Die Posse ums deutsche Klimageld
Eigentlich sollte das Klimageld dafür sorgen, die steigenden CO2-Preise abzufedern. Aber die deutschen Behörden mühen sich, einen Mechanismus für die Auszahlung zu finden.
Der Vorschlag, um das Klima zu schonen, geht grob vereinfacht so: Wer Treibhausgas ausstößt, soll dafür einen Preis zahlen, den CO2Preis. Damit jene mit weniger Geld von den neuen Kosten aber nicht überfordert werden, zahlt der Staat einen Ausgleich, das Klimageld. In der Theorie hieße das: Wer ohnehin wenig Treibhausgase produziert, kann unter dem Strich damit rechnen, dass mit dem Klimageld ein Plus übrig bleibt. Wer einen Lebensstil führt, der viel Treibhausgas erzeugt, muss dafür bezahlen.
Es ist ein Prinzip, das auch in Österreich oder der Schweiz beschlossen wurde. In Deutschland wurde diese Idee bisher so umgesetzt : Zu Jahresbeginn stieg der CO2-Preis auf 45 Euro pro Tonne. Nur die Ausgleichszahlung hat noch keiner bekommen. Das wird auch noch eine Zeit so bleiben – obwohl die Regierung aus SPD, Grünen und FDP sich vor mehr als zwei Jahren in ihrem Koalitionsvertrag auf das Klimageld geeinigt hatte.
Zwar schicken deutsche Behörden ständig Geld an verschiedene Teile der Bevölkerung: mal für Kinder,
mal für die Wohnung, die Rente oder eine Überlebenshilfe. Nur allen auf einmal hat der deutsche Staat noch nie etwas überwiesen. Er weiß gar nicht, wie eine Subvention ausbezahlt werden soll, die an alle Bewohner des Landes geht.
Bankkonten gesucht
Seit mehr als zwei Jahren wird im Finanzministerium von Christian Lindner (FDP) an einer Lösung gearbeitet. Die Herangehensweise: Die Behörde hat eine Datenbank erstellt, in der für jeden Bewohner, der einmal Klimageld erhalten soll, die Nummer eines Bankkontos hinterlegt wird. Damit sichergestellt ist, dass niemand doppelt Geld bekommt, soll jedes Konto mit einer deutschen Steueridentifikationsnummer verknüpft werden. Diese Kennzahl erhält jeder, der in Deutschland gemeldet ist. Selbst Säuglinge bekommen sie kurz nach der Geburt zugewiesen.
In einem ersten Schritt haben die deutschen Familienkassen alle Kontonummern übermittelt, an die Kindergeld ausgezahlt wird. Wer über 18 Jahre als ist, muss sein Bankkonto selber hinterlegen. Wer seine Daten nicht hergeben will, bekommt kein Geld. Für Menschen ohne Bankkonto soll es laut Finanzministerium eine Ausnahmeregelung geben. Wobei noch nicht klar ist, wie diese aussieht. Auch viele andere Details sind noch nicht klar: Welche Behörde übernimmt am Ende die Auszahlung für alle 16 Bundesländer? Wer kümmert sich, wenn etwas nicht klappt? Wie viele Mitarbeiter muss ein Call Center haben, wenn es Probleme gibt?
Finanzminister Lindner ließ kurz nach Jahreswechsel verkünden: Bis zur Wahl im Herbst 2025 wird das nichts mit dem Klimageld. Nun die überraschende Kurswende: Sein Ministerium wäre doch schon am 1. Jänner 2025 bereit.
Zumindest einmal technisch. Politisch ist die Sache – wie so oft bei der deutschen Regierung – verfahren. Aus der SPD heißt es nun, es sei unfair, das Klimageld auch an Millionäre auszuzahlen. Wirtschaftsminister Robert Habeck sagte, es gebe schon eine Form der Ausgleichzahlung: Schließlich habe die Regierung den Beitrag für erneuerbare Energien abgeschafft.
10,9 Milliarden Euro erwartet
Für den Grünen ist es nicht unbedingt ein Nachteil, sollte sich die Auszahlung des Klimageldes verzögern. Er könnte dann die Einnahmen aus dem CO2-Preis nutzen, um Fabriken und Projekte zu finanzieren, die er in den vergangenen zwei Jahren versprochen hatte – und die vom neuen Sparzwang der Regierung bedroht sind.
10, 9 Milliarden Euro soll der CO2-Preis in diesem Jahr einbringen. Würden diese Einnahmen als Klimageld wieder ausgeschüttet, könnte jeder in Deutschland gemeldete Mensch um die 130 Euro erwarten. Dabei bestehen Zweifel, ob diese Summe für viele den Aufwand wert ist: In einer am Montag veröffentlichten Umfrage des Münchner Wirtschaftsinstitutes Ifo sprechen sich die meisten Befragten gegen ein Klimageld aus – egal ob pauschal oder nach Einkommen gestaffelt. Am öftesten stimmten sie laut Ifo für die Idee, die Einnahmen aus dem CO2-Preis in klimafreundliche Maßnahmen zu investieren.