Koalition braucht mehr als Schwein zum Sein
Neben dem Thema Vollspaltenböden will sich Türkis-Grün auch noch bezüglich einer neuen Sicherheitsstrategie, bei Regeln fürs Klima und in der Justiz einigen. Die Erfolgsaussichten sind unterschiedlich.
Wien. Ob die Legislaturperiode nun schon im Frühjahr oder erst im September endet, ist weiter unklar. Wenn es um die Zahl jener Punkte geht, in denen sich die Regierung noch einig werden möchte, klingt freilich schon der Herbst ambitioniert. Ein Überblick.
Türkis-Grün beschloss im Jahr 2022, dass die für die Tiere qualvolle Haltung in unstrukturierten Vollspaltenbuchten ab 2040 verboten wird. Diese Übergangsfrist sei zu lang, entschied der Verfassungsgerichtshof (VfGH). Nun legte der für Tierschutz zuständige Minister Johannes Rauch (Grüne) einen Plan vor, laut dem die Vollspaltenbodenhaltung bereits 2030 enden soll.
Doch diese Rechnung hat er ohne die (Land-)Wirte gemacht. Die Betriebe hätten dann „zu wenig Zeit zum Umstellen“, erklärte Georg Strasser, Präsident des ÖVP-Bauernbunds, am Montag im ORF-Radio. Laut ihm hätte dies auf dem Markt Folgen: „Österreichische Schweine würden durch Schweine aus der EU oder aus Brasilien ersetzt werden.“Und das könne, so Strasser, nicht das Ziel von Rauch sein. In der Regierung ist der Bauernbund durch Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig vertreten.
Oberster Staatsanwalt
Die Debatte um die Weisungsspitze ist zuletzt dadurch neu entfacht worden, dass das Justizministerium eine Weisung an die Staatsanwaltschaft gegeben hat, die Nichtverhängung der U-Haft gegen eine Klimakleberin zu akzeptieren. Alma Zadić (Grüne) steht als Justizministerin an der Weisungsspitze, wenngleich weder sie noch Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) das länger will. Doch während Edtstadler künftig eine einzige, vom Parlament gewählte Person (Bundesstaatsanwalt) an der Weisungsspitze sehen möchte, will Zadić, dass ein von der Justiz selbst bestelltes Dreiergremium als Generalsstaatsanwaltschaft entscheidet. Die Chancen auf eine Einigung sind enden wollend.
Sicherheitsstrategie
Laut der in Österreich geltenden Sicherheitsstrategie ist Russland ein „wesentlicher Partner“. Und China wird gar nicht erwähnt. Das Dokument stammt noch aus dem Jahr 2013.
Türkis-Grün will eine neue Sicherheitsstrategie. Bereits im April 2023 kündigte man eine Überarbeitung an. Doch beim Thema Energiesicherheit sind sich das Kanzleramt von Karl Nehammer (ÖVP) und das von der Grünen Leonore Gewessler geführte Energieministerium nach wie vor nicht einig. Es geht dabei insbesondere um den Umgang mit russischem Gas, erneuerbaren Energien und der Diversifizierung der Energieversorgung. Da man sich in den anderen Punkten des Papiers aber einig ist, könnte sich hier ein Beschluss noch vor der Neuwahl ausgehen.
Beschuldigtenrechte
Die Koalition hat sich im Vorjahr darauf geeinigt, dass man bei Freispruch oder Verfahrenseinstellung einen deutlich höheren Kostenersatz als bisher bekommen soll, wenngleich weiterhin nicht der volle garantiert wird. 70 statt wie bisher 2,4 Millionen Euro sind für zu Unrecht Beschuldigte heuer budgetiert. Die genaue Regelung zur Frage, wer wann wie viel erhalten soll, ist noch ausständig. Sie soll im ersten Quartal kommen und sollte für die Koalition zu schaffen sein. Interessant wird die Frage, ob ExKanzler Sebastian Kurz (ÖVP) im Fall eines Freispruchs einer der ersten Profiteure der neuen Regelung sein wird.
Offen ist auch das Thema Handy-Sicherstellung. Laut einem VfGH-Erkenntnis bedarf es dabei einer Neuregelung, nach der die Abnahme nur noch nach richterlicher Genehmigung und auch nur bei Verdacht auf schwerere Straftaten erfolgen darf. Die Detailregelung könnte dabei noch für Diskussionen sorgen, doch eine Lösung in dieser Regierung scheint möglich. Sie muss laut dem VfGH jedenfalls heuer erfolgen.
Von Klima bis Ehe
Von grüner Seite gibt man sich optimistisch, dass heuer noch ein Klimaschutzgesetz kommt. Es soll festlegen, wie Österreich bis 2040 klimaneutral wird, und Zwischenziele bis 2030 vorgeben. Doch die Details sind schon lang strittig. Nicht einmal strittig ist die im Koalitionspakt erwähnte Eherechtsreform: Denn das Thema wurde bisher noch gar nicht angegangen.