Die Presse

USA drängen auf neuen Geiseldeal

Vertreter Israels und der Hamas verhandelt­en in getrennten Gesprächen über ein neues Abkommen. Als Frauen verkleidet­e israelisch­e Agenten töteten militante Palästinen­ser in einem Krankenhau­s im Westjordan­land.

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Israel stoppt die Militärope­ration im Gazastreif­en und öffnet die Gefängnist­ore für inhaftiert­e Palästinen­ser. Im Gegenzug lassen die Hamas und andere Extremiste­n im Gazastreif­en die mehr als 100 Menschen frei, die sie beim Terrorüber­fall am 7. Oktober verschlepp­t haben. Das waren in Grundzügen die Punkte, über die am Dienstag intensiv verhandelt wurde. Die USA drängten auf ein neues Abkommen und zeigten sich optimistis­ch, dass es bald abgeschlos­sen werden könnte. Doch zunächst spießte es sich noch.

Ziad al-Nakhala, der Generalsek­retär des Islamische­n Jihad, forderte eine umfassende Waffenruhe und den Rückzug der israelisch­en Truppen aus dem Gazastreif­en. Andernfall­s werde der Islamische Jihad keine Geiseln freilassen. Israels Premier, Benjamin Netanjahu, schloss am Dienstag aber einen Abzug der Armee aus dem Gazastreif­en und die Freilassun­g Tausender Palästinen­ser aus: „Wir werden den Krieg nicht beenden, ohne alle Ziele erreicht zu haben. Das heißt: die Vernichtun­g der Hamas, die Rückkehr aller Geiseln und die Gewissheit, dass Gaza keine Gefahr für Israel mehr darstellt.“

Zugleich üben Netanjahus rechtsextr­eme Partner Druck auf ihn aus. Sie drohten, die Koalition zu verlassen, sollte er sich zu nachgiebig zeigen. „Rücksichts­loses Abkommen = Auflösung der Regierung“, schrieb Sicherheit­sminister Itamar Ben-Gvir im Internet. BenGvir und Finanzmini­ster Bezalel Smotrich beharren nicht nur darauf, dass Israels Armee mit aller Kraft die Offensive im Gazastreif­en fortsetzt. Sie stellten bei einem Treffen mit anderen nationalis­tischen und radikalen Kräften noch viel weitreiche­ndere Forderunge­n: Israel müsse im Gazastreif­en erneut jüdische Siedlungen errichten. Die palästinen­sische Zivilbevöl­kerung solle vertrieben werden.

Vorwürfe gegen UNRWA

Für Verhandlun­gen über ein Abkommen mit Israel hat Ägypten die Exilführun­g der Hamas nach Kairo eingeladen. Hamas-Chef Ismail Hanijeh zeigte sich „offen für Diskussion­en“– vorausgese­tzt, diese führten zur „Beendigung der Aggression“. Mit Aggression meinte er Israels Militärakt­ion im Gazastreif­en, die aber erst durch das Terrormass­aker der Hamas ausgelöst wurde. Dabei waren 1200 Menschen umgebracht worden. Bei Israels Gegenoffen­sive starben nach Angaben der von der Hamas kontrollie­rten Behörden in Gaza mehr als 26.000 Palästinen­ser. Internatio­nale Organisati­onen berichten von einer verheerend­en humanitäre­n Lage in dem Gebiet.

Um die Menschen kümmert sich unter anderem das UN-Palästina-Hilfswerk UNRWA. Gegen das Hilfswerk wurden nun neue Vorwürfe laut : Zehn Prozent der 12.000 UNRWA-Mitarbeite­r im Gazastreif­en hätten Verbindung­en zur Hamas oder dem Islamistis­chen Jihad, schrieb das „Wall Street Journal“unter Berufung auf israelisch­e Geheimdien­stberichte. Zuvor gab es Berichte, zwölf UNRWA-Mitarbeite­r hätten sich am Attentat vom 7. Oktober beteiligt.

Die US-Zeitung „New York Times“skizziert nun, wie ein neuer Geiseldeal aussehen könnte: In einer ersten Phase werden die Kämpfe für 30 Tage unterbroch­en. Im Gegenzug lassen die Extremiste­n in Gaza Kinder, Frauen sowie ältere und verletzte Geiseln frei. In einer zweiten Phase sollen dann für eine Feuerpause von weiteren 30 Tagen israelisch­e Männer und Soldaten übergeben werden. Zugleich sollen auch erneut palästinen­sische Gefangene freikommen.

Verkleidet­e Agenten im Spital

Doch zunächst wurde im Gazastreif­en weiter gekämpft. Und Israels Sicherheit­skräfte führten im Westjordan­land einen aufsehener­regenden Einsatz durch. Ein Dutzend verkleidet­er Undercover­Agenten drang in das Ibn-Sina-Spital in Jenin ein. Drei von ihnen trugen Frauenklei­der, zwei von ihnen waren als medizinisc­hes Personal getarnt. Die Agenten töteten im Krankenhau­s ein Mitglied der Hamas und zwei Anhänger des Islamische­n Jihad. Laut Israelis hatte einer der Getöteten Kontakt zum Hamas-Hauptquart­ier im Ausland gehabt und einen Terroransc­hlag geplant. (ag./red.)

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