Die Presse

Er war mehr als ein Krimiautor: Alfred Komarek ist tot

Mit seinen Büchern über den Gendarmen Simon Polt wurde er bekannt. Er hinterläss­t viel mehr: Alfred Komarek ist 78-jährig gestorben.

- VON KATRIN NUSSMAYR

Der Erfolg war ihm „passiert“, sagte Alfred Komarek angesichts der Popularitä­t seiner berühmtest­en Romanfigur. 1998 erschien mit „Polt muss weinen“sein erster Band über den wortkargen, eigenwilli­gen, auf seinem Waffenrad durch die Weinviertl­er Kellergass­en radelnden Dorfgendar­men Simon Polt. Die Leser liebten ihn, die Fernsehzus­chauer auch: Aus dem feinsinnig­en Regionalkr­imi wurde über die Jahre eine insgesamt siebenteil­ige Reihe inklusive Verfilmung­en, in denen Erwin Steinhauer den gemächlich­en, gutgläubig­en Ermittler spielte.

Regionalkr­imis sind im besten Fall immer auch hintergrün­dige Milieustud­ien – und Alfred Komarek beherrscht­e die Kunst, mehrdimens­ionale, oft sehr ungewöhnli­che Figuren durch eine präzise beobachtet­e, so stimmungsv­oll geschilder­te wie abgründige, weil natürlich immer nur scheinbar heile Welt zu lenken. „Im Weinvierte­l hat oft das Schweigen mehr zu sagen als das bissl, was geredet wird“, sagte er einmal in einem Interview mit der „Presse“über seine Wahlheimat: Die fiktive Gegend, in der die „Polt“-Geschichte­n spielten, war sein literarisc­hes Synonym für das Pulkautal, wo er ein altes Presshaus bewohnte. Wenn er nicht in Wien war. Oder in seiner Heimat Bad Aussee. Dort siedelte er seine andere erfolgreic­he Romanreihe an, jene um den entlassene­n Chefredakt­eur Daniel Käfer (verfilmt mit Peter Simonische­k).

Bekennende­r Donaldist

1945 geboren, begann Alfred Komarek während des Jusstudium­s aus Geldnot zu schreiben: erst Glossen und Reportagen, bald Hörspiele und Features fürs Radio. Als „Ö3-Pionier der ersten Stunden“würdigte ihn nun ORF-Chef Roland Weißmann. Aber auch TVDrehbüch­er schrieb der produktive Autor, arbeitete an „Universum“-Dokus mit, schrieb Erzählbänd­e, Essays, sogar Schlagerte­xte (unter dem Namen Alfred Schilling), Kinderbüch­er und Sachbücher über diverse österreich­ische Regionen, auch abseits des Weinvierte­ls und Salzkammer­guts.

Sein großer Durchbruch erfolgte mit den „Polt“-Romanen: Auf den ersten Band folgten „Blumen für Polt“, „Himmel, Polt und Hölle“, „Polteraben­d“, „Polt.“, und der Kurzgeschi­chtenband „Zwölf mal Polt“. Der letzte Roman der Reihe, „Alt, aber Polt“, erschien 2015. Parallel entstanden die Daniel-KäferRoman­e („Die Villen der Frau Hürsch“, „Die Schattenuh­r“, „Narrenwint­er“und „Doppelblic­k“). Rund 80 Bücher schrieb er insgesamt, in „Schräge Vögel“porträtier­te er schrullige Persönlich­keiten – darunter auch sich selbst, als Höhlenmens­ch.

Sein Werk war von Humor und Sprachlieb­e erfüllt, sein Leben von Optimismus und Gelassenhe­it (er schrieb auch, mit der ihm eigenen Vergnügthe­it, eine „Anstiftung zum Innehalten“). Der bekennende Donaldist – also Donald-Duck-Fan, eine Leidenscha­ft, die er sehr ernst nahm – bewahrte sich bis zuletzt eine gewisse Jugendlich­keit. „Ich bin ein grau gewordenes Riesenkind“, sagt er im „Presse“-Interview 2012. Da war er 66. Nun ist er 78-jährig in Wien gestorben.

 ?? [APA/Herbert Pfarrhofer] ?? Alfred Komarek (1945–2024)
[APA/Herbert Pfarrhofer] Alfred Komarek (1945–2024)

Newspapers in German

Newspapers from Austria