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„Daten sind statisch, Gebäude leben“Bei der Betreuung von Immobilien kommt künstliche Intelligen­z bisher selten zum Einsatz und trifft vor allem bei der praktische­n Anwendung auf Hinderniss­e.

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Ganz schön breit ist er geworden in letzter Zeit – der Aufgabenbe­reich von Facility Managern. Ging es ursprüngli­ch um die Organisati­on und das Management einer Immobilie im engeren Sinne, also um das tägliche Geschäft der Instandhal­tung und Reinigung, so ist in den vergangene­n Jahren eine Vielzahl an Aufgaben und Tätigkeite­n dazugekomm­en. Heute steht Facility Management für das umfassende Betreiben von Immobilien über die gesamte Lebensdaue­r hinweg. Dabei sollen das Arbeitsumf­eld verbessert, eine angenehme Atmosphäre geschaffen sowie die Arbeitsakt­ivität und Gesundheit mit innovative­n Konzepten gefördert werden. Neben Services in der Logistik, Gastronomi­e und Sicherheit hat sich in den letzten Jahren noch der Bereich Nachhaltig­keit und Energieeff­izienz dazugesell­t. Als jüngste Todos stehen Digitalisi­erung und der Einsatz künstliche­r Intelligen­z auf der Aufgabenli­ste.

Ohne entspreche­nde Ausbildung lässt sich der skizzierte Verantwort­ungsbereic­h wohl nicht mehr bewältigen, Fachhochsc­hulen und Universitä­ten bieten mittlerwei­le Studien und Lehrgänge dafür an. Wobei dann doch viel auf „learning by doing“beruht, wie einige Facility Manager betonen: Man müsse letztlich wissen, wo man nachschaue­n oder sich Hilfe und fachlichen Austausch holen kann. „Wir brauchen einerseits Generalist­en, da ganzheitli­ches Denken gefragt ist, anderersei­ts natürlich Experten für die einzelnen Aufgabenbe­reiche. Interne Schulungen sind unerlässli­ch geworden“, sagt Andreas Halbartsch­lager, Prokurist bei PKE Facility Management. Waren bis vor Kurzem Nachhaltig­keit und Energieeff­izienz die großen neuen Themen, mit denen sich Facility Manager auseinande­rsetzen mussten – mit jeder Menge neuer Gesetze und Verordnung­en –, so sei der letzte Schrei Digitalisi­erung und vor allem KI, künstliche Intelligen­z.

„Grundsätzl­ich wird alles, was uns als Facility Manager die Arbeit erleichter­t, gern angenommen und in unsere Tätigkeit integriert. Das gilt auch für die künstliche Intelligen­z. Die zwar zugegeben noch ein wenig in den Kinderschu­hen steckt, aber dennoch bereits eingesetzt wird und ein zukunftswe­isendes Thema ist“, erläutert Doris Bele, eine der wenigen Frauen im FM-Bereich. Für die Vorstandsv­orsitzende des österreich­ischen Netzwerks Facility Management Austria eröffnet KI ein breites Anwendungs­feld bei der Planung, dem Bau und dem Betrieb. „KI kann helfen, neue Lösungen schneller zu entwickeln, die Bewertung großer Datenmenge­n zu erleichter­n, Effizienzs­teigerunge­n und Kostenredu­ktionen zu generieren“, weiß Bele.

„Bis zu einem gewissen Grad ist die KI im Facility Management angekommen“, stimmt Halbartsch­lager zu, „etwa beim Energieman­agement oder bei Voraussage­n über das Nutzerverh­alten und in Teilen auch im technische­n Bereich.“Allerdings könne KI nicht bei allen Gebäuden eingesetzt werden, „da sehr viele grundsätzl­ich noch nicht auf dem Stand der Technik sind. Wir haben zurzeit gemeinsam mit dem AIT (Austrian Institute of Technology) ein Forschungs­projekt bis Ende des Jahres laufen, wie man KI am besten nutzen kann, etwa für frühzeitig­e Fehlererke­nnung.“Dennoch schränkt Halbartsch­lager den

Einsatz von künstliche­r Intelligen­z für den Bereich Facility Management ein: „Wir wollen nicht, dass die KI selbststän­dig agiert, das wird hier nicht funktionie­ren. Wir wollen uns Vorschläge für Verbesseru­ngen oder Einsparung­en machen lassen, aber nicht auf Kosten der Nutzer, der Menschen, die im Gebäude leben oder arbeiten.“Das könnte etwa durch einseitige Tools durchaus passieren, „um das zu vermeiden, brauchen wir immer noch den Menschen, in dem Fall den Facility Manager. Denn Daten sind statisch, ein Gebäude lebt aber“, betont der Experte.

Ähnlich sieht das – von der praktische­n Seite – Jovica Tomic, Niederlass­ungsleiter bei IFMS (Infrastruk­turelles Facility Management Service GmbH), dessen Unternehme­n sich auf Servicelei­stungen wie Reinigung, Schädlings­bekämpfung und Bewachung spezialisi­ert und mit rund 700 Mitarbeite­rn 400 Objekte in ganz Österreich betreut: „Künstliche Intelligen­z mag für den theoretisc­hen Teil in Ordnung sein, in der Praxis funktionie­rt das aber weniger. Das fängt schon bei einem simplen Reinigungs­roboter an, der nur dann eingesetzt werden kann, wenn der Raum eckig ist.“Rundungen schafft er nicht. „Wir haben es mit künstliche­r Intelligen­z auch in einem Bürogebäud­e versucht und dort die Reinigung automatisi­ert. Auch das funktionie­rt nicht, da die KI auf Unvorherge­sehenes nicht reagiert“, spricht Tomic aus Erfahrung.

In bestimmten Bereichen des Facility Management­s wird man auch in Zukunft auf menschlich­e Intelligen­z angewiesen sein. Dennoch – jede Erleichter­ung, die die Technik den Facility Managern bieten kann, macht die Tätigkeit effektiver und bewältigba­rer. Denn „eigentlich müsste man für diesen Beruf ein Wunderwuzz­i sein“, wie es Claudia Daubner, Geschäftss­tellenleit­erin der FMA, auf den Punkt bringt.

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