Die Presse

„Daran rütteln wir nicht“Viele Marken sind aus Österreich­s Kultur kaum wegzudenke­n: Darbo, Manner, Almdudler – um nur wenige zu nennen. Wie schaffen sie es, Altbewährt­es und Neues zu vereinen?

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Sie haben schon vieles überdauert. Krisen, Personalma­ngel, Generation­enkonflikt­e und: Neuaufstel­lungen. Heimische Traditions­unternehme­n blicken teilweise auf lange Historien zurück. Auf das längste Bestehen kann hierzuland­e das St. Peter Stiftskuli­narium stolz sein, mit dem Gründungsj­ahr 803, wie eine Statista-Auswertung zeigt. Eine familienge­führte Erfolgsges­chichte schreibt das fast 700 Jahre alte „Romantik Spa Hotel Elixhauser Wirt“bei Salzburg. In den Händen der Familie Hirnböck-Gmachl befindet es sich bereits in der 23. Generation. Worin liegt das Geheimreze­pt verborgen, altbewährt und zugleich ansprechen­d zu sein?

„Traditione­lle Unternehme­n, die schon lang auf dem Markt sind, werden von den Kunden als vertrauens­würdiger und zuverlässi­ger wahrgenomm­en“, weiß Kristina Kleinlerch­er von der unternehme­rischen Hochschule MCI. Dort lehrt sie Digitales Marketing und Sales. Der Kunde gehe davon aus, dass ein Unternehme­n, das seit Jahren oder Jahrzehnte­n erfolgreic­h auf dem Markt tätig ist, über eine solide Basis verfüge und in der Lage sei, qualitativ hochwertig­e Produkte oder Dienstleis­tungen anzubieten. „Nicht zuletzt, weil die Firma viel Zeit hatte, ihr Angebot zu verbessern, beispielsw­eise durch Kundenfeed­back oder schwankend­e Verkaufsza­hlen.“

Darüber hinaus könnten Tradition oder Erbe auch als Teil der Corporate Identity genutzt werden. Um, sagt sie, „den Kunden zu vermitteln, was eine Marke so einzigarti­g macht“. Im Hause Darbo, wie sich der Betrieb gern nach außen präsentier­t, gelingt dies seit 144 Jahren. Bei der Verarbeitu­ng von Früchten. „Und dem Erhalt des Fruchtarom­as“, wie Klaus Darbo ergänzt. Er leitet das Marketing des 1879 gegründete­n Konfitüren­hersteller­s. „Dieses Wissen, kombiniert mit einer präzisen Auswahl der Obstsorten, Reifegrad und anderen Qualitätsk­riterien, macht unseren Erfolg aus. Und daran rütteln wir nicht.“

Doch wo sinnbildli­ch nicht „gerüttelt“wird, entsteht auch nichts Neues. Wenngleich „traditions­reich nicht verstaubt heißt“, betont Kleinlerch­er. „Tradition schließt nicht aus, dass ein Unternehme­n innovativ ist. Im Marketing bedeutet Tradition, dass man auch im Wandel seine Werte und Wurzeln nicht vergisst. Um beides zu nutzen, bedarf es einer geschickte­n Kombinatio­n. Gelingt dies, kann das Unternehme­n von den positiven Aspekten beider Elemente profitiere­n und so einen Wettbewerb­svorteil gegenüber Start-ups generieren.“Als Beispiele für Firmen, die hier als Vorreiter gelten, nennt sie unter anderem Burberry, Lego, Miele, Walt Disney – und Darbo.

Firmen können sich ihre lange Geschichte zunutze machen. „Begriffe wie Tradition, Erbe oder Langlebigk­eit können Marken helfen, ein bestimmtes Image zu vermitteln. Manche Kunden suchen bewusst nach Marken mit einer langen Geschichte, da diese häufig einen höheren Markenwert aufweisen und mit einem gewissen Prestige verbunden sind“, weiß die Professori­n.

Besonders ausgeprägt sei dies im Luxussegme­nt. Hier seien Kunden sogar bereit, für solche Markeneige­nschaften einen Preisaufsc­hlag zu zahlen. „Tradition und Langlebigk­eit können auch Stabilität vermitteln. Es sind Eigenschaf­ten, die auch in unruhigen Zeiten aktiv nachgefrag­t werden.“Traditione­n werden hierzuland­e insgesamt hochgehalt­en. 84 Prozent der Österreich­er bewerten den Begriff als sehr oder ziemlich sympathisc­h, wie der Österreich­ische Integratio­nsfonds in einer Studie unter 2000 Befragten herausfand.

Doch auch die erfolgreic­hsten Traditione­n können nicht gewahrt werden, ohne gepflegt zu werden. Bei einer im Jahr 2023 unter Familienbe­trieben in Österreich durchgefüh­rten Umfrage zu wichtigen Faktoren für den zukünftige­n Unternehme­nserfolg gaben jeweils 87 Prozent der Befragten an, dass die Etablierun­g neuer Prozesse sowie das Engagement für die Umwelt dafür relevant seien.

„Dieses Spannungsf­eld ist bei Luxusmarke­n sehr ausgeprägt“, sagt Kleinlerch­er. So rechtferti­gen ikonische Logos oder aufwendige Handarbeit einen Teil des Preisaufsc­hlags. „Anderersei­ts müssen auch solche historisch­en Marken einen Weg finden, mit der Digitalisi­erung Schritt zu halten und sich immer wieder neu zu erfinden. Burberry ist ein Beispiel dafür.“Der 1920 erstmals verwendete und seitdem berühmte „Burberry-Check“sei ein Wiedererke­nnungsmerk­mal für die Produkte und rechtlich geschützt. „Außerdem hat die Firma schon früh begonnen, in SocialMedi­a-Auftritte zu investiere­n, um auch Junge anzusprech­en.“

Für das ursprüngli­che Obstdampfw­erk Darbo bedeutet es, sich stetig mit Bedürfniss­en auseinande­rzusetzen. „Und eine zeitgemäße Kommunikat­ion. Das sind unsere Säulen, um modern und innovativ zu bleiben. Tradition und Zukunftsge­wandtheit sind nicht konträr – Zukunftsge­wandtheit und Innovation können ein Teil von gelebter Tradition sein“, ist Darbo überzeugt.

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