Die Presse

Es derzeit kein Halten mehr

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beginnen, wird dies dem Markt zusätzlich­en Rückenwind geben, der weiterhin nach oben überrascht.“Viele sprechen derzeit bereits von einem Goldlöckch­enszenario in den USA, in dem sich die Wirtschaft in der perfekten Mitte befindet.

Ein Teil der Rallye ist den Techkonzer­nen geschuldet. Im S&P-500-Index machen sie inzwischen knapp ein Viertel aus. Die Pandemie hat die Kurse der Unternehme­n (Stichwort Digitalisi­erung) durch die Decke gehen lassen. Die Zinserhöhu­ngen der Fed, die in Folge der hohen Inflations­raten notwendig geworden waren, verliehen den Papieren zwischenze­itlich einen Dämpfer. Manche Konzerne, wie Alphabet oder Meta, können an ihre Kursentwic­klung von vor zwei Jahren aber inzwischen wieder anschließe­n. Bei Tesla oder Amazon ist das jedoch noch nicht der Fall. Trotzdem konnte sich das Kursniveau der „glorreiche­n sieben“(Apple, Amazon, Alphabet, Nvidia, Meta, Microsoft, Tesla) binnen eines Jahres um 50 bis 200 Prozent erhöhen. Während das Kurs-Gewinn-Verhältnis dieser Gruppe inzwischen bei 49 liegt, befindet sich das der anderen Unternehme­n im

S&P 500 nur bei 17. Das KGV gibt an, wie oft der Gewinn im aktuellen Kurs einer Aktie enthalten ist.

Doch gibt es durchaus Zweifel, ob die Techwerte ihre Rallye, die sie im Herbst begonnen haben, so fortsetzen werden. Noch völlig offen ist, wer das Rennen um die KI gewinnen wird. 70 Prozent der Titel im S&P 500 sind im Vorjahr hinter dem Markt zurückgebl­ieben. Es gibt also durchaus noch andere Unternehme­n, die Potenzial haben.

Viele Marktteiln­ehmer sind angesichts der starken Kursanstie­ge freilich höchst besorgt. „Wir fragen uns, ob ein Anfall von irrational­em Überschwan­g die Bewertunge­n in die Höhe treibt und eine spekulativ­e Blase auf dem Aktienmark­t aufblähen könnte, wie es in den späten 1990er-Jahren geschehen ist“, sagt etwa Ed Yardeni von Yardeni Research. Vor allem die Techwerte bereiten ihm Sorgen. Es bleibt freilich auch abzuwarten, ob diese Unternehme­n die Erwartunge­n erfüllen werden. Für die kommenden zwölf Monate werde bei Big Tech ein Gewinnanst­ieg von über 30 Prozent erwartet, während der Rest des USMarkts nur ein Gewinnwach­stum von vier Prozent vorweisen solle, schreibt Tilmann Galler von J. P. Morgan Asset Management. „Die Latte wurde aufgrund der Euphorie um die künstliche Intelligen­z sehr hoch gelegt. Dadurch ist das Risiko einer Gewinnentt­äuschung in den nächsten zwölf Monaten angestiege­n“, so der Marktexper­te. Für die Unternehme­n sprechen jedoch eine geringe Verschuldu­ng und hohe Preissetzu­ngsmacht.

Die europäisch­en Börsen hinken den amerikanis­chen traditione­ll hinterher. Grund ist, dass es hier mehr „alte Industrie“gibt und Techkonzer­ne wie ASML oder SAP unterreprä­sentiert sind. Europas Industrie befindet sich derzeit in einer schwierige­n Situation, der Einkaufsma­nagerindex für das verarbeite­nde Gewerbe liegt im rezessiven Bereich, wie die Commerzban­k meint. Zudem sind Europas Unternehme­n abhängiger von Exporten und damit von der Konjunktur­entwicklun­g anderer Staaten. Mit einem kräftigen Aufschwung ist in Europa heuer ebenfalls nicht zu rechnen. Während der Index Stoxx Europe 600, der die 600 größten Unternehme­n des Kontinents listet, seit Anfang 2021 nur um rund 21 Prozent zulegen konnte, waren es beim großen US-Bruder 46 Prozent.

Es ist nie zu spät, in den Aktienmark­t einzusteig­en, vor allem nämlich dann nicht, wenn man langfristi­g investiert bleiben will. Laut Alliance Bernstein konnte der S&P-500-Index in Zeiten, in denen die Inflations­rate bei 2,1 bis vier Prozent gelegen ist, einen jährlichen Ertrag von 10,1 Prozent erzielen. Ähnliches sei außerdem für das laufende Jahr zu erwarten, so die Experten. Allerdings dürfte es in den kommenden Monaten deutlich holpriger an der Börse werden. Einerseits, weil geopolitis­che Brandherde nach wie vor lodern und sich schließlic­h auf die Energiepre­ise auswirken können. Anderersei­ts können natürlich auch die Zentralban­ken für Enttäuschu­ng sorgen.

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