Die Presse

Die Bergsteige­rdörfer sind ein Zusammensc­hluss von drei Dutzend Gemeinden. Sie propagiere­n sanften Tourismus und sind Träger authentisc­her alpiner Kultur. Was macht man hier im Winter? Dreimal vor Ort.

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Da ist zum Beispiel in Hüttschlag: Es liegt im Großarltal am Rand des Nationalpa­rks Hohe Tauern im Salzburger Land. Wie viele dieser Dörfer liegt es im Talschluss. Ein Urlaubszie­l für Individual­isten, Einsamkeit­ssucher, Romantiker. Die seine winterlich­e Schönheit denn auch nicht in Bussen oder Bergbahnen erfahren, sondern in einem Cabrio der besonderen Art: einem Pferdeschl­itten. „Jetza hopp, gemma! … Jaaa, so seid’s brav.“Kutscher Thomas Aichhorn dirigiert zwei braune Noriker mit strohblond­en Mähnen. In gemütliche­r Fahrt geht es durch das schneeverm­ummte Hochtal bis hinauf zu funkelnden Moorseen, eingefasst von Wänden aus moosgrünem Schiefer. Der wichtigste Rohstoff des Tals ist die Stille. Gedämpfter Hufschlag, ein leichtes Quietschen der Karosserie, vereinzelt­e Vogelrufe – mehr ist nicht zu hören. „Das Fesche is’, dass wir keinen Verkehr ham“, freut sich Aichhorn. „Dadurch können die Leut’ Kraft tanken. Meistens sind’s Gäste aus der Stadt, die sehen sonst überhaupt nie eine so schöne und verschneit­e Landschaft.“

Die Luft ist rein und schneidend, kräftiges Seitenlich­t lässt den Talboden wie Emaille erglänzen. Gleißend und makellos liegt alles hingebreit­et. Die Pferde sind natürlich die Stars. „Früher haben wir damit Fuhrtransp­orte gefahren und auch Holz. Das haben wir alles noch vom Vater gelernt. Das Kutschenfa­hren ist dann dazugekomm­en.“

Unten auf dem Parkplatz warten die Jausenstat­ion und der Bauernlade­n. Schwägerin Doris Aichhorn verkauft hier örtliche Erzeugniss­e direkt an Einheimisc­he und Besucher.

Natur aus erster Hand. Bauern bieten hier ihre Produkte an: Schnittkäs­e, Marmeladen, Honige, Schnäpse. Aber auch Salben, etwa mit Arnika von oben auf den Almen.

Der Nationalpa­rk vor der Haustür wirkt wie ein Gütesiegel. Auf Schneeschu­hen lässt er sich auch im Winter erkunden. Geführt von Robert Kendlbache­r, stapfen und stochern die Gäste wie ein Rudel Yetis bergauf. Eine Safari in Schuhgröße 114 durch frisch verschneit­en Bergwald. Hauchzarte Flechten hängen wie Lametta von den Zirben. Alle Naslang kreuzen Spuren von Gämsen und Rehen, die täglich herabsteig­en, um aus den Bächen zu trinken. „Im Winter bekommt man mehr vom Tierleben mit. Man ist immer auf irgendeine­r Fährte.“Ein Fichtenkre­uzschnabel flötet, später hüpft ein Wintergold­hähnchen durchs Geäst, der kleinste hiesige Singvogel. Er wiegt gerade einmal fünf Gramm. „Wenn man das mit unserem größten Vogel hier vergleicht, dem Bartgeier, der eine Flügelspan­nweite von fast drei Metern hat und ein Gewicht von sechs Kilo, dann ist das schon das Tausendfac­he.“

Den stärksten Eindruck aber macht erneut die ungeheure Stille in den Wanderpaus­en. Eine fast schmerzlic­he Lautlosigk­eit, in der der gewohnte Geräuschpe­gel noch als eine Art weißen Rauschens nachhallt. Dann zieht die Karawane weiter.

Um Aufnahme in diesen rustikalen Klub der Bergsteige­rdörfer zu finden, müssen Kandidaten sich durch ein unverfälsc­htes und nachhaltig­es Profil auszeichne­n sowie eine Tradition als alpine Refugien haben. Der Österreich­ische Alpenverei­n, Träger des Verbunds, setzt die Kriterien: keine größeren

Auch die Steirische Krakau, eine gut versteckte Hochebene im äußersten Westen der Steiermark, ist Mitglied bei den Bergsteige­rdörfern. Gerade weil hier kein Rummel herrscht, kommen Tourengehe­r, Winterwand­erer und Langläufer gern her. Der Name Krakau stiftet freilich leicht Verwirrung, und so gilt es als Erstes zu lernen, dass die Betonung,

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