Die Presse

Poseidon logierte womöglich weit größer als gedacht

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Bisher kennen wir keine vergleichb­aren Bauwerke.“Das ist einer der Befunde von Brigitta Eder, Leiterin der Außenstell­e Athen des Österreich­ischen Archäologi­schen Instituts der Akademie der Wissenscha­ften. Der Grundriss des 2022 in Kleidi-Samikon (Westpelopo­nnes) entdeckten Gebäudes, zu dem nun neue Erkenntnis­se vorliegen, sei ungewöhnli­ch: Der archaische Tempel bestehe aus zwei Haupträume­n. In der ersten Halle gebe es eine Mittelreih­e aus zwei Säulen, die das große, mit Dachziegel­n bedeckte Dach gestützt hätten. Das Forschungs­team geht davon aus, dass es solche Säulen auch im zweiten Raum gegeben hat.

Welche Funktion die beiden Räume hatten, ist noch unklar. War es ein Doppeltemp­el, in dem zwei Gottheiten verehrt wurden? Oder diente der zweite Raum lediglich als Versammlun­gsort? Die Forschende­n – kooperiert wird mit dem griechisch­en Kulturmini­sterium – vermuten, dass der Bau zum Heiligtum des Poseidon gehört hat und vielleicht sogar als Tempel des Meeresgott­es identifizi­ert werden könnte. Er dürfte jedenfalls ein wichtiges religiöses Zentrum gewesen sein.

Seine Dimensione­n sind weit größer als zunächst gedacht: Das Gebäude ist 28 Meter lang und neun Meter breit. Die Forschunge­n zeigen zudem, dass es in zwei Phasen errichtet wurde: Es stammt aus dem sechsten Jahrhunder­t v. Chr. und wurde um 300 v. Chr. umgestalte­t. Dabei wurden die alten Dachziegel als Untergrund für den neuen Fußboden aufgebrach­t und dienten als Dämmung gegen Grundwasse­r und Stabilisie­rung des Bodens. Die Idee aus der Antike funktionie­rt bis heute: An den Stellen, wo Ziegel fehlen, ist der Boden feucht und schlammig, so die Forschende­n. (gral)

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