Der Bauernbund hat mehr Mitglieder als die SPÖ
Der landwirtschaftliche Sektor wird immer kleiner, die ÖVP hat dort aber immer noch ein Monopol. Das können die Bauern für ein effizientes Lobbying nutzen – und setzen ihre Interessen ohne großes Getöse durch.
Die Schweinebauern wehren sich gegen den Vorstoß des zuständigen Ministers Johannes Rauch von den Grünen für ein rasches Ende der Spaltenböden. Und sie wissen: Sie können sich bei ihren Anliegen auf eine starke Lobby verlassen. In der Landwirtschaft sind zwar nur noch 3,5 Prozent der Erwerbstätigen oder 155.000 Personen beschäftigt, politisch hat der Sektor aber ein weit überproportionales Gewicht.
Das hat zum einen den natürlichen Grund, dass die Nahrungsmittelproduktion für die Bevölkerung besonders relevant ist und den Anliegen der Bauern schon von daher höheres Gewicht beigemessen wird. Der andere Grund ist die starke Verankerung der Bauern in der ÖVP. Von den drei traditionellen Bünden, Wirtschaft, Arbeitnehmer, Bauern, sind Letztere die einzigen, die immer noch de facto ein Monopol haben. Und zwar ein recht beeindruckendes: Bei den Landwirtschaftskammerwahlen erreicht der Bauernbund in den Bundesländern zwischen 65 und 85 Prozent. Einzige Ausnahme ist Kärnten mit 46 Prozent. Die freiheitlichen Bauern dagegen spielen praktisch keine Rolle.
An die Spitze der Partei kommen die Bauernbündler eher selten – die letzten Obmänner waren Josef Pröll und Josef Riegler –, auf der zweiten Führungsebene sind sie aber eine Macht: 19 Bauernbündler sitzen im Nationalrat, zwei in der Regierung (Norbert Totschnig und Klaudia Tanner), und natürlich ist der Bauernbund auch in allen Landesregierungen mit ÖVP-Beteiligung vertreten.
236.000 Mitglieder
Diese Stärke hängt auch mit dem beeindruckenden Organisationsgrad zusammen: Der Bauernbund hat laut eigenen Angaben 236.000 Mitglieder – deutlich mehr also, als es Erwerbstätige in der Landwirtschaft gibt. Und mehr als beispielsweise die gesamte SPÖ. Und auch für Nachwuchs ist gesorgt: Die mit dem Bauernbund eng verwobene Landjugend hat auch 90.000 Mitglieder.
Diese Stärke kann der Bauernbund in ein effizientes Lobbying umsetzen. Eine Vielzahl von Förderungen und für die Landwirtschaft günstigen gesetzlichen Bestimmungen ist in den vergangenen Jahrzehnten umgesetzt und selten angetastet worden – und das ohne großes Getöse.. Zuletzt wurde im Dezember ein „Impulsprogramm“für die Landwirte in einem Umfang von 360 Millionen Euro vorgestellt. Große Bauernproteste, wie es sie zuletzt in Deutschland gab, hält daher kaum jemand in der Branche für notwendig – zumindest so lange nicht, wie die ÖVP in der Regierung sitzt.