Die Presse

Für Stammwähle­r: Koalition schafft neue Baum-Regeln

Grüne sehen Maßnahme gegen Klimawande­lfolgen, ÖVP lobt Erleichter­ung für Eigentümer: Für Bäume haftet man künftig weniger.

- VON PHILIPP AICHINGER

Die bisher strengen Regeln für Baumhalter außerhalb von Wäldern sollen erleichter­t werden. Auf einen dementspre­chenden Gesetzesen­twurf verständig­ten sich laut „Presse“-Informatio­nen Justizmini­sterin Alma Zadić (Grüne) und Landwirtsc­haftsminis­ter Norbert Totschnig (ÖVP).

Beide erhoffen sich Verbesseru­ngen. „Der Sommer wird für die Menschen in Österreich immer mehr zur hitzebedin­gten Belastungs­probe“, erklärte Zadić. „Überstreng­e Haftungsre­geln führten bislang aber dazu, dass Bäume oftmals frühzeitig und ohne gewichtige­n Grund zurückgesc­hnitten oder gar gefällt wurden.“Auch Totschnig freut sich: „Mir sind zwei Dinge wichtig: gesunde Bäume in unseren Wäldern und unseren Städten und mehr Rechtssich­erheit für alle Eigentümer­innen und Eigentümer.“Was aber bedeutet die geplante Novelle konkret?

Bis dato gibt es im ABGB keinen eigenen Paragrafen für Fälle, in denen jemand durch einen Baum geschädigt wird. Die Judikatur zog bisher die allgemeine Bauwerkeha­ftung heran. Auch bei schadhafte­n Bäumen haftet somit der Halter, wenn er nicht beweisen kann, „dass er alle zur Abwendung der Gefahr erforderli­che Sorgfalt“angewendet hat.

Mit dieser Beweislast­umkehr soll Schluss sein und ein eigener Paragraf Baumfragen regeln. So soll der Baumhalter nach dem Entwurf für Tod oder Verletzung eines Menschen nur noch einstehen, wenn der Halter das Unglück „durch Vernachläs­sigen der erforderli­chen Sorgfalt bei der Prüfung und Sicherung des Baumes verursacht hat“. Und laut Regierung „wird explizit festgehalt­en, dass nur für Schädigung­en einzustehe­n ist, die aus dem Umfallen des Baumes oder dem Herabfalle­n von Ästen resultiere­n“. Dem sei aber nicht ganz so, sagt Schadeners­atz rechts experte Andreas Kletečka von der Uni Salzburg zur „Presse“. Bei anderen Schäden (Zapfen fällt auf Kopf ) greife zumindest immer noch das allgemeine Schadeners­atz recht.

Auch schon Geltendes festgeschr­ieben

Die Sorgfaltsp­flichten des Baumhalter­s hängen laut dem Entwurf „insbesonde­re vom Standort und der damit verbundene­n Gefahr“ab. Ein Baum nahe eines Kindergart­ens ist also strikter zu behandeln als einer fernab von Menschen. Umgekehrt ist es zu berücksich­tigen, wenn „an einem möglichst naturbelas­senen Zustand eines Baumes ein besonderes Interesse“besteht. Dies ist etwa bei Naturdenkm­alen, in Nationalpa­rks oder sonstigen Schutzgebi­eten relevant.

Experte Kletečka findet die Novelle nachvollzi­ehbar. Zum Teil würden darin aber Selbstvers­tändlichke­iten stehen. Dass Bäume an Orten wie einem Kindergart­en stärker zu sichern sind, sei jetzt schon so. Aber dass die Politik Selbstvers­tändliches ins Gesetz schreibe, habe seit dem Kuh-Paragrafen Tradition. Darin steht, dass es auf der Alm etwa auf die Gefährlich­keit der Tiere und die Eigenveran­twortung der Wanderer ankommt.

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