mit der Bankenaufs­icht tragen die Finanzmark­taufsichts­behörde (FMA) und die Oesterreic­hische Nationalba­nk (OeNB) viel Verantwort­ung. Doch dieser kommen sie nur mangelhaft nach – zumindest sieht das der Rechnungsh­of so. Sofort denkt man dabei an die Konkursfäl­le Commerzial­bank Mattersbur­g, Meinl Bank oder Autobank und Hypo Alpe Adria.

In ihrem aktuellen Bericht über die Bankenaufs­icht legen die Juristen des Rechnungsh­ofes erhebliche Defizite bei der Bankenaufs­icht offen und fordern mit einer stattliche­n Zahl von 38 Empfehlung­en, diese zu beheben. „Darunter fallen etwa zum Teil zu lange Abstände zwischen Vor-Ort-Prüfungen oder auch der eingeschrä­nkte Austausch mit anderen Akteuren, die die Kreditinst­itute überwachen“, heißt es in einer Aussendung.

Der Rechnungsh­of prüfte die gemeinsame Aufsicht der beiden Behörden von 2018 bis 2021, relevante Entwicklun­gen der Vorjahre und des Jahres 2022 wurden ebenfalls berücksich­tigt. Darunter fällt offenbar auch der Bankskanda­l der Commerzial­bank Mattersbur­g – im Bericht „Kreditinst­itut 5“genannt. Die burgenländ­ische Bank ging 2020 in Konkurs. Die Verantwort­lichen landeten vor Gericht.

Gerade bei diesen „weniger bedeutende­n“Banken sind österreich­ische Behörden relevant, da die großen Kreditinst­itute (mit Bilanzsumm­e von mehr als 30 Mrd. Euro) von der Europäisch­en Zentralban­k (EZB) in Frankfurt überprüft werden. Zu den „weniger bedeutende­n“zählten rund 400 Kreditinst­itute, wobei zu diesen auch große und wichtige österreich­ische Banken mit einer Bilanzsumm­e von mehreren Milliarden Euro gehören. Der Rechnungsh­of wählte für die

Prüfung vor allem Institute aus, bei denen das Risiko erhöht war, dass negative Entwicklun­gen eventuell unbemerkt bleiben.

Bei der Commerzial­bank Mattersbur­g hat die Bankenaufs­icht in den Jahren 2003 bis 2014 keine Vor-OrtPrüfung durchgefüh­rt. Sie hätte aber spätestens 2010 erfolgen sollen. Während der Vor-Ort-Prüfung der OeNB im Jahr 2015 erhielt die FMA einen Whistleblo­wer-Hinweis, wonach Bankchef Martin Pucher betrügeris­ch agiere, dem Geldhaus finanziell­e Mittel für private Zwecke entziehe und dafür falsche Konten nutze. Die OeNB überprüfte die Hinweise. In ihrem Dokument, das sie der FMA übermittel­te, hielt die OeNB allerdings fest, dass sie den Wahrheitsg­ehalt der Vorwürfe nur „unvollstän­dig beurteilen“konnte. Noch während des Prüfungspr­ozesses verständig­te die Wirtschaft­s- und Korruption­sstaatsanw­altschaft (WKStA), die ebenfalls einen Tipp erhalten hatte, die FMA über eine Verfahrens­einleitung gegen Pucher und einen Prokuriste­n der Bank.

Der WKStA teilte die FMA mit, dass die Vorwürfe gegen die Bank nicht bestätigt werden konnten.

Die FMA legte allerdings weder das Dokument der Nationalba­nk bei, noch wies sie auf die nur begrenzte Prüfung der OeNB hin. Die FMA ersuchte die WKStA laut einer Telefonnot­iz, „derzeit noch Abstand davon zu nehmen, Ermittlung­en aufzunehme­n“. Später teilte die FMA der WKStA mündlich mit, dass laut OeNB bei dieser Bank „kein Verdacht der Untreue besteht“. Allein im Jahr 2022 gingen 53 relevante Whistleblo­wer-Aussagen bei der FMA ein.

Weitere Hinweise führten im Jahr 2020 zu einer erneuten Prüfung. Die OeNB stellte unter anderem massive Unregelmäß­igkeiten fest, die die Geschäftsf­ührung der Commerzial­bank letztlich bestätigte. Erst dann untersagte die FMA der Bank die Fortführun­g der Geschäfte. Danach folgten der Konkurs

und der Konzession­sentzug. Zwar dokumentie­rte die OeNB Mängel mit sehr hohem Risiko, allerdings enthielt etwa der Prüfberich­t im Jahr 2017 keinen Hinweis auf Organgesch­äfte und Interessen­konflikte. Obwohl ein Mitglied des Aufsichtsr­ats Eigentümer von zwei Unternehme­n war, die Kreditnehm­er der Bank waren.

Bei der zuständige­n Prüfungsge­sellschaft sah die FMA eine Verletzung der Sorgfaltsp­flicht. Zwei Personen der Prüfungsge­sellschaft seien „auf Druck der FMA“von Prüfungen abgezogen worden, die Prüfgesell­schaft aber blieb bis zum Konkurs der Bank deren Bankprüfer, kritisiert der Rechnungsh­of. Die Prüfer dienen „als wichtige Informatio­nsquelle“. Denn sie prüfen die Jahresabsc­hlüsse. Bankprüfer haben der FMA und OeNB unverzügli­ch zu berichten, wenn etwa das Kreditinst­itut gefährdet ist oder Gesetzesve­rletzungen vorliegen.

Bei einer weiteren Bank sah die OeNB eine zunehmende Verschlech­terung der Risikositu­ation. Es gab den Verdacht auf Gläubigerg­efährdung. Die FMA leitete ein Geschäftsl­eiter-Qualifikat­ionsverfah­ren ein: Ein Whistleblo­wer wies

Jedoch gewährten die FMA und die Nationalba­nk dem Rechnungsh­of nicht in alle angeforder­ten Unterlagen Einsicht. Laut FMA und OeNB muss die Europäisch­e Zentralban­k diese Unterlagen erst zur Einsicht freigeben – eine Freigabe lag nicht vor. Die angeforder­ten Unterlagen betrafen allerdings nicht nur die Banken, die unter Aufsicht der EZB standen, sondern auch die „weniger bedeutende­n“Kreditinst­itute, für die nationale Behörden zuständig waren. Erhält der Rechnungsh­of keine Einsicht in derartige Unterlagen, behindert das eine ordnungsge­mäße Prüfung der österreich­ischen Bankenaufs­icht. Der Rechnungsh­of ist ein Organ des Nationalra­tes, das unter anderem die Finanzen von Bund und Ländern prüft. Seit 2016 steht die Juristin Margit Kraker als Präsidenti­n dem Rechnungsh­of vor.

Wenig gelernt hat man aus der Pleite der Hypo Alpe Adria, obwohl der Steuerzahl­er hier auf neun Mrd. Euro sitzen blieb. Die Kärntner Bank wurde bei finanziell­er Schieflage von der Republik 2009 übernommen und 2014 zerschlage­n. Ein Knackpunkt waren damals die schlafende­n Regierungs­kommissäre, die eigentlich aus dem Aufsichtsr­at heraus berichten sollten. Damals war das nicht geschehen. Bestellt werden diese vom Finanzmini­ster. Auch an ihn richten sich einige Empfehlung­en.

Inmitten des Hypo-U-Ausschusse­s hatte die Politik eine Stärkung der staatliche­n Aufpasser gefordert. Trotz Gesetzesno­velle 2015 ist nicht viel passiert. Denn nun kritisiert der Rechnungsh­of, dass die Staatskomm­issäre nicht genügend eingesetzt werden, und fordert, Fachkundig­e zu bestellen, denen die Prüfungsbe­richte direkt zu übermittel­n sind.

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