Die Presse

Nikola Karabatić: Galliens goldener Handball-Hahn

Nikola Karabatić, 39, feiert EM-Gold mit der Équipe Tricolore. Olympia in Paris ist seine finale Mission.

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Köln. Handball-Legende Nikola Karabatić blieb bis zum Schluss. Als seine Mitspieler den EM-Titel mit dem ersten Kölsch löschten, stand der 39-Jährige immer noch mit seiner Goldmedail­le auf dem Spielfeld und posierte für Fotos. Sein EM-Abschied endete so, wie fast immer seit seinem Teamdebüt 2002 – mit einem Titel. „Es fühlt sich nicht real an. Das ist doch einfach nur verrückt“, sagte die 1,96 Meter große Rückraum-Wurfgewalt. Das 33:31 gegen Dänemark hatte selbst den „komplettes­ten Spieler“der Handball-Historie ungeheuer emotionali­siert.

Zum Verständni­s: Er gilt als Ikone dieses Spiels. Mit 79 EM-Partien und sagenhafte­n 38 Einsätze bei fünf Olympische­n Spielen ist er unübertrof­fen. Er hielt als Teamspiele­r der Équipe Tricolore gleich zweimal in seiner Karriere gleichzeit­ig alle drei Titel (Olympiasie­ger, Welt- und Europameis­ter), er ist mit gesamt elf Goldmedail­len bei Großereign­issen (nach ihm Michaël Guigou sowie Thierry Omeyer mit je zehn) die Nummer eins seiner Sportart. Drei Champions-League-Siege oder insgesamt 21 Meistertit­el in Deutschlan­d (Kiel), Frankreich (Montpellie­r, Paris) oder Spanien (Barcelona) dokumentie­ren Auftritt wie Fortune.

Ein Skandal, viele Tore

Kein anderer steht so sehr für Erfolg wie dieser Rechtshänd­er. Seit seinem Debüt im November 2002 absolviert­e der dreimalige Welthandba­ller (2007, 2014, 2016) mehr als 350 Länderspie­le und kratzt an der 1300-Tore-Marke. Dass Karabatić, geboren in Niš als Sohn einer Serbin und eines Kroaten, für Frankreich wirft, ist Folge des Engagement­s seiner Vaters, der einst in Straßburg das Tor hütete.

In Frankreich ist er ungeheuer populär, selbst seine Verwicklun­g in einen Wettskanda­l – er räumte 2012 die Beteiligun­g an Wetten (gegen die eigene Mannschaft) ein, stritt aber die Manipulati­on ab und warf dann eine Saison lang in Katar – konnte seinem Image letztendli­ch kaum Kratzer zufügen.

Und jetzt Olympia in Paris

Teamchef Guillaume Gille konnte daher nicht anders, als den „König von Köln“nach dem EM-Titel mit Lob zu überschütt­en. „Er hat eine unglaublic­he Siegerment­alität. Mit seinen vielen Goldmedail­len steht er allein da. Der Titel ist eine riesige Anerkennun­g für seine Arbeit und seine Fähigkeit, über all die Jahre dieses hohe Level zu halten.“

In diesem Sommer wird seine beeindruck­ende Karriere zu Ende gehen. „Es ist eine Befreiung, wenn man weiß, dass danach Schluss ist. Denn als Profisport­ler denkt man immer an das nächste Spiel, den nächsten Wettbewerb, man setzt sich selbst unter Druck“, gab der Handball-Evergreen während der EM immer wieder zur Protokoll. Doch ehe es so weit sein wird, wartet noch eine gewaltige Aufgabe auf ihn: die Sommerspie­le in Paris.

Olympia im eigenen Land soll der krönende Abschluss für ihn werden. Spaziergan­g wird das allerdings keiner, Dänemark und Schweden brachten die Équipe Tricolore an den Rand der Niederlage. Auch der 39-Jährige schien in diesem Turnier oft am Ende seiner Ideen und Kräfte.

Egal, ob der finale Wurf ins Tor finden wird: Der Familienme­nsch (zweifacher Vater, sein Bruder Luka spielt ebenso bei Paris Saint-Germain und im Nationalte­am) blickt zufrieden auf über zwei Jahrzehnte im Handball zurück. Abschiedss­chmerz kennt er keinen, die Vorfreude auf mehr Freizeit ist riesig. „Handball ist nicht mehr alles für mich“, sagt Galliens goldener Handball-Hahn. (fin)

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[Kirill Kudryavtse­v/AFP/APA] Keine Frage: Nikola Karabatić ist Frankreich­s Handballst­ar.

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