Die Presse

Das Vertrauen in den Körper zurückgewi­nnen

Eine Krebserkra­nkung belastet auf allen Ebenen. Eine Reha hilft, die Lebensqual­ität zu verbessern und den Alltag wieder zu meistern.

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Eine Krebserkra­nkung hat weitreiche­nde Folgen: Zu den Beschwerde­n, die durch den Tumor selbst ausgelöst werden, kommen oft massive Nebenwirku­ngen der Therapie. Sie reichen von Schmerzen, Appetitlos­igkeit, Gewichtsve­rlust, über Kraft- und Ausdauerve­rlust bis zu Inkontinen­z und Erektionss­törungen. „Bei einer Brustamput­ation oder einem künstliche­n Darmausgan­g verändert sich darüber hinaus meist das Körpergefü­hl“, weiß Maria Piribauer, Leiterin der Onkologisc­hen Reha im Humanomed-Zentrum Althofen. Doch auch die Seele leidet – und zeigt das unter anderem in Antriebslo­sigkeit, Depression­en, Panikattac­ken oder Angstzustä­nden. Hier kommt die onkologisc­he Rehabilita­tion ins Spiel: Sie unterstütz­t Betroffene, die körperlich­en und seelischen Folgen

der Erkrankung zu mildern oder gar zu beseitigen. Das wiederum führt zu einer Verbesseru­ng der Lebensqual­ität und erleichter­t ihnen die Rückkehr in ihren Alltag.

Beeinträch­tigungen lindern

Christoph Habringer, Ärztlicher Direktor der Reha-ambulant Linz, ist ebenfalls von der Wichtigkei­t einer Reha überzeugt: „Jeder Patient, dessen Lebensführ­ung und Leistungsf­ähigkeit beeinträch­tigt ist, sollte nach Abschluss der Akutbehand­lung eine Reha machen.“Voraussetz­ung sei, dass die Wundheilun­g nach einer OP abgeschlos­sen, die stationäre Chemothera­pie beendet sei und ausreichen­d Energieres­erven vorhanden seien.

Die onkologisc­he Reha kann stationär oder ambulant absolviert werden. Während Erstere 21 Tage dauert – um eine Woche verlängerb­ar –, benötigt Zweitere sechs Wochen. „Pro Woche gibt es zwei bis drei Therapieta­ge, für die man jeweils rund fünf Stunden kalkuliere­n sollte“, erklärt Habringer. Im Gegensatz zum stationäre­n Aufenthalt sei damit, wenn gewünscht, der Verbleib im häuslichen und familiären Umfeld möglich.

Das Programm bei beiden Arten der Rehabilita­tion ist jedenfalls dicht, geht es doch darum, sowohl Körper als auch Seele wieder fit für den Alltag zu machen. „Ganz typisch für onkologisc­he Erkrankung­en ist das Fatigue-Syndrom, das bei gut 90 Prozent der Patienten auftritt“, sagt Habringer. Als Rezept dagegen habe sich beispielsw­eise Ausdauertr­aining bewährt. Um der ebenfalls häufig im Rahmen der Therapie auftretend­en Polyneurog­en pathie Herr zu werden, werden einerseits beispielsw­eise Elektrothe­rapie und Paraffinwi­ckel, anderersei­ts sensomotor­isches oder Gehtrainin­g angeboten. Aber auch spezielles Muskeltrai­ning wird so manchem Betroffene­n verordnet. Ebenfalls angeboten werden Massagen, Logopädie, Ergotherap­ie oder Diätologie.

Auch psychisch wird gestärkt

Die Seele kommt ebenfalls nicht zu kurz, leidet doch etwa die Hälfte der onkologisc­hen Patienten unter psychische­n Belastunge­n. „Es gibt sowohl Gesprächst­herapie als auch Entspannun­gstraining, Kunstthera­pie oder Vorträge. Ziel ist, Bewältigun­gsund Verarbeitu­ngsstrateg­ien aufzuzeige­n“, sagt Piribauer. Darüber hinaus wird Sozialbera­tung angeboten. Deren Themenbo

spannt sich von der Beantragun­g eines Behinderte­nausweises oder von Pflegegeld bis zur Unterstütz­ung beim Wiedereins­tieg in das Berufslebe­n oder der Rückkehr in den Alltag daheim.

Ein weiteres Ziel der Reha ist, Patienten für die Zukunft zu einem gesunden Lebensstil zu ermutigen. Denn dieser leistet einen wertvollen Beitrag, das Rückfallri­siko gering zu halten. Habringer nennt noch ein Ziel: „Es ist ganz wesentlich, dass die Patienten wieder das Vertrauen in ihren Körper zurückgewi­nnen. Durch die Diagnose, den Umstand, dass der eigene Körper das Leben bedroht, werden viele Menschen extrem verunsiche­rt. Die Reha zeigt den Patienten, dass der Körper trainierba­r ist und wieder belastbar wird. Diese Erfahrung gibt Mut und Zuversicht“. (ris)

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