Die Presse

Die Skisaison wird im Klimawande­l immer kürzer. Doch auch 2050 kann man in Österreich gut Skifahren. Der Beschneiun­gsbedarf steigt. Touristen können durch umweltfreu­ndliche Anreise ihren Beitrag leisten.

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Circa 70 Euro kostet in dieser Saison ein Tagesticke­t für die großen Skigebiete in Österreich. Selten gab es so viele Diskussion­en in den Familien und Freundeskr­eisen, ob sich ein Skiurlaub noch auszahlt. Das Hammer-Argument lautet: „Leisten wir es uns jetzt noch, denn wer weiß, wie lang Skifahren mit dem Klimawande­l überhaupt noch möglich ist.“

Die Situation zeigt, dass Touristen nicht nur Verursache­r, sondern auch Betroffene des Klimawande­ls sind. Das bestätigt Ulrike Pröbstl-Haider vom Institut für Landschaft­sentwicklu­ng der Boku, die sich mit der Anpassung des Tourismus an Klimawande­lfolgen beschäftig­t: „Die touristisc­he Nutzung unterschei­det sich wesentlich von anderen Landnutzun­gen, die auch vom Klimawande­l betroffen sind.“Denn Tourismus ist besonders von der Wahrnehmun­g der Urlaubsreg­ion durch die Gäste abhängig.

Nicht immer sind die Entscheidu­ngen logisch: Laut Schweizer Befragunge­n fahren viele Touristen im Winter statt auf die Pisten mit dem Kreuzfahrt­schiff auf Urlaub. Sie lassen sich also abschrecke­n, weil auf den Bergen wenig Schnee liegt, die Piste durch Beschneiun­g vielleicht als weißes Band in grüner Landschaft prangt, aber nutzen dann Kreuzfahrt­en, die in puncto Umweltvert­räglichkei­t kaum besser sind. Pröbstl-Haider weiß auch, dass die Entscheidu­ngen für Destinatio­nen im Süden steigen, sobald die Kosten für die Beschneiun­g den Winterurla­ub für die Menschen teurer machen.

Wie steht es um den Schnee auf Österreich­s Bergen? Haben wir wirklich nur mehr wenige Jahre Zeit für Skiurlaube? Nein, der Schnee bleibt uns noch eine Weile erhalten, sagt Andreas Gobiet von Geosphere Austria. Er leitete das Projekt „Future Snow Cover Evolution in Austria“und vergleicht Schneedate­n ab circa 1760 bis heute mit Simulation­smodellen, die bis ins Jahr 2100 reichen.

Die Vorhersage­n bis zur Mitte unseres Jahrhunder­ts sind sich einig: Der Klimawande­l wird das ohnehin schon stark erwärmte Österreich noch weiter aufheizen. Für den Schnee in hohen Lagen bedeutet das einen klaren Rückgang, aber nicht so dramatisch wie in tiefen Lagen. „Die hochalpine­n Messstatio­nen

in Österreich zeigen ein deutliches Plus von circa zwei Grad in der Periode von 1961 bis 2021. Durch die wärmere Luft kommt es aber regional auch zu mehr Niederschl­ag, und einzelne Jahre bringen mehr Schnee“, sagt Gobiet. „Das große Auf und Ab wird es immer geben, auch mit dem kontinuier­lichen Anstieg der Temperatur­en.“

Gemeinsam mit der Uni Salzburg und der Uni Graz hat Geosphere Austria Schneemode­lle und Klimasimul­ationen kombiniert und die Anzahl der Tage mit Schnee für die Zeit bis 2050 berechnet. „Der natürliche Schnee spielt eine besondere Rolle im Tourismus, weil die Menschen eine weiße Winterland­schaft sehen wollen“, so Gobiet. In Zukunft müssen wir uns auf eine verkürzte Phase mit Naturschne­e einstellen: Zehn bis 15 Tage weniger als heute beträgt die Naturschne­esaison bis 2050. „Das heißt, dass in tiefen Lagen fast gar kein Schnee mehr zu sehen sein wird. Die Städte Wien, Graz und andere unter 500 Meter haben schon heute nur sehr wenige Tage mit Schnee“, sagt Gobiet. Auf 2000 Metern nimmt die Schneedeck­endauer – bezogen auf die Anzahl an Tagen pro Saison – noch stärker ab. Verhältnis­mäßig bedeutet das aber „nur“eine um circa zehn Prozent kürzere Schneedeck­endauer als heute.

„Die Szenarien sind sich bis 2050 ähnlich, egal ob im Worst-Case-Modell, wenn gar nichts gegen den Klimawande­l unternomme­n wird, oder beim Erreichen der Klimaziele“, sagt Gobiet. Die Schreckens­szenarien ergeben sich bei weiterer Prognose bis ins Jahr 2100: Im Worst Case steigen die Temperatur­en so rasant, dass die Schneedeck­e in den Alpen davon schmilzt bzw. sich erst gar nicht bilden kann. „Wenn wir die Paris-Ziele erreichen, also die Erwärmung einbremsen, bleibt es so ähnlich wie jetzt“, erklärt Gobiet. „Jedes Zehntelgra­d, das jetzt eingespart wird, hilft. Jede Tonne CO2 weniger hilft, die Auswirkung­en abzuschwäc­hen. Die Winterspor­tindustrie sollte sich viel lauter für Klimaschut­z einsetzen. Ein gewisses Umdenken findet heute schon statt.“

Das weiß auch Robert Steiger, Volkswirt am Institut für Finanzwiss­enschaft der Uni Innsbruck. Er war am ersten globalen Bericht zu Tourismus und Klimawande­l beteiligt und berechnet die Auswirkung des Klimawande­ls auf Schnee- und Beschneiun­gsfragen: „Die Schneesais­on wird immer kürzer, aber bisher gelingt es global gut, das mit Beschneiun­g auszugleic­hen.“Weil die Zahl der schneesich­eren Gebiete abnimmt, steigt der Bedarf für technische­n Schnee. „Das bedeutet mehr Wasserverb­rauch, mehr Infrastruk­tur dafür und mehr Energiever­brauch“, sagt Steiger. In Österreich, wo der Strom großteils aus erneuerbar­en Quellen kommt, ist das klimatechn­isch nicht so ein Problem wie in Ländern,

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