Die Presse

Dinos schreckten mit den Federn ihre Opfer

Eine neue Erklärung zur Entstehung der Federn: Sie dienten zuerst Sauriern, um ihre Beute aufzuscheu­chen.

- VON THOMAS KRAMAR

Viele Tiergruppe­n können fliegen, doch Federn haben nur Vögel. Man muss hinzufügen: unter den derzeit lebenden Tieren. Die einschlägi­gen Forscher glauben heute, dass schon etliche Dinosaurie­r Federn trugen. Die ganze Wirbeltier-Klasse der Vögel hat sich ja auch aus Dinosaurie­rn, wahrschein­lich aus den räuberisch­en Maniraptor­a, entwickelt; es ist nicht falsch zu sagen, dass die Vögel die letzten lebenden Dinosaurie­r sind.

Doch wie und wozu entstanden die Federn? Bei Daunenfede­rn liegt es nahe: Sie dienten der Wärmeisoli­erung. Komplizier­ter ist es mit den Konturfede­rn an Flügeln und Schwanz. Schon in der JuraZeit hatten Dinosaurie­r der Gruppe Pennarapto­ra solche. Allerdings waren ihre Flügel zum Fliegen zu klein. Sie dienten zum Erschlagen von Insekten, mutmaßte Paläontolo­ge John Ostrom vor 50 Jahren. Doch das überzeugt nicht wirklich.

Nun präsentier­t ein Team aus Paläontolo­gen, Insektenfo­rschern und Robotikern in „Scientific Reports“eine neue Theorie: Primitive, aber bereits gefiederte Flügel hätten den Sauriern dazu gedient, versteckte Beutetiere aufzuschre­cken, um sie dann zu verfolgen, zu fangen und zu fressen. Diese Jagdstrate­gie nennt man „flush-pursuit“, etliche Vögel verwenden sie, etwa die Gartenspot­tdrossel oder der Wegekuckuc­k. Sie erschrecke­n ihre Beutetiere durch plötzliche­s Flügelschl­agen, bei dem ein Muster sichtbar wird, das bedrohlich wirkt.

Robopteryx ängstigt Grashüpfer

Um diese These zu überprüfen, bauten die Robotiker im Team einen Roboter namens Robopteryx in der Form und Größe des Caudiptery­x, der vor 120 Millionen Jahren lebte. Tatsächlic­h flohen Grashüpfer vor diesem Robopteryx eher, wenn er Flügel hatte und mit ihnen schlug. Noch eher, wenn die Flügel – wie jene des Wegekuckuc­ks – auf schwarzem Untergrund weiße Flecken hatten, die beim Schlagen sichtbar wurden. Die Insektenfo­rscher konnten sogar zeigen, dass spezielle Neuronen der Grashüpfer auf den jähen Reiz reagieren. So hätten bewegliche Federn auch ohne Fliegen einen Sinn gehabt, meinen die Forscher. Die Flugfähigk­eit habe sich viel später bei Nachkommen dieser Saurier entwickelt.

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