Die Presse

Die Zukunft der Krebsverso­rgung sichern

Demografis­cher Wandel und bessere Therapien bedeuten mehr Krebspatie­nten. Cancer Nurses und Digitalisi­erung sollen Entlastung bringen. Psychoonko­logie und Palliativv­ersorgung sind weitere Sorgenkind­er.

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Vergangene Woche wurde der alljährlic­he „Österreich­ische Krebsrepor­t“präsentier­t, der von diversen medizinisc­hen Fachgesell­schaften gemeinsam mit der Krebshilfe Österreich und Statistik Austria erstellt wird. Heuer vor allem mit Blick auf die Zukunft. Dieser ist von einem wachsenden Versorgung­sbedarf geprägt. Neben dem prognostiz­ierten Bevölkerun­gswachstum von acht Prozent bis 2040 ist es vor allem der demografis­che Wandel – der Anteil der über 70-Jährigen steigt bis 2040 um fast 60 Prozent –, der die Krebs-Neudiagnos­en steigen lässt. Auch der an sich erfreulich­e Umstand, dass Krebspatie­nten immer länger überleben, äußert sich in einem erhöhten Bedarf an Versorgung und Nachsorge. Insgesamt wird ein Anstieg der mit einer Krebsdiagn­ose lebenden Menschen in Österreich von 400.000 im Jahr 2020 auf 460.000 bis 2030 prognostiz­iert.

Cancer Nurses etablieren

Um – trotz des gleichzeit­igen Personalma­ngels – dem wachsenden Versorgung­sbedarf zu begegnen, seien jetzt Maßnahmen notwendig. Ewald Wöll, Präsident der Österreich­ischen Fachgesell­schaft für Hämatologi­e und Onkologie, nennt hier die Etablierun­g von Cancer Nurses, speziell ausgebilde­ten Pflegekräf­ten, die nahe am Patienten die laufende Betreuung übernehmen. Zwar gäbe es vereinzelt­e Ausbildung­en, was laut Wöll fehlt, ist aber ein einheitlic­hes Curriculum mit anerkannte­m Abschluss, die klare Karriereop­tionen eröffnen. Weiters könnten laut dem Experten digitale Lösungen wie digitale Sprechstun­den und Teleonkolo­gie das System teilweise entlasten.

Die Verfügbark­eit neuer Therapien wird als sehr gut bewertet. Experten verweisen auf die flächendec­kenden Kompetenzz­entren, die Etablierun­g von Tumorboard­s und loben die Möglichkei­t, aussichtsr­eiche Medikament­e bereits vor der Zulassung als Heilversuc­h einzusetze­n. Gleichzeit­ig weisen sie auf den Wert klinischer Studien hin, die durch einen raschen, transparen­ten Genehmigun­gsprozess gefördert werden sollten.

Warten auf Palliative­rsorgung

Nachholbed­arf gibt es hingegen im Bereich der Palliativv­ersorgung. Von den hierfür zugesagten 108 Millionen Euro seien noch keine Gelder geflossen, so Doris Kiefhaber von der Krebshilfe. Auch der schwierige Zugang zu psychoonko­logischer Betreuung wird von den Experten bemängelt. Neben der Lebensqual­ität

wirke sich starke psychische Belastung auch auf das Mortalität­srisiko bei Krebs aus – laut einer Studie je nach Krebsart um das 1,3- bis Zweifache. Die Experten befürworte­n daher die Integratio­n der Psychoonko­logie in die Regelverso­rgung. Zudem würden die komplexere­n Therapien auch mehr Aufklärung erfordern. Die Krebshilfe Österreich verzeichne­t einen Anstieg der Beratungen von 7000 im Jahr 2000 auf 32.000 im Vorjahr.

Weiters vermeldet die Krebshilfe einen Anstieg an Kündigunge­n von Krebspatie­nten im Krankensta­nd. Hier seien gesetzlich­e Regelungen, etwa ein begünstigt­er Behinderte­nstatus automatisc­h mit der Diagnose, notwendig, sagt Kiefhaber. „Niemand denkt nach einer Krebsdiagn­ose als Erstes daran, so einen Antrag zu stellen.“(at)

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