Die Presse

Serien-Geheimtipp „Killer Soup“: Gattenmord à la Bollywood

Eine kaputte Ehe, ein einfältige­r Liebhaber und viel schwarzer Humor – das sind die Ingredienz­en der Serie „Killer Soup“, die die indische Gesellscha­ft liebevoll einkocht. Und dabei auch auch eine Parodie westlicher Krimivorbi­lder in den Topf wirft. Köstl

- VON ISABELLA WALLNÖFER

Eine Headline soll die Serienschö­pfer zu „Killer Soup“inspiriert haben. Das allein regt schon die Fantasie an. Wobei: Im Fall der indischen Hausfrau Swathi (Konkona Sen Sharma) lässt sich schwer sagen, ob das Mörderisch­e an ihrer Suppe nur deren Geschmack oder doch lebensunve­rträgliche Ingredienz­en sind, mit denen sie ihren gewaltbere­iten und korrupten Ehemann zur Strecke bringen möchte. Doch der benutzt sein Sodbrennen als Ausrede und schüttet – nach einem betont herzhaften Rülpser – Swathis ungenießba­re Suppe heimlich in den Abfluss. Schlimm für sie, denn eigentlich wünscht sie sich nichts sehnlicher als ihr eigenes Leben. Und ein eigenes Restaurant.

Swathi dabei zuzusehen, wie sie mit ihren schönen Händen die Knochen für die Suppe mariniert und ein Päckchen mit Gewürzen füllt, das sie dann mitkochen wird, ist ein sinnliches Erlebnis. In den ersten Minuten könnte es sich auch um eine der derzeit so beliebten Kochserien handeln. Während sie in der Küche werkt, wählt ihr Mann Prabhakar, genannt Babe, mit seinen beringten Händen aus den vielen gemusterte­n Hemden im

Schrank ein farbenfroh­es Outfit aus – allein das Zuschauen ist ein Fest –, bevor er seine Frau mit Grant überschütt­en und daran erinnern wird, dass ihr Platz in der Küche ist.

Wer hat hier das Sagen? Niemand!

Vieles, was Indien auszumache­n scheint, kommt einem hier unter: das Bunte und verdreckte Hinterhöfe, das Blumige und die Brutalität, Herabwürdi­gung von Frauen, machistisc­he (Macht-)Spiele und familiäre Fürsorge. Doch dann ist da wieder dieser schwarze Humor, der alles (das Schöne wie das Hässliche) relativier­t und auf die leichte Schulter nimmt. Wobei nicht nur die indische Gesellscha­ft, sondern auch westliche Krimivorbi­lder aufs Korn genommen werden: „Wer hat hier das Sagen?“, schnauzt Inspektor Hassan, als er im Columbo-Mantel zu einem Tatort kommt, an dem es vor Menschen wuselt, eine Polizistin an. „So wie es aussieht, niemand“, antwortet sie. Sonst ist der Pathologe doch immer schon da.

Nur der übereifrig­e Gehilfe Thupalli, vom Kommissar als „die Cashewnuss“geschmäht, will dann auch tatsächlic­h ermitteln. Vor lauter Schreck lässt Hassan sein Softeis fallen, als Thupalli unerwartet vor ihm auftaucht.

Unwirsch ruft er ihn zur Räson: „Die Toten sind auch morgen noch tot“, findet der Inspektor. Denn es ist spät und er muss heim. Sonst kracht’s. Dauerarbei­tende Kommissare mit kaputten oder gar keinen Beziehunge­n gibt’s im indischen Setting offenbar nicht.

Es sind viele kleine Momente und Szenen, über die man schmunzeln kann, während sich der Plot mit jeder überrasche­nden

Wendung weiter in Richtung Krimi-Groteske zuspitzt. Es geht um krumme Geschäfte, unglücklic­he Zufälle und eine verflixte Liebe. Es ist wie Bollywood, nur weniger romantisch. Und mit weniger Hüftschwun­g. Und trotzdem könnte „Killer Soup“durchaus ein Exportschl­ager werden. Vielleicht gerade, weil die Serie weniger outriert ist und die Klischees über dieses Land und sein Lebensgefü­hl mit einem Augenzwink­ern serviert.

Ein Singsang wie Zuckerguss

Swathis Liebhaber Umesh (Manoj Bajpayee gibt ihn und den Ehemann in einer Doppelroll­e) ist weder schön noch reich. Der einfältige Lover lebt auf Pump und von der Hoffnung. Auf Glück im Spiel. Und in der Liebe. Von Anfang an fragt man sich, wie dieser schrullige Tollpatsch auf die Idee kommt, Swathi könnte mit ihm durchbrenn­en.

Die Inder feiern ihre Netflix-Serie in sozialen Medien als „cineastisc­hes Fest“. Stimmt: Cast, Regie, Plot, Kamera – alles gut gelungen. Aus hiesiger Sicht charmant ist an „Killer Soup“, dass die Serie bei uns nur mit Untertitel­n zu sehen ist. Der weiche hindiengli­sche Singsang ist wie der Zuckerguss obendrauf: einfach köstlich.

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[Netflix/Anu Pattnaik] Ja was kocht sie denn da? Bei Swathi (Konkona Sen Sharma) muss man vorsichtig sein.

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