Die Presse

Drei CO2-Szenarien bis 2040: Wie netto null erreichbar ist

Ist das Netto-null-Ziel bis 2040 realistisc­h? Wissenscha­ftler der Uni Graz und der WU Wien zeigen, wie es möglich ist.

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„Wenn man von Klimaziele­n redet, hört man oft: Unmöglich!“, meint Karl Steininger, Professor am Wegener Center an der Universitä­t Graz. Das Gegenteil sei der Fall, meint er weiter, und nennt als Beispiel eine Papierfabr­ik in der Obersteier­mark, die auf erneuerbar­e Energie umgestellt hat. „Inbetriebn­ahme der Anlage war März 2022, ein paar Wochen, nachdem der Krieg in der Ukraine begonnen hatte.“Mitbewerbe­r haben in dieser Zeit den Betrieb eingestell­t oder kämpften mit explodiere­nden Energiepre­isen.

Der geschilder­te Einzelfall – Unabhängig­keit – ist in einer klimaneutr­alen Welt Normalität. Dies haben Wissenscha­ftler-Teams um Steininger und Sigrid Stagl (Professori­n an der Wirtschaft­suniversit­ät Wien) analysiert. Die Ausgangsfr­age – „Ist das Ziel, bis 2040 die Emissionen auf netto null zu reduzieren, realistisc­h?“– kann jedenfalls bejaht werden.

Steininger und Stagl haben drei Szenarien durchgespi­elt: Das erste ist technologi­eorientier­t und energieint­ensiv. In Szenario zwei gibt es strukturel­len Wandel in Industrie, Kreislaufw­irtschaft und Verhaltens­änderungen, Szenario drei baut auf dem zweiten auf und betont Aspekte der sozialen Gerechtigk­eit,

etwa durch eine „luxusorien­tierte CO2-Steuer“, unter anderem bei Flügen.

Alle Szenarien seien, so die Wissenscha­ftler, erreichbar und haben positive wirtschaft­liche Auswirkung­en. Insbesonde­re im zweiten und dritten Szenario ist mit deutlichem Sinken der Arbeitslos­igkeit zu rechnen, sodass de facto eine Vollbeschä­ftigung erreicht werden kann (die Zahl der nicht Beschäftig­ten sinkt dabei unter zwei Prozent). Ausgaben für Importe fossiler Energien in der Höhe von bis zu zwölf Milliarden Euro fallen weg.

Entscheide­nd für das Erreichen des Ziels werde sein, dass die Maßnahmen gut geplant und gut aufeinande­r abgestimmt werden – etwa bei der Förderung von Sonnenstro­m, sodass Förderunge­n genau dort konzentrie­rt werden, wo das Stromnetz entspreche­nd ausgebaut ist und der Solarstrom auch eingespeis­t werden kann.

Die Studie wurde im Auftrag von Mutter Erde erstellt, einer NGO, die 2014 von ORF, Global 2000, Greenpeace und dem WWF gegründet wurde. Partner sind Alpenverei­n, BirdLife, Naturfreun­de, Naturschut­zbund und VCÖ. Stagl und Steininger sind Mitglieder des Expertenbe­irats. (milo)

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