Koalition bastelt an einem Programm fürs Finale
Soll die Nationalratswahl regulär im Herbst über die Bühne gehen? Oder wäre es aus Regierungssicht taktisch klüger, sie vorzuverlegen, um nicht nach dem erwarteten Dämpfer bei der EU-Wahl im Juni einen Wahlkampf bestreiten zu müssen? Darüber wurde in der ÖVP wochenlang diskutiert, befeuert wurde die Debatte vom Umstand, dass Kanzler Karl Nehammer vergangenen Freitag mit der Präsentation eines vom türkis-grünen Regierungspakt abweichenden Programm de facto den Wahlkampf eröffnet hat. Und dennoch legte er sich nur zwei Tage später vorläufig fest : Wenn es nach ihm geht, so der ÖVPChef, werde regulär im Herbst gewählt. Die Grünen plädierten ohnehin schon davor für eine Fortführung der Koalition bis Herbst.
Nun gibt es ein weiteres Indiz dafür: Wie „Die „Presse“aus Koalitionskreisen erfahren hat, wird zwischen ÖVP und Grünen nämlich gerade ein Programm für die letzten gemeinsamen Monate der Legislaturperiode verhandelt. Die Idee dahinter: Da aus dem vier Jahre alten Koalitionsprogramm bereits ein Großteil abgearbeitet sei, müsse man sich jetzt unter den übriggebliebenen Vorhaben auf einige konkrete Punkte verständigen. Die Arbeit für das Koalitionsfinale müsse strukturiert werden, sonst drohe man sich in den bisher offen gebliebenen Projekten zu verlieren. ÖVP und Grüne wollen also klären, was noch geht – und was nicht mehr. Dafür sei eine Art Arbeitsplan vonnöten, sagt ein Abgeordneter. Mit diesem will man auch, wie ein Koalitionsinsider erzählt, das Signal aussenden, dass in der Koalition noch ernsthaft gearbeitet werde.
Angesiedelt sind die Gespräche mitunter an der Koalitionsspitze: Nehammer und Kogler verhandeln das Programm teilweise selbst; die Klubchefs August Wöginger und Sigrid Maurer spielen eine zentrale Rolle beim türkisgrünen Programm-Update.
Es ist ein Indiz gegen vorgezogene Wahlen: Türkis-Grün will konkret festschreiben, was noch geht.
Verhandlungen sind Chefsache
Insidern zufolge dürften auch neue Projekte, die noch nicht im Regierungsprogramm von 2020 stehen, hinzukommen. Details sind allerdings noch offen. Nur so viel: Es soll sich eher um realisierbare Vorhaben handeln, mit einer Vielzahl an Großprojekten rechnen Insider nicht. Die Grünen fordern zwar weiterhin das versprochene Klimaschutzgesetz, die Chancen auf eine Umsetzung sind jedoch gering, heißt es. Ebenfalls soll es den Grünen im Finale um frauenpolitische Vorhaben gehen. Die ÖVP indes will vor allem Projekte für den Wirtschaftsstandort umsetzen.
Und wenn Türkis-Grün doch noch daran scheitert, sich auf ein Programm-Update zu einigen? Dann könne man ja immer noch Neuwahlen ausrufen, heißt es.