Wer fährt eigentlich noch Ski?
Ist Österreich noch immer eine Skination? Der Nachwuchs wird trotz Teuerung und Klimawandel so schnell jedenfalls nicht ausbleiben.
Eigentlich ist alles angerichtet für die Semesterferien. Im Gegensatz zum Vorjahr brauchen sich die heimischen Skiliftbetreiber nicht permanent für grüne Pisten zu rechtfertigen – den tiefen Temperaturen der vergangenen Wochen sei Dank, die Schneekanonen tragen das Ihrige dazu bei. Die Hoteliers in Österreichs Wintersporthochburgen berichten über eine gute Buchungslage. Allen Personalengpässen zum Trotz sei man gut gerüstet für die Semesterferien. Diese sind für die Liftbetreiber die wichtigsten Wochen des Jahres.
Skifahren boomt wie lang nicht. Trotz überproportional stark steigender Preise (plus 12,2 Prozent im Vorjahr bei Hotellerie und Gastronomie) stehen die Vorzeichen auf volle Gondeln, Pisten und Hütten wieder gut. Und doch befindet sich die Branche langfristig am Scheideweg: einerseits, weil der Klimawandel vor allem von niedrig gelegenen Skigebieten das Geschäftsmodell gefährdet. Andererseits geht bei vielen die Sorge um, dass dem heimischen Wintertourismus der Nachwuchs abhandenkommt.
1 Fahren wirklich immer weniger junge Menschen in Österreich Ski?
Die Jungen hätten keine Lust mehr aufs Skifahren, heißt es immer wieder. Zum Einen seien es ökologische Überzeugungen, die die Generation Z (Jahrgänge 1994 bis 2010) vom
Skifahren abhalten würden, zum anderen ein steigender Migrationsanteil und explodierende Kosten. Aber stimmt das überhaupt?
In den Skigebieten will man von sinkenden Nachwuchszahlen nichts wissen. Im mehr als zwei Dutzend Skigebiete fassenden Tourismusverbund Ski Amadé sei die Zahl von Kinder-, Schüler- und Jugendtickets im Vergleich zu vor der Pandemie sogar leicht gestiegen, sagt Ski-Amadé-Chef Christoph Eisinger zur „Presse“. Rund ein Viertel der Gäste sei unter 19 Jahre alt, seit mehr als zehn Jahren sei dieser Anteil recht konstant. Ähnliches berichten andere große Skigebiete.
Und was sagt die Forschung dazu? „Dass die Jüngeren ausbleiben, ist ein Mythos, der sich in den Zahlen nicht widerspiegelt“, sagt Tourismusforscher Klaus Grabler vom Marktforschungsinstitut Manova. 52 Prozent der 14- bis 25-Jährigen fahren mindestens einmal jährlich Ski, hat nun eine österreichweite Manova-Studie ergeben – im Westen Österreichs noch deutlich mehr als im Osten.
„Die Werte bei den Jungen sind höher als in allen anderen Alterskohorten“, so Grabler. Anstatt sich um den Nachwuchs zu sorgen, gelte es für die heimischen Skigebiete eher, die Älteren als finanzstarke Gäste zu halten. „Skifahren ist noch immer ganz stark ein Familiensport. Werden die Kinder zu alt für den gemeinsamen Winterurlaub, hängen auch viele Eltern ihre Ski an die Wand.“
Dass es die Jungen – egal, ob im Sommer oder im Winter – tendenziell wieder vermehrt in die Berge zieht, ist ein nachhaltiger Trend, der sich seit der Corona-Pandemie in vielen Untersuchungen widerspiegelt.
2 Welche Rolle spielen Schulskikurse, um die Jungen auf die Pisten zu bringen?
„Um die Jugend auch in Zukunft für den Skisport zu begeistern, sind unsere traditionellen Schulskikurse von entscheidender Bedeutung“, sagte Tourismus-Staatssekretärin Susanne Kraus-Winkler. Dadurch gelinge es, „die Skitradition als Volkssport in Österreich fortzuführen“.
Tatsächlich sind Schulskikurse ein wichtiges Vehikel, um die Jungen nachhaltig auf die Piste zu bringen, zeigen Untersuchungen. Zwar ging die Zahl der traditionellen Schulskikurse in den 1990er- und frühen 2000erJahren deutlich zurück, seither fahren aber wieder mehr Schulklassen auf Wintersportwochen. Waren im Schuljahr 2010/2011 rund 133.000 Kinder für Skischulkurse gemeldet, waren es in der Saison 2018/19 knapp 160.000 – das entspricht rund 14,5 Prozent aller Schüler (siehe Grafik).
Selbstläufer sind die steigenden Skikurszahlen aber keiner. Dass es mit den Skikurszahlen wieder bergauf geht, lassen sich Bund und Länder einiges kosten. In allen Bundesländern gibt es länderspezifische Förderprogramme, um Skikurse leistbar zu halten. Durch Gratisliftkarten konnte man etwa in Oberösterreich die Schulskikurse im eigenen Bundesland seit 2009 um 70 Prozent steigern.
Ähnliche Förderprogramme gibt es auch in allen anderen Bundesländern.
„Wir sprechen hier von einem riesigen heimlichen Förderpaket für die heimischen Tourismusbetriebe“, sagt Wifo-Ökonom Oliver Fritz. Volkswirtschaftlich habe es aber jedenfalls Sinn, Jugendliche schon während der Schulzeit an den Wintersport heranzuführen. Immerhin trägt der Wintertourismus mit einer Wertschöpfung von rund 6,7 Mrd. Euro wesentlich zur heimischen Wirtschaftsleistung bei.
3 Wie wirken sich die hohen Preise auf die Skigebiete aus?
Für Verwunderung sorgt bei vielen, dass Skigebiete von Ost- bis Westösterreich trotz überproportional hoher Preissteigerungen restlos ausgebucht sind. „Skifahren war schon immer ein Sport für jene, die es sich leisten können“, sagt Wifo-Ökonom Fritz. In den Buchungsdaten zeige sich jedoch, dass vor allem Familien vermehrt vergleichsweise günstige Ferienwohnungen statt Hotels buchen.
Zudem würden viele bei Nebenausgaben sparen, etwa beim Essen in der Skihütte. Das wiederum könnte vielen Hüttenwirten zum Verhängnis werden, die wegen Personalengpässen immer öfter auf Selbstbedienung umstellen.
4 Wie schaut das Verhältnis zwischen einheimischen und ausländischen Gästen aus?
Dass die österreichischen Skigebiete heuer auf einen Rekordwinter zusteuern, liegt auch an einer Zunahme ausländischer Gäste. Deren Anteil auf Österreichs Pisten nahm in den vergangenen Jahren kontinuierlich zu. Vor allem in den großen Skigebieten in Salzburg und Tirol liegt der Anteil ausländischer Gäste zum Teil bei über 90 Prozent. Je weiter östlich, desto größer ist der Anteil österreichischer Skifahrer. Aber auch hier nimmt die Zahl ausländischer Gäste zu – v. a. aus Osteuropa, wo das Lohnniveau in den vergangenen Jahren deutlich aufgeholt hat und längst mehr Touristen als Saisonarbeiter kommen.
Zwar steigt auch die absolute Zahl der einheimischen Skifahrer, tendenziell zieht es aber immer mehr Österreicher über die Wintermonate ins Ausland – auch, weil die Preise in vielen europäischen Tourismusregionen in den letzten Jahren weniger stark als hierzulande gestiegen sind.