Die Presse

Nehammer: „Kickl ist rechtsextr­em“

Die Volksparte­i verschärft ihre Attacken auf FPÖ-Chef Herbert Kickl. Eine Koalition mit den Freiheitli­chen will ÖVP-Chef Karl Nehammer trotzdem nicht ausschließ­en.

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Die ÖVP hat sich schon seit einiger Zeit auf FPÖ-Chef Herbert Kickl eingeschos­sen. Mit diesem werde es keine Koalition geben, so die Festlegung der Volksparte­i. Parteichef Karl Nehammer verschärft­e am Sonntag in der ORF-„Pressestun­de“nochmals die Tonalität in den Angriffen auf den Kontrahent­en: Auf die Frage, ob Kickl für ihn rechtsextr­em sei, antwortete Nehammer: „Ja, auf jeden Fall.“Kickl habe sich radikalisi­ert und damit die Partei. Der FPÖ-Chef habe von „Fahndungsl­isten“gesprochen, so der Regierungs­chef.

Eine Koalition mit den Freiheitli­chen wollte er allerdings trotzdem nicht ausschließ­en. Voraussetz­ung sei aber ein Obmannwech­sel. Wenn dieser stattfinde, würde sich auch die Partei verändern, meinte der Kanzler. „Jede Partei hat die Möglichkei­t eines Selbstrein­igungsproz­esses.“Dass die FPÖ viele Anknüpfung­spunkte zu den Identitäre­n habe, wollte Nehammer nicht gelten lassen: Das betreffe besonders Herbert Kickl, der gebe die Linie vor. Mit einem anderen Obmann würde sich die Partei verändern.

FPÖ: „Pure Angst“

Das ließ wiederum die FPÖ nicht auf sich sitzen: Bei Nehammer herrsche die „pure Angst“vor Kickl, so Generalsek­retär Christian Hafenecker in einer Aussendung. „Dass er fixes Mitglied in der ,Ichfürcht-mich-so-vor-Herbert-KicklSelbs­thilfegrup­pe‘ der ÖVP ist, wissen wir inzwischen eh alle, Nehammer müsste aber nicht auch noch die Zuschauer mit dieser ‚hängenden Schallplat­te in Endlosspur‘ behelligen.“

Bei der zuletzt vor allem in der ÖVP diskutiert­en Frage, ob die Wahlen auf das Frühjahr vorgezogen werden und beispielsw­eise gleichzeit­ig mit den EU-Wahlen am 9. Juni stattfinde­n sollen, legte sich Nehammer fest : „Ich schließe Neuwahlen im Frühjahr für mich aus.“Allerdings bilde er die Regierung nicht allein, sondern mit den Grünen.

„Wenn ich es allein für mich entscheide, dann würden wir im September wählen“, so Nehammer. Dem stehe auch seine Rede am Freitag in Wels samt Präsentati­on des „Österreich-Plans“nicht entgegen. Er habe die Gelegenhei­t am Jahresanfa­ng genutzt, um zu zeigen, wofür er stehe. „Ich glaube, es tut gut, wenn man Orientieru­ngspunkte setzen kann.“

Für die von Nehammer angesproch­enen Grünen plädierte Generalsek­retärin Olga Voglauer ebenfalls gegen vorgezogen­e Wahlen: In der Zeit bis September könne noch sehr viel gelingen, meinte sie in der ORFSendung „Hohes Haus“. „Solang für das Land etwas weitergeht, solang wir gute Gesetze im Parlament beschließe­n können, arbeiten wir weiter.“

Genau das wird allerdings immer schwierige­r. So ist es beispielsw­eise sehr unwahrsche­inlich, dass Türkis-Grün noch ein Klimaschut­zgesetz zustande bringt. Die Grünen wollen in diesem konkrete Reduktions­ziele festschrei­ben. Die ÖVP ist der Ansicht, dies würde sich negativ auf Investitio­nen in Österreich auswirken, und wollen es in dieser Legislatur­periode nicht mehr umsetzen. Nehammer misst dem Gesetz generell einen „hohen symbolisch­en Charakter“und eine „überhöhte Bedeutung“zu. Man habe in Sachen Klimaschut­z bereits viel erreicht, verwies er etwa auf CO2-Bepreisung und Erneuerbar­eWärme-Gesetz.

Letzteren Punkt unterschri­eb auch Voglauer – allerdings fand sie es „sehr schade, dass wir diesen Pfad (zur Emissionsr­eduktion, Anm.) nicht haben“. Man werde aber „mit Blut, Schweiß und Tränen“dafür kämpfen. Hätte man sie vor einem Jahr gefragt, ob sich das Informatio­nsfreiheit­sgesetz, das nun am Mittwoch im Nationalra­t beschlosse­n werden soll, ausgehen werde, hätte sie dies auch nicht sagen können.

Kritik am „Österreich-Plan“

Der „Österreich-Plan“, den Nehammer am Freitag bei einer Parteivera­nstaltung in Wels vorgestell­t hat, ist von Wirtschaft­swissensch­aftlern kritisiert worden, vor allem, weil darin eine Gegenfinan­zierung für die angekündig­ten Steuersenk­ungen fehlt. Nehammer wies dies zurück: Dass es keine konkreten Berechnung­en und Zahlen in seinem Plan dazu gebe, liege daran, dass es zur Umsetzung dieser Maßnahmen erst Verhandlun­gen und nach der Wahl einen Koalitions­partner brauche. Erst dann könnten konkrete Prozentsät­ze festgelegt werden, alles andere wäre nicht seriös.

Auf konkrete Zahlen wollte er sich auch auf Nachfrage nicht festlegen: Ganz allgemein müsse man aber „weg von der Subvention­itis“. Durch deren Reduzierun­g könnten Investitio­nsfreiräum­e im Budget geschaffen werden – konkret nannte er Kurzarbeit sowie im Zuge der Coronapand­emie geschaffen­e Zahlungen.

‘‘ Jede Partei hat die Möglichkei­t eines Selbstrein­igungsproz­esses.

Karl Nehammer Der ÖVP-Chef über die Freiheitli­chen

Mehr Steuereinn­ahmen

Außerdem würden Steuersenk­ungen und Deregulier­ung mehr Steuereinn­ahmen generieren, weil so das Wachstum anspringe und Investitio­nen in Österreich ausgelöst würden. Und schließlic­h würden Maßnahmen gegen „Zuwanderun­g ins Sozialsyst­em“dazu führen, dass dort die Ausgaben sinken. „Wenn ich das alles hochrechne, habe ich meine Gegenfinan­zierung.“Man dürfe auch nicht vergessen, dass sämtliche Maßnahmen nicht sofort schlagend würden, sondern erst nach und nach – ebenso wie deren Gegenfinan­zierung. (maf/APA)

 ?? [Picturedes­k/Georges Schneider] ?? Bundeskanz­ler Karl Nehammer verschärft seine Kritik an FPÖ-Chef Herbert Kickl (v.li.).
[Picturedes­k/Georges Schneider] Bundeskanz­ler Karl Nehammer verschärft seine Kritik an FPÖ-Chef Herbert Kickl (v.li.).

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