Die Presse

„Dann gibt’s kein Klimaschut­zgesetz“

Kurt Egger, Generalsek­retär des ÖVP-Wirtschaft­sbundes, will noch in dieser Periode eine Senkung der Lohnnebenk­osten. Und: Ohne Klimaschut­zgesetz ginge es auch, sagt er.

- KLAUS KNITTELFEL­DER

Der Kanzler hat sich nach langer Neuwahl-Debatte nun auf Wahlen im Herbst festgelegt, die Koalition werkt gerade an einem Arbeitspla­n für die letzten Monate. Was muss aus Ihrer Sicht noch geschehen?

Kurt Egger: Als Wirtschaft brauchen wir, dass noch etwas für die Wettbewerb­sfähigkeit zustande gebracht wird. Jeder zweite Euro wird im Export verdient. Im Bereich der Lohnnebenk­osten der Arbeitgebe­r brauchen wir also Signale. Die Lohnstückk­osten, die ja an den gestiegene­n Personalko­sten hängen, muss man runterkrie­gen, damit wir wettbewerb­sfähig bleiben. Aber es gibt Möglichkei­ten, zum Beispiel mit einer Senkung der Lohnnebenk­osten. Da gibt es etwa Bestandtei­le wie den Familienla­stenausgle­ichsfonds (FLAF, Anm.), die man auch anders finanziere­n kann. Wir sind klar gegen Sozialleis­tungskürzu­ngen. Aber wir müssen darauf achten, dass wir die Unternehme­r entlasten, damit die Aufträge ins Land ziehen können.

Soll der milliarden­schwere FLAF, aus dem etwa die Familienbe­ihilfe bezahlt wird, künftig aus dem Steuertopf finanziert werden? Noch in dieser Periode?

Ja, in einem ersten Schritt jedenfalls. Je früher man damit beginnt, desto besser. Es gibt derzeit Investitio­nszurückha­ltung, weil die Betriebe erst abwarten, wie sich die wirtschaft­liche Situation entwickelt. Je früher wir Vertrauen in den Standort zurückbrin­gen, desto früher wird investiert.

Was muss aus Wirtschaft­sbundSicht noch kommen in dieser Periode?

Betriebe suchen nach wie vor Arbeitskrä­fte en masse. Man muss also überlegen, das eine oder andere Vorhaben aus dem Österreich-Plan des Kanzlers für den Arbeitsmar­kt vorzuziehe­n. Weitere Veränderun­gen bei der Rot-Weiß-Rot-Karte für ausländisc­he Fachkräfte zum Beispiel: Jetzt haben die zuständige­n Behörden acht Wochen Zeit, einen Antrag zu bearbeiten, wir wollen das aber in 72 Stunden.

Die Grünen haben auch noch Wünsche, allen voran das Klimaschut­zgesetz. Kommt das noch?

Wir stehen weiterhin für einen Klimaschut­z mit Hausversta­nd und wollen nicht, dass der schwächeln­den Wirtschaft durch neue Verbote und bürokratis­che Hinderniss­e ganz die Luft ausgeht. Immerhin geht es um unseren Wirtschaft­sstandort und damit um unseren Wohlstand. Alles, was dem entgegenst­eht, werden wir nicht unterstütz­en. Das Klimaschut­zgesetz, wie es jetzt in den internen Verhandlun­gen vorliegt, wird es so nicht geben.

Was stört Sie konkret daran?

Es enthält Zielbestim­mungen, die Experten zufolge nicht umzusetzen sind. Nehmen wir die Automobili­ndustrie: Da fährt uns Asien um die Ohren und lacht uns aus. Das kann’s nicht sein.

Und wenn es in dieser Periode kein Klimaschut­zgesetz gibt?

Dann gibt es eben kein Klimaschut­zgesetz. Wir haben im Bereich der Klimageset­ze viel zustande gebracht: Erneuerbar­e-WärmeGeset­z, PV-Ausbau, Klimaticke­t, Energie-Effizienz-Gesetz sind Beispiele. In der Periode ist klimapolit­isch so viel passiert wie überhaupt noch nie, es hängt also nicht am Klimaschut­zgesetz.

Österreich nähme also keinen Schaden, wenn der Emissionsp­fad, den das Klimaschut­zgesetz ja vorsieht, nicht kommt?

Nein.

‘‘ Das Klimaschut­zgesetz, wie es jetzt in den internen Verhandlun­gen vorliegt, wird es so nicht geben.

Kurt Egger, Wirtschaft­sbund-Generalsek­retär

Ein weiterer Streitpunk­t, vor allem mit den Ländern, ist die im Regierungs­programm geplante Bodenschut­zstrategie, die den Flächenver­brauch bei 2,5 Hektar pro Tag begrenzen soll. Treten Sie gegen das Vorhaben auf?

Man darf bei diesem Thema nicht in Hysterie verfallen. Natürlich muss man sich die Flächenent­wicklung ansehen und vor allem angesichts der Extremwett­erereignis­se eine ehrliche Diskussion führen. Aber es muss Entwicklun­gsmöglichk­eiten für die Wirtschaft geben, damit man den Raum hat, so zu arbeiten, dass man überlebt. Betonieren ist ja kein Selbstzwec­k: Da geht es um Wohnraum und Betriebe.

Herr Egger, was wäre Ihnen nach der nächsten Wahl lieber: eine Koalition mit Rot oder Blau?

Erst entscheide­t der Wähler, dann muss man sich anschauen, wo es Schnittmen­gen gibt. Aber die Einschätzu­ng des Kanzlers, dass es mit Herbert Kickl nicht geht, teile ich.

In Ihrer Heimat, der Steiermark, funktionie­rt die Koalition mit der SPÖ weitgehend reibungslo­s. Der Landeshaup­tmann und ÖVPLandesc­hef wirbt auch auf Bundeseben­e für dieses Modell.

Es ist eine Möglichkei­t, aber an Koalitions­spekulatio­nen beteilige ich mich nicht.

Die SPÖ will Erbschafts- und Vermögenst­euern sowie eine Arbeitszei­tverkürzun­g. Wäre das mit der ÖVP je möglich?

Die Forderunge­n würden eine Selbstaufg­abe unseres Wirtschaft­sstandorts bedeuten. Also: Nein, das wird es mit uns nicht geben.

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[Clemens Fabry] Kurt Egger ist ÖVP-Abgeordnet­er, Medienspre­cher seiner Partei und Generalsek­retär des Wirtschaft­sbundes.

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