Wertsicherungsklauseln: Neue Sammelaktion, Prozessflut droht
Wegen unwirksamer Indexklauseln steht eine neue Sammelaktion im Raum. Vermietern droht aber noch mehr Ungemach.
Kurz vor Weihnachten wäre die Gelegenheit dagewesen, sie wurde jedoch nicht genützt: Mitte Dezember passierte der Mietpreisdeckel den Nationalrat. Da auch gleich eine gesetzliche Klarstellung hinsichtlich der umstrittenen Wertsicherungsklauseln in Wohnungsmietverträgen zu treffen, hätte sich angeboten. Dazu kam es jedoch nicht.
Nun steht eine Sammelklage im Raum: Der Verbraucherschutzverein (VSV) gab am Mittwoch bekannt, eine Sammelaktion für Mieterinnen und Mieter zu starten, die Mietzinserhöhungen aus der Vergangenheit zurückfordern wollen. Und das ist nicht die einzige derartige Initiative: Bereits im Sommer hatte eine Wiener Anwaltskanzlei (Oliver Peschel) ein Sammelverfahren angekündigt.
Bisher nur Verbandsklagen
Zur Erinnerung: Es geht um Indexklauseln in Mietverträgen, auf die das Verbraucherrecht anzuwenden ist – also in Verträgen zwischen Unternehmer und Verbraucher. Auch Gemeindewohnungen sind betroffen.
Der Oberste Gerichtshof hat im Rahmen von Verbandsverfahren derartige Klauseln für unwirksam erklärt – vor allem, wenn sie, und sei es auch nur bei kundenfeindlichster Auslegung, bereits in den ersten zwei Monaten nach Vertragsabschluss eine Erhöhung des Mietzinses ermöglichen. Dass zudem laut EuGH-Judikatur eine von einem Unternehmen gegenüber Verbrauchern angewandte missbräuchliche Klausel zur Gänze unwirksam ist und nicht nur hinsichtlich des rechtswidrigen Teils, macht die Sache umso brisanter.
Nun bezieht sich die bisherige OGH-Judikatur ausschließlich auf Verbandsklagen, bei Individualansprüchen dürfte es wohl auf weitere Details ankommen. Etwa darauf, ob es nach der Sachlage im Einzelfall, zum Beispiel nach dem Datum des Vertragsabschlusses, überhaupt zu einer Zinsanhebung in den ersten beiden Monaten der Vertragslaufzeit kommen könnte. Auch sonst sind die konkreten Auswirkungen
der OGH-Entscheidungen zum Teil umstritten. Für große Unruhe sorgen sie allemal.
Dramatischer Wertverlust
Unklar ist unter anderem auch, für welchen Zeitraum Mieter gegebenenfalls Geld zurückverlangen können – für drei Jahre oder womöglich, in bestimmten Fällen, sogar für dreißig. Die neue Sammelaktion, die der VSV in Kooperation mit der Rechtsanwaltskanzlei Urbanek & Rudolph gestartet hat, bezieht sich laut Angabe der Verbraucherschützer „vorerst“nur auf Zinserhöhungen, die in den letzten drei Jahren erfolgt sind. Auch dabei gehe es jedoch – gerade in Zeiten explosiv steigender Preise – in vielen Fällen um bis zu fünfstellige Beträge, wird VSV-Obfrau Daniela Holzinger-Vogtenhuber in einer Aussendung zitiert.
Die bereits im Sommer gestartete, zweite Sammelaktion stellt dagegen von vornherein eine Rückforderung „aller bisherigen Inflationsanpassungen der letzten 30 Jahre“in den Raum. So viel steht fest: Kommt es nicht doch noch zu einer gesetzlichen Klarstellung, drohen langwierige Verfahren und jahrelange Rechtsunsicherheit. Aber das ist nicht alles: Auch auf die Bewertung von Wohnimmobilien müsste das zwangsläufig durchschlagen. Der Gerichtssachverständige Markus Reithofer thematisiert das in einem noch unveröffentlichten Beitrag, der im „Jahrbuch Wohnrecht 2024“(Manz-Verlag) erscheinen wird. Ein Wegfall der Wertsicherung bedeutet demnach für die ertragswertorientierte Immobilienbewertung, dass bei jenen Bestandseinheiten, die keine Inflationsabgeltung der Mieten erfahren, von den Beträgen bei Vertragsabschluss auszugehen ist.
Der Liegenschaftszinssatz impliziere ein Wachstum, das ertragsgewichtet bereinigt werden müsse. Die konkreten Auswirkungen hängen dann vom Abschlusszeitpunkt und der Laufzeit der Mietverträge ab. In einem repräsentativen Berechnungsbeispiel ergibt sich ein Wertverlust von rund 37 Prozent. Welche Folgen das haben könnte, etwa auch für benötigte Finanzierungen, ist offen. (cka)