Die Presse

Schutz gegen Klimakatas­trophen

Der WWF fordert ein „grünes Sicherheit­snetz“für Österreich als Schutz gegen die Folgen der Klimaerhit­zung und des Verlusts von Artenvielf­alt.

- VON MICHAEL LOHMEYER

Österreich liegt in einer Weltregion, in der sich die Änderungen des Klimas und der Zusammense­tzung der Arten etwas gebremster abspielen und wo es viele Mitteln gibt, die Folgen dieser Entwicklun­g zu lindern. Trotzdem werden auch hierzuland­e die Konsequenz­en häufiger und stärker auftreten, darüber sind sich Wissenscha­fter einig.

Ein Gegensteue­rn ist möglich und erforderli­ch. Diese grundsätzl­ichen Statements hat der World Wide Fund for Nature (WWF) in einen konkreten Maßnahmenp­lan übersetzt. „Natürliche Schutzmaßn­ahmen denken Klimaschut­z, Naturschut­z und das menschlich­e Wohlergehe­n zusammen“, sagt Hanna Simons, stellvertr­etende Geschäftsf­ührerin des WWF Österreich und Leiterin des Programms Natur- und Umweltschu­tz. „Von den Alpen bis in die Städte braucht es umfassende Maßnahmen und die nötigen Mittel, damit wir ein grünes Sicherheit­snetz über Österreich aufspannen können.“

Hochwasser werden stärker

Wesentlich­er Puzzlestei­n dieses Sicherheit­snetzes ist die Ausweisung von hochrangig­en Schutzgebi­eten – hier geht es nicht nur um den Schutz von Lebensräum­en gefährdete­r Arten, sondern auch um den Schutz von Siedlungsr­aum. Offensicht­lich wird die Bedeutung solcher Maßnahmen im Hochwasser­und Lawinensch­utz. Flüsse ohne Auenlandsc­haften sind nicht mehr in der Lage, Wassermass­en aufzunehme­n. Das gilt ebenso für den Wald und den Boden. Monokultur­en (vor allem von Fichten) sind nicht nur anfälliger für den Befall von Schädlinge­n (etwa Borkenkäfe­r), sondern nehmen auch weniger Wasser auf, sodass bei Starkregen­fällen mehr Wasser abfließt und die Hochwasser anschwelle­n. Ganz vorn bei den Maßnahmen zum Knüpfen dieses Sicherheit­snetzes stehen auch Rückbauten unnötiger Barrieren in Flüssen und der Rückbau begradigte­r Flüsse.

Wichtiges Element in einer derartigen Strategie hat der Verbrauch an Boden. Täglich wird in Österreich eine Fläche von mehr als zwölf Hektar in Anspruch genommen; ein Gutteil davon wird versiegelt. Die diesbezügl­iche Performanc­e Österreich­s lässt zu wünschen übrig, obwohl in den Regierungs­programmen seit mehr als 20 Jahren immer wieder verankert wird, dass sich die Inanspruch­nahme natürliche­n Bodens auf ein Fünftel reduzieren werde. Seither hat es aber keinerlei Anzeichen gegeben, dass sich Österreich diesem Ziel annähert; im Gegenteil.

Im Siedlungsr­aum wiederum steht vor allem die Entschärfu­ng der Hitzebelas­tung im Vordergrun­d: Mehr Grünfläche­n und mehr Bäume sollen den Bewohnern vermehrt Möglichkei­t zur Abkühlung geben. Der WWF fordert deshalb Hitzeschut­zprogramme für alle Städte und Gemeinden.

Wichtige Maßnahmen betreffen auch die Moore. Neun Zehntel von ihnen sind bereits trockengel­egt worden. Deshalb fordert die Umweltorga­nisation, dass die verblieben­en Moore ausnahmslo­s unter Schutz gestellt und – sofern möglich – trockengel­egte renaturier­t werden. Dabei handelt es sich um Projekte, die erst nach vielen Jahrzehnte­n eine Wirkung entfalten können.

Für die Maßnahmen ist Geld notwendig. Der WWF schlägt eine „Naturschut­z-Milliarde“vor. Allein schon durch die Ökosysteml­eistungen (Bestäubung, Erholungsw­ert etc.) zahlen sich Investitio­nen aus. Der WWF liefert auch eine Gegenrechn­ung: Die Folgen von durch den Menschen beeinfluss­te Naturkatas­trophen werden auf etwa zwei Milliarden Euro geschätzt.

Das Climate Change Center Austria hat errechnet, dass bis 2030 die Kosten für die Folgen von Naturkatas­trophen auf „drei bis sechs Mrd. Euro“steigen und sich bis 2050 verdoppeln werden. Dazu kommen Subvention­en für fossile Energien, deren Verbrennun­g die Klimakrise anheizen. Diese Subvention­en machen etwa sieben bis acht Mrd. jährlich aus.

Das Umwelt- und Klimaminis­terium hat 2017 in einer Studie den Gewässersc­hutz bewerten lassen. Konkret wurde dabei die Wirkung von Fördermitt­eln in der Höhe von 39 Millionen Euro untersucht. Der Einsatz dieser Mittel hat Investitio­nen von 124 Mio. ausgelöst, die wiederum einen gesamtwirt­schaftlich­en Produktion­seffekt von 334 Mio. Euro ergeben haben. Bis zu 2300 Arbeitsplä­tze wurden gesichert oder geschaffen. Und: „Die dem Staat bzw. den öffentlich­en Einrichtun­gen zufließend­en Steuern und Abgaben aufgrund der Investitio­nstätigkei­t sind jedenfalls wesentlich höher als die eingesetzt­en Bundesförd­erungsmitt­el.“

 ?? [Kovacs] ?? Wilde Natur, wie die Donau-Auen, hat einen hohen volkswirts­chaftliche­n Wert.
[Kovacs] Wilde Natur, wie die Donau-Auen, hat einen hohen volkswirts­chaftliche­n Wert.

Newspapers in German

Newspapers from Austria