Serien-Geheimtipp „Killer Soup“: Gattenmord à la Bollywood
Eine kaputte Ehe, ein einfältiger Liebhaber und viel schwarzer Humor – das sind die Ingredienzen der Serie „Killer Soup“, die die indische Gesellschaft liebevoll einkocht. Und dabei auch auch eine Parodie westlicher Krimivorbilder in den Topf wirft. Köstl
Eine Headline soll die Serienschöpfer zu „Killer Soup“inspiriert haben. Das allein regt schon die Fantasie an. Wobei: Im Fall der indischen Hausfrau Swathi (Konkona Sen Sharma) lässt sich schwer sagen, ob das Mörderische an ihrer Suppe nur deren Geschmack oder doch lebensunverträgliche Ingredienzen sind, mit denen sie ihren gewaltbereiten und korrupten Ehemann zur Strecke bringen möchte. Doch der benutzt sein Sodbrennen als Ausrede und schüttet – nach einem betont herzhaften Rülpser – Swathis ungenießbare Suppe heimlich in den Abfluss. Schlimm für sie, denn eigentlich wünscht sie sich nichts sehnlicher als ihr eigenes Leben. Und ein eigenes Restaurant.
Swathi dabei zuzusehen, wie sie mit ihren schönen Händen die Knochen für die Suppe mariniert und ein Päckchen mit Gewürzen füllt, das sie dann mitkochen wird, ist ein sinnliches Erlebnis. In den ersten Minuten könnte es sich auch um eine der derzeit so beliebten Kochserien handeln. Während sie in der Küche werkt, wählt ihr Mann Prabhakar, genannt Babe, mit seinen beringten Händen aus den vielen gemusterten Hemden im
Schrank ein farbenfrohes Outfit aus – allein das Zuschauen ist ein Fest –, bevor er seine Frau mit Grant überschütten und daran erinnern wird, dass ihr Platz in der Küche ist.
Wer hat hier das Sagen? Niemand!
Vieles, was Indien auszumachen scheint, kommt einem hier unter: das Bunte und verdreckte Hinterhöfe, das Blumige und die Brutalität, Herabwürdigung von Frauen, machistische (Macht-)Spiele und familiäre Fürsorge. Doch dann ist da wieder dieser schwarze Humor, der alles (das Schöne wie das Hässliche) relativiert und auf die leichte Schulter nimmt. Wobei nicht nur die indische Gesellschaft, sondern auch westliche Krimivorbilder aufs Korn genommen werden: „Wer hat hier das Sagen?“, schnauzt Inspektor Hassan, als er im Columbo-Mantel zu einem Tatort kommt, an dem es vor Menschen wuselt, eine Polizistin an. „So wie es aussieht, niemand“, antwortet sie. Sonst ist der Pathologe doch immer schon da.
Nur der übereifrige Gehilfe Thupalli, vom Kommissar als „die Cashewnuss“geschmäht, will dann auch tatsächlich ermitteln. Vor lauter Schreck lässt Hassan sein Softeis fallen, als Thupalli unerwartet vor ihm auftaucht.
Unwirsch ruft er ihn zur Räson: „Die Toten sind auch morgen noch tot“, findet der Inspektor. Denn es ist spät und er muss heim. Sonst kracht’s. Dauerarbeitende Kommissare mit kaputten oder gar keinen Beziehungen gibt’s im indischen Setting offenbar nicht.
Es sind viele kleine Momente und Szenen, über die man schmunzeln kann, während sich der Plot mit jeder überraschenden
Wendung weiter in Richtung Krimi-Groteske zuspitzt. Es geht um krumme Geschäfte, unglückliche Zufälle und eine verflixte Liebe. Es ist wie Bollywood, nur weniger romantisch. Und mit weniger Hüftschwung. Und trotzdem könnte „Killer Soup“durchaus ein Exportschlager werden. Vielleicht gerade, weil die Serie weniger outriert ist und die Klischees über dieses Land und sein Lebensgefühl mit einem Augenzwinkern serviert.
Ein Singsang wie Zuckerguss
Swathis Liebhaber Umesh (Manoj Bajpayee gibt ihn und den Ehemann in einer Doppelrolle) ist weder schön noch reich. Der einfältige Lover lebt auf Pump und von der Hoffnung. Auf Glück im Spiel. Und in der Liebe. Von Anfang an fragt man sich, wie dieser schrullige Tollpatsch auf die Idee kommt, Swathi könnte mit ihm durchbrennen.
Die Inder feiern ihre Netflix-Serie in sozialen Medien als „cineastisches Fest“. Stimmt: Cast, Regie, Plot, Kamera – alles gut gelungen. Aus hiesiger Sicht charmant ist an „Killer Soup“, dass die Serie bei uns nur mit Untertiteln zu sehen ist. Der weiche hindienglische Singsang ist wie der Zuckerguss obendrauf: einfach köstlich.