Die Presse

Brisantes Basketball­spiel

Über Weltenbumm­lerinnen, Würfe, Wohngemein­schaften und „Bomb Shelters“: Sarah Sagerer und Anja Fuchs-Robetin erzählen über Petach Tikwa und Ramla.

- VON MARKKU DATLER

Sport genießt in Israel hohen Stellenwer­t, Fußball und Basketball fasziniere­n die Massen. Wer schon einmal Matches in Haifa oder Tel Aviv gesehen hat, weiß, was Lautstärke und Hintergrun­dkulisse wirklich bewirken können. Auch für Legionäre stellten die Ligen immer großes Interesse dar, Gage, Sonne, Abenteuer und auch Partien im Europacup dienen den Klubs als beste Werbung. 1977 gewann Maccabi Tel Aviv erstmals den Europacup der Landesmeis­ter, 2014 triumphier­te man gar in der Euroleague, bei den Männern stehen gesamt acht Basketball-Europacups­iege zu Buche. Bei den Frauen siegte Elitzur Ramla 2011 im Ronchetti- bzw. Europe-Cup.

In der Gegenwart ist die Wahrnehmun­g aus der Ferne anders. Es scheint alles dem Krieg, dem GazaKonfli­kt und dem Kampf gegen die Hisbollah untergeord­net.

Vom Krieg merkt man nichts

Wer aber mit Sarah Sagerer, sie spielt für Petach Tikwa, und Anja Fuchs-Robetin, die für Ramla dribbelt, spricht, hört ganz andere Erzählunge­n. Tenor: Es gehe in der „Premier League“gut, vom Krieg merke man nur im Norden bzw. Süden von Israel etwas.

Sagerer, 27, gilt als eine der besten Basketball­erinnen Österreich­s. Ob Liga, Nationalte­am oder 3x3Auswahl, sie war zuletzt mittendrin. Die 1,90 Meter große Oberösterr­eicherin gilt als Weltenbumm­lerin, spielte bereits in den USA (Stetson-College), Polen, Italien

und zuletzt in Neuseeland. „In Israel wollte ich schon immer sein“, sagt sie der „Presse“– und musste mit ihrem Wunsch zuwarten. Sie hatte im Oktober 2023 beim zwölffache­n und amtierende­n Meister Ramla unterschri­eben, doch Skepsis der Klubführun­g und Fügung des Schicksals hielten sie nur für wenige Tage in der 75.000 Einwohner zählenden Stadt südöstlich von Tel Aviv. Seit 7. Oktober und dem Hisbollah-Angriff ist in Ramla alles anders, ehe sie nach Israel zurückkehr­te, „habe ich mit Freunden gesprochen, viel telefonier­t, ehe ich überzeugt davon war, dass die Lage ruhig ist“.

Gelandet ist sie bei Petach Tikwa, hat bereits drei Partien in den Armen. Von Publikum („Ich bin nur auf den Korb fokussiert“), Klub („Toller Ruf, startet einen Neubeginn“) und Rundherum („Ich gehe in einen Salsa-Kurs und lebe derzeit in einer Dreier-WG“) berichtet sie nur Positives.

Für zwei Monate wolle sie jedenfalls bleiben, Fragen zur Gage hört sie gar nicht gern. Obwohl sie vom Basketball leben könne, setze sie auf das Design ihrer selbst hergestell­ten Basketball-Socken. „Ich vermeide es, Nachrichte­n zu hören. Ich konzentrie­re mich auf den Klub, ich fühle mich wohl.“Angst habe sie keine, dafür stehe sie im laufenden Kontakt zum Außenminis­terium. Dass man in Israel „jetzt extra vorsichtig ist nach dem Angriff“, konnte sie nicht deutlich genug formuliere­n. Wo der „Bomb Shelter“sei, wusste sie jedenfalls.

Reservisti­n in Ramla

Am Montag spielte Petach Tikwa gegen Ramla, es setzte ein 53:92. Sagerer warf in 35 Minuten vor 2000 Zuschauern 16 Punkte. Ihr Klub ist jetzt Tabellensi­ebenter.

Anja Fuchs-Robetin war beim nach zehn Runden ungeschlag­enen Ramla dabei, aber nicht im Kader. Die Lage bei Österreich­s Team-Kapitänin ist schwer, die 27jährige Flügelspie­lerin aus Wien war in Spaniens zweiter Liga unterwegs, hörte dort vom „profession­ellen

Basketball in Israel“und der sich beruhigend­en Lage. Also entschloss sie sich zum Wechsel. „Dass in Kriegszeit­en nur zwei Legionärin­nen, in diesem Fall zwei US-Spielerinn­en, eingesetzt werden“, komme nun erschweren­d hinzu. Sie trainiert mit, ob sie in dieser Saison überhaupt spielen wird? Man führe die Zehnerliga an, Fuchs-Robetin wolle bleiben, „der Klub will mich halten, plant bereits für die nächste Saison mit mir“.

Der Verein half bei der Wohnungssu­che, Legionärin­nen wohnen gemeinsam in einem Wohnblock, „fünf Minuten von der Halle entfernt“. Sie berichtete von einem

‘‘ Ich vermeide es, Nachrichte­n zu hören. Ich konzentrie­re mich auf den Klub, fühle mich wohl.

Sarah Sagerer Legionärin bei Petach Tikwa

Ausflug nach Tel Aviv, schwärmte von Strand und Wetter. Die Liebe zum Basketball („Mit sieben habe ich begonnen, es ist der Sport meiner Familie, ich habe auch für Florida South auf dem College gespielt“) hält sie in Israel, sie sehe ihre Chance.

In Österreich dribbeln Basketball­er als Nischenspo­rt, dabei ist es ein globales Erlebnis. Für Sagerer und Fuchs-Robetin ist es Lebensinha­lt und Erfüllung. Selbst wenn sie dafür im Augenblick die Welt hinter dem Korb besonders im Auge behalten müssen.

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[Gepa] Sarah Sagerer gilt als Österreich­s Aushängesc­hild im Frauen-Basketball, nimmt Maß, aktuell wirft die Oberösterr­eicherin in Israels Premier League für Petach Tikwa.

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