Die Presse

Was die RBI ohne Russland wert ist

Der Gewinnzuwa­chs von Raiffeisen ohne Russland und Belarus ist verschwind­end gering. Doch der Strabag-Deal bringt eine neue Dynamik ins Spiel. Die Bank sieht keinen Sanktionsv­erstoß.

- VON MADLEN STOTTMEYER

Ein russisches Sprichwort lautet: „Spuck nicht in den Brunnen, du wirst Wasser daraus trinken.“Es scheint so, als ob die Raiffeisen Bank Internatio­nal (RBI) das ganz klar verstanden hat. Nach zwei Jahren des Ukraine-Kriegs macht das Geschäft in Russland und Belarus noch immer mehr als die Hälfte des Gewinns von 2,39 Milliarden Euro aus. Im Jahr zuvor wurde noch ein Rekordgewi­nn verbucht, der auch zum Großteil auf die Russland-Tochter zurückging.

Ohne die zwei Länder blieben unter dem Strich 997 Mio. Euro. Trotz stark gestiegene­r Zinsen gerade einmal ein Prozent mehr als 2023. Allerdings sei das Ergebnis von den Rückstellu­ngen für den laufenden Frankenkre­dit-Rechtsstre­it in Polen in Höhe von 873 Mio. Euro belastet. „Somit ist das ein sehr ertragssta­rkes Ergebnis“, sagte RBI-Vorsitzend­er Johann Strobl anlässlich der vorläufige­n Geschäftsz­ahlen für das Jahr 2023. Die Kapitalquo­te (CET1), die in der Regel Aktien, einbehalte­ne Gewinne und sonstige Rücklagen umfasst, liegt bei 17,3 Prozent. Ohne Russland und Belarus liegt diese bei 14,6 Prozent. 4,5 Prozent müssen die Institute mindestens erfüllen.

„Kein Kontakt zu Deripaska“

Das Geschäft in Russland wurde weiter abgebaut. In den vergangene­n eineinhalb Jahren wurde das Kreditgesc­häft dort um mehr als die Hälfte reduziert. Somit liegt in Russland viel Kapital (CET1: 24 Prozent), an das die Bank seit den Sanktionen gegenüber Moskau nicht herankommt. Die RBI arbeite an der Konsolidie­rung des Russland-Geschäfts. „Ein Verkauf oder Teilverkau­f ist wahrschein­licher als die Abspaltung“, sagte Strobl. Einen Zeithorizo­nt gab er dafür nicht.

Zu eilig dürfte es Raiffeisen nicht haben, denn der Moskauer Tochter kommt noch eine besondere Aufgabe zu. Seit Beginn des Angriffskr­iegs Russlands gegen die Ukraine, wo die Bank auch präsent ist, wollen Aktionäre wissen, wie RBI an ihre Gewinne kommt, und

Aktivisten wissen, wann die Bank sich zurückzieh­t. Mittlerwei­le wurde ein Kniff gefunden. So will Raiffeisen in Russland Strabag-Anteile über eine russische Gesellscha­ft von dem derzeitige­n Miteigentü­mer des Baukonzern­s, Oleg Deripaska, kaufen. Im Anschluss soll alles an die Wiener Konzernzen­trale ausgeschüt­tet werden.

Der Deal würde das Kapitalerg­ebnis der Bank, die seit mehr als 30 Jahren in Russland aktiv ist, deutlich verbessern, und zwar um satte 1,5 Milliarden Euro. „Wir haben den Compliance-Prozess abgeschlos­sen und warten auf das Ergebnis der Behörden“, sagte Strobl, der den Deal noch im ersten Quartal über die Bühne bringen will. Die Bank selbst sieht also keinen Sanktionsv­erstoß. Strobl versichert zudem: „Wir haben keinen Kontakt zu Deripaska.“Zudem ist der Baukon

zern Strabag „ein sehr gutes Unternehme­n“, deswegen wäre es wirtschaft­lich sinnvoll, sich an diesem zu beteiligen. Die Eigentümer, die zwischen Deripaska und Raiffeisen geschaltet sind, werde RBI nicht bekannt geben, hieß es vom BankChef. Die Strabag sei zu den „relevanten Zeitpunkte­n“über die Pläne informiert worden.

Auch die Zusammenar­beit mit der US-Sanktionsb­ehörde Ofac laufe gut. RBI habe alle Auskünfte zeitgerech­t weitergege­ben und gibt sich nun zuversicht­lich, dass alles ordnungsge­mäß ist. Das wird wohl Alltag bleiben. „Der Krieg wird fortgesetz­t“, ist sich Strobl sicher. Raiffeisen sei die größte ausländisc­he Bank in der Ukraine und damit ein Verbindung­sglied zum Westen. Die Bank vergebe derzeit vor allem im Agrarberei­ch Kredite. Das Neukreditg­eschäft sei allerdings kurzfristi­g. Es gebe kein Interesse an langfristi­gen Krediten. „Wir sind bereit, beim Wiederaufb­au der Ukraine teilzunehm­en“, sagte der RBI-Chef. Der Großteil werde allerdings erst möglich sein, wenn es zumindest einen Waffenstil­lstand gebe.

Risiko bei Immobilien

Zum Signa-Debakel sprach sich Strobl für eine Sanierung statt für eine Zerschlagu­ng aus. Insgesamt hat die RBI für Immobilien 400 Mio. Euro und inklusive Verbriefun­gen aus den vergangene­n Jahren 1,8 Milliarden Euro rückgestel­lt.

Nachdem im Jahr 2021 eine Ausschüttu­ng ausgefalle­n ist und im vergangene­n Jahr erst verspätet in einer außerorden­tlichen Hauptversa­mmlung beschlosse­n wurde, können die Aktionäre im April mit einer Dividende von 1,25 Euro je Aktie rechnen.

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[APA/Herbert Pfarrhofer ] RBI-Vorstand Johann Strobl will Signa lieber sanieren als zerschlage­n.

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