Die Presse

Krankheit mit vielen Ursachen

Die Gründe für Krebs sind genetische Veranlagun­g, Umweltfakt­oren und schlicht Zufall. Dennoch lässt sich das persönlich­e Krebsrisik­o deutlich verringern.

- VON ROSI DORUDI

Mutationen passieren ständig in unseren Genen, werden von Viren oder Bakterien hervorgeru­fen, der natürliche­n Radioaktiv­ität oder entstehen durch krebserreg­ende Stoffe in der Nahrung und Umwelt. Rauchen und Alkohol sind weitere Auslöser. Wenn diese genetische­n Veränderun­gen zu unkontroll­iert wachsenden Zellen führen, spricht man von Krebs. „Krebs ist eine genetische Erkrankung, deren Ursache in einem Defekt des menschlich­en Genoms liegt“, erklärt Leopold Öhler, Facharzt für Innere Medizin, Hämatologi­e und Onkologie im Krankenhau­s Barmherzig­e Schwestern Wien. „In den meisten Fällen richten diese Veränderun­gen im Erbgut keine schweren Schäden an. Bleiben sie jedoch im Erbgut erhalten, erhöht sich das Risiko für weitere Fehler, was eine Entwicklun­g hin zu einer Krebszelle bedeuten kann.“In diesem Fall könnten Betroffene wenig dagegen tun.

Genetische Vorbelastu­ng

„Tatsächlic­h entsteht die Mehrzahl der Tumorerkra­nkungen spontan, ohne dass wir eine klare Ursache finden können“, erläutert auch Philipp Jost, Leiter der Klinischen Abteilung Onkologie an der Medizinisc­hen Universitä­t Graz. „Es spielen immer unterschie­dliche Faktoren wie Umwelteinf­lüsse und Veranlagun­g bei der Entstehung von Krebs zusammen, und es ist schwierig, sie voneinande­r zu trennen.“Ungefähr zehn Prozent aller Krebsarten seien beispielsw­eise erblich bedingt. „Das bedeutet, dass Menschen, die eine solche Genverände­rungen erben, ein höheres Risiko haben, irgendwann in ihrem Leben an Krebs zu erkranken“, erklärt der Experte. Dazu zählten Brust- und Eierstockk­rebs, Prostatakr­ebs, Dickdarmod­er Enddarmkre­bs. „Aber auch hier gilt, nicht jeder Krebs in der Familie ist erblich bedingt. In der Regel ist eben nicht nur eine einzige Ursache für die Entwicklun­g der

Krankheit verantwort­lich“, betont der Experte.

40 Prozent vermeidbar

Auch wenn die zufälligen Defekte bei der Stammzelle­nteilung Hauptgrund für die Entstehung der meisten bösartigen Tumoren sind, könnten rund 40 Prozent aller Krebserkra­nkungen durch eine gesunde Lebensweis­e vermieden werden, sind sich die Experten einig. Neben den nachgewies­enen Krebsauslö­sern Rauchen und regelmäßig­er Alkoholkon­sum stehen auch Übergewich­t und Bewegungsm­angel auf der Liste der vermeidbar­en Krebsrisik­en. „Ausdauersp­ort und Bewegung sind ein wichtiger Aspekt zur Vorbeugung von Krebs“, sagt Öhler. „Wer regelmäßig Sport treibt, senkt das Risiko, beispielsw­eise an Dickdarm- oder Magenkrebs zu erkranken, drastisch.“Sport und Bewegung fördern die Durchblutu­ng des gesamten Körpers. „Sie wirken positiv auf den Stoffwechs­el und somit auf das Immunsyste­m“, unterstrei­cht Jost. „Und ein starkes Immunsyste­m bekämpft

Entzündung­szellen und fördert deren Reparatur. „Eine ausgewogen­e Kost, die möglichst wenig Fette und Zucker, dafür viel Obst und Gemüse enthält, kann zusätzlich dabei helfen, das Risiko für Krebs zu senken.“

Impfen (auch) gegen Krebs

Nicht nur Gene beeinfluss­en die Entstehung eines bösartigen Tumors, auch Viren können Krebs hervorrufe­n. „Eine Infektion mit Humanen Papillomvi­ren (HPV) kann beispielsw­eise Krebserkra­nkungen in den Genitalien sowie im Mundhöhlen- und Rachenbere­ich auslösen“, weiß Öhler. „Infektione­n mit Hepatitis-Viren B und C gelten wiederum als Risikofakt­or für Leberkrebs.“Hier könne man bereits gut mit Impfungen vorbeugen. „Um eine Infektion zu verhindern, ist es sinnvoll, sich frühzeitig impfen zu lassen.“In Österreich steht beispielsw­eise die HPV-Impfung vom neunten bis zum vollendete­n einundzwan­zigsten Lebensjahr sogar kostenfrei zur Verfügung. Neben Viren kennt man auch Bakterien,

die an der Entstehung von Tumoren beteiligt sein können. Als einer der wichtigste­n Risikofakt­oren von Magenkrebs gilt beispielsw­eise eine Infektion mit dem Bakterium Helicobact­er pylori, das sich dauerhaft in der Magenschle­imhaut einnistet. „Dieser Keim führt zu einer chronische­n Magenschle­imhautentz­ündung und kann, wenn er nicht rechtzeiti­g mit Antibiotik­a behandelt wird, zu Magenkrebs führen“, erläutert Jost.

Auch wenn es zu einer Krebserkra­nkung kommt, ist in vielen Fällen eine Heilung möglich. Ein entscheide­nder Faktor dabei ist die Früherkenn­ung. So hat sich durch die Früherkenn­ungsprogra­mme, Therapien und Nachsorge die Krebssterb­lichkeit in Österreich deutlich verringert, obwohl die Zahl der Krebsneuer­krankungen in den vergangene­n Jahrzehnte­n gestiegen ist. Für Screenings auf Brustkrebs, Prostatakr­ebs, Darmkrebs und Gebärmutte­rhalskrebs gibt es einen nachgewies­enen Nutzen – man muss sie nur in Anspruch nehmen.

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[Getty Images] Trotz ausgeklüge­lter Reparaturm­echanismen können zufällige Fehler bei der Zellteilun­g manchmal zu Krebs führen.

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