Jung, dynamisch und auf Erfolgskurs
Digitalisierung und künstliche Intelligenz treiben die Kreativwirtschaft voran. Den Fachkräftemangel in der IT soll eine neue HTL mildern.
Kreative Köpfe, die faszinierende Spiele für elektronische Devices entwickeln, sitzen nicht nur im Silicon Valley. Auch die Wiener Gaming-Branche kann sich im internationalen Vergleich sehen lassen, weiß Martin Filipp, Vorsitzender von Pioneers of Game Development Austria und Chief Operation Officer von Mi’pu’mi Games: „Wir haben eine sehr hohe Akademikerquote und einen sehr niedrigen Altersschnitt. Zwei Drittel der Mitarbeiter sind jünger als 34 Jahre“, erzählt Filipp.
38 Firmen entwickeln in Wien Spiele, sie sind begehrte Arbeitgeber und das nicht nur, weil der Job dort für viele auch Hobby ist: „Es ist eine sichere und zukunftsweisende Branche. Die Verdienstmöglichkeiten sind überdurchschnittlich gut“, sagt Filipp. Selbst während der Coronapandemie blieben diese Unternehmen ebenso wie die Softwareentwickler auf Wachstumskurs. Die Zahl der Beschäftigten in diesen beiden Bereichen stieg von 2020 bis 2022 um 18 Prozent. „Die Betriebe profitierten davon, dass sich die Menschen zu Hause stärker mit IKT, Software und Gaming beschäftigten“, erklärt Martin Heimhilcher, Obmann der Sparte Information und Consulting der WK Wien.
Breite Kreativwirtschaft
Die Unternehmen der Softwareund Games-Branche sind größter Sektor der Wiener Kreativwirtschaft, zu der ein Fünftel der Unternehmen der Bundeshauptstadt gehört. Neben Software und Games zählen Architektur, Buch und Verlagswesen, Design, Filmwirtschaft (inkl. Fotografie), der Markt für darstellende Kunst, Musikwirtschaft, Radio und TV sowie Werbung zur Wiener Kreativbranche. Diese Betriebe beschäftigen insgesamt rund 71.300 Personen und erzielen einen Umsatz von 12,7 Milliarden Euro. Das zeigt der aktuelle Kreativwirtschaftsbericht, der von der KMUForschung im Auftrag des Thinktanks der WK Wien, dem Wiener Wirtschaftskreis, verfasst wurde.
Im Sektor Software und Games beschäftigen 3700 Unternehmen rund 23.000 Mitarbeiter, sie erwirtschaften einen Umsatz von 5,3 Milliarden Euro. An zweiter Stelle in der Kreativwirtschaft liegt die Werbebranche mit 13.100 Beschäftigten in ebenfalls rund 3700 Unternehmen und einem Umsatz von 2,8 Milliarden Euro. In den rund 1900 Betrieben vom Sektor Buch und Verlagswesens arbeiten 10.000 Beschäftigte, die Betriebe erzielen einen Umsatz von 1,8 Mrd. Euro. Die Wiener Kreativwirtschaft ist eher kleinbetrieblich strukturiert, aber sie wächst deutlich: 2022 waren um 10 Prozent mehr Beschäftigte in dieser Branche tätig als noch im Jahr 2020.
Und sie hat Zukunft, erläutert Heimhilcher: „Die Digitalisierung und mit ihr die Nutzung von künstlicher Intelligenz treiben die Kreativwirtschaft voran.“Er meint, dass der zunehmende Einsatz von KI in der Arbeitswelt für mitunter monotone und mühsame Arbeiten wie Dokumentation, Analyse, Reporting oder Programmierung immer mehr Arbeitnehmer für kreative und gestalterische Aufgaben freispielen werde: „Das sind ausgezeichnete Rahmenbedingungen und Zukunftsaussichten für die gesamte Branche. Wenn man so will, wird KI die menschliche Kreativität entfesseln“, zeigt sich Heimhilcher überzeugt.
HTL für mehr Fachkräfte
Die Digitalisierung und damit das Wachstum im Bereich der Informationstechnologie führt allerdings auch dazu, dass diese Branche vom Fachkräftemangel besonders betroffen ist. Wien identifizierte zuletzt eine Lücke von rund 5800 ITFachkräften in der Stadt. Um den wachsenden Bedarf an IT zu decken, braucht es mehr HTL-Absolventen dieser Fachrichtung. Deshalb strebt die WK Wien in Zusammenarbeit mit der Stadt Wien die Gründung einer neuen HTL mit digitalem Schwerpunkt an. „So können wir die Fachkräfte der Zukunft direkt am Standort ausbilden“, sagt Heimhilcher.