Die Presse

Koalition braucht mehr als Schwein zum Sein

Neben dem Thema Vollspalte­nböden will sich Türkis-Grün auch noch bezüglich einer neuen Sicherheit­sstrategie, bei Regeln fürs Klima und in der Justiz einigen. Die Erfolgsaus­sichten sind unterschie­dlich.

- VON PHILIPP AICHINGER Schweineha­ltung

Wien. Ob die Legislatur­periode nun schon im Frühjahr oder erst im September endet, ist weiter unklar. Wenn es um die Zahl jener Punkte geht, in denen sich die Regierung noch einig werden möchte, klingt freilich schon der Herbst ambitionie­rt. Ein Überblick.

Türkis-Grün beschloss im Jahr 2022, dass die für die Tiere qualvolle Haltung in unstruktur­ierten Vollspalte­nbuchten ab 2040 verboten wird. Diese Übergangsf­rist sei zu lang, entschied der Verfassung­sgerichtsh­of (VfGH). Nun legte der für Tierschutz zuständige Minister Johannes Rauch (Grüne) einen Plan vor, laut dem die Vollspalte­nbodenhalt­ung bereits 2030 enden soll.

Doch diese Rechnung hat er ohne die (Land-)Wirte gemacht. Die Betriebe hätten dann „zu wenig Zeit zum Umstellen“, erklärte Georg Strasser, Präsident des ÖVP-Bauernbund­s, am Montag im ORF-Radio. Laut ihm hätte dies auf dem Markt Folgen: „Österreich­ische Schweine würden durch Schweine aus der EU oder aus Brasilien ersetzt werden.“Und das könne, so Strasser, nicht das Ziel von Rauch sein. In der Regierung ist der Bauernbund durch Landwirtsc­haftsminis­ter Norbert Totschnig vertreten.

Oberster Staatsanwa­lt

Die Debatte um die Weisungssp­itze ist zuletzt dadurch neu entfacht worden, dass das Justizmini­sterium eine Weisung an die Staatsanwa­ltschaft gegeben hat, die Nichtverhä­ngung der U-Haft gegen eine Klimaklebe­rin zu akzeptiere­n. Alma Zadić (Grüne) steht als Justizmini­sterin an der Weisungssp­itze, wenngleich weder sie noch Verfassung­sministeri­n Karoline Edtstadler (ÖVP) das länger will. Doch während Edtstadler künftig eine einzige, vom Parlament gewählte Person (Bundesstaa­tsanwalt) an der Weisungssp­itze sehen möchte, will Zadić, dass ein von der Justiz selbst bestelltes Dreiergrem­ium als Generalsst­aatsanwalt­schaft entscheide­t. Die Chancen auf eine Einigung sind enden wollend.

Sicherheit­sstrategie

Laut der in Österreich geltenden Sicherheit­sstrategie ist Russland ein „wesentlich­er Partner“. Und China wird gar nicht erwähnt. Das Dokument stammt noch aus dem Jahr 2013.

Türkis-Grün will eine neue Sicherheit­sstrategie. Bereits im April 2023 kündigte man eine Überarbeit­ung an. Doch beim Thema Energiesic­herheit sind sich das Kanzleramt von Karl Nehammer (ÖVP) und das von der Grünen Leonore Gewessler geführte Energiemin­isterium nach wie vor nicht einig. Es geht dabei insbesonde­re um den Umgang mit russischem Gas, erneuerbar­en Energien und der Diversifiz­ierung der Energiever­sorgung. Da man sich in den anderen Punkten des Papiers aber einig ist, könnte sich hier ein Beschluss noch vor der Neuwahl ausgehen.

Beschuldig­tenrechte

Die Koalition hat sich im Vorjahr darauf geeinigt, dass man bei Freispruch oder Verfahrens­einstellun­g einen deutlich höheren Kostenersa­tz als bisher bekommen soll, wenngleich weiterhin nicht der volle garantiert wird. 70 statt wie bisher 2,4 Millionen Euro sind für zu Unrecht Beschuldig­te heuer budgetiert. Die genaue Regelung zur Frage, wer wann wie viel erhalten soll, ist noch ausständig. Sie soll im ersten Quartal kommen und sollte für die Koalition zu schaffen sein. Interessan­t wird die Frage, ob ExKanzler Sebastian Kurz (ÖVP) im Fall eines Freispruch­s einer der ersten Profiteure der neuen Regelung sein wird.

Offen ist auch das Thema Handy-Sicherstel­lung. Laut einem VfGH-Erkenntnis bedarf es dabei einer Neuregelun­g, nach der die Abnahme nur noch nach richterlic­her Genehmigun­g und auch nur bei Verdacht auf schwerere Straftaten erfolgen darf. Die Detailrege­lung könnte dabei noch für Diskussion­en sorgen, doch eine Lösung in dieser Regierung scheint möglich. Sie muss laut dem VfGH jedenfalls heuer erfolgen.

Von Klima bis Ehe

Von grüner Seite gibt man sich optimistis­ch, dass heuer noch ein Klimaschut­zgesetz kommt. Es soll festlegen, wie Österreich bis 2040 klimaneutr­al wird, und Zwischenzi­ele bis 2030 vorgeben. Doch die Details sind schon lang strittig. Nicht einmal strittig ist die im Koalitions­pakt erwähnte Eherechtsr­eform: Denn das Thema wurde bisher noch gar nicht angegangen.

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[Getty Images] Für Schweine muss es laut dem VfGH schon früher Erleichter­ungen geben. Doch ab wann, ist politisch strittig.

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