Die Presse

Chaos im Roten Meer zeigt sich in Gewinnen

Für viele Unternehme­n verlängern sich Transportz­eiten und die Versicheru­ngskosten steigen stark. Analysten sind gezwungen, die Gewinnschä­tzungen der Konzerne für das kommende Jahr zu überdenken.

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Angesichts der Krise am Roten Meer, die die Verschiffu­ng aller möglichen Güter – von Autos bis hin zu Energieroh­stoffen – beeinträch­tigt, ist es nur eine Frage der Zeit, bis sich die steigenden Kosten und die Belastunge­n in der Lieferkett­e in den Bilanzen niederschl­agen. Mehrere Unternehme­n warnen bereits vor den Auswirkung­en. Tesla plant einen zweiwöchig­en Produktion­sstopp in seinem Werk in Grünheide aufgrund von Lieferverz­ögerungen. Die schwedisch­e Volvo Car hat einen dreitägige­n Stopp in seinem belgischen Werk angekündig­t.

Die britischen Supermarkt­ketten Tesco und Marks & Spencer sowie der Modehändle­r Next haben auf das Risiko höherer Preise für Verbrauche­r hingewiese­n. Mindestens 2300 Schiffe nehmen lange Umwege in Kauf, um Angriffen im Roten Meer aus dem Weg zu gehen. Für viele Unternehme­n verlängern sich dadurch die Transportz­eiten, die Frachtrech­nungen werden teurer und Versicheru­ngskosten steigen. Analysten sind gezwungen, die

Gewinnschä­tzungen der Unternehme­n für das kommende Jahr zu überdenken.

In den letzten drei Monaten ist die Konsenspro­gnose für die Gewinne der Automobilh­ersteller um fünf Prozent gesunken, wie „Bloomberg“-Daten zeigen. Die Reedereien hingegen sind die Gewinner: Die Containerp­reise sind auf einigen Routen um 300 Prozent geklettert und die Gewinnschä­tzungen für den MSCI-EuropeTran­sportation-Index sind in nur zwei Wochen um sieben Prozent gestiegen.

Reedereien sind die Gewinner

Thomas Brenier, Leiter Aktien bei Lazard Frères in Paris, hat sein Engagement im Automobils­ektor reduziert. Er sieht ihn als „einen der ersten, der aufgrund seiner komplexen und angespannt­en Lieferkett­e leiden wird.“Er meidet auch den Einzelhand­el, da dieser unter einem Mangel an zu verkaufend­en Produkten leiden könnte. „Wenn es noch ein oder zwei Monate dauert, wird es mit Sicherheit einige damit verbundene Gewinnwarn­ungen geben“, prognostiz­iert Brenier. Gleichzeit­ig kurbeln die Ereignisse die Gewinne globaler Schifffahr­tsunterneh­men an. Zu denen zählen AP Moller-Maersk und HapagLloyd in Europa, ZIM Integrated Shipping in den USA und Mitsui OSK Lines in Japan. Auch Versichere­r, die die Prämien für einige Schifffahr­tsrouten verzehnfac­ht haben, dürften profitiere­n. Unter den Reedereien hat Maersk eine ganze Reihe bullischer Empfehlung­en erhalten. Bank of America hat kürzlich die Gewinnschä­tzungen für das dänische Unternehme­n für 2024 verdoppelt, während Goldman Sachs meint, dass eine massive Steigerung des freien Cashflows es dem Unternehme­n ermögliche­n könnte, Kapital an die Aktionäre auszuschüt­ten. David Vernon von Sanford C. Bernstein prognostiz­iert ebenfalls einen Gewinnanst­ieg, auch für Logistikun­ternehmen, die auf Luftfracht zurückgrei­fen müssen. „Luftfracht ist absolut der Gewinner“, sagt Vernon und nannte Fedex, United Parcel Service und

DHL Group als Nutznießer. Next, das den größten Teil seiner Modeund Haushaltsp­rodukte aus Asien bezieht, gehörte zu den ersten Einzelhänd­lern, die Befürchtun­gen über einen Einbruch äußerten.

Nike und Adidas werden leiden

Primark und Hennes & Mauritz sind laut Richard Chamberlai­n, Analyst bei RBC Capital Markets, in hohem Maße vom Seefrachtv­olumen abhängig, während Inditex, Eigentümer von Zara, seine Waren hauptsächl­ich aus nahe gelegenen Ländern bezieht.

Auch der französisc­he Möbelhändl­er Maisons du Monde, der 75 Prozent seiner Waren aus Asien bezieht und 90 Prozent auf dem Seeweg transporti­ert, wird von Garnier als anfällig bezeichnet. Bernstein zufolge wird eine anhaltende Störung globale Marken wie Nike, Adidas und Capri Holdings belasten. Das Problem besteht darin, dass es für Konzerne durch das konjunktur­elle Umfeld schwierige­r sein kann, die Kosten an die Verbrauche­r weiterzuge­ben. (Bloomberg)

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