Freiheitliche Hardlinerin der Worte
Dagmar Belakowitsch sitzt seit 17 Jahren für die FPÖ im Parlament und sorgt dort immer wieder für Irritationen. Die Kickl-Vertraute gilt als mögliche zukünftige Gesundheitsministerin.
So, wie die Geschichte von Dagmar Belakowitschs Politisierung beginnt, hätte sie eigentlich auch bei den Grünen landen können. Es war das Jahr 1978, das Jahr der Abstimmung über das Atomkraftwerk Zwentendorf. Damals habe sie als Zehnjährige begonnen, sich Gedanken über Atomkraft zu machen und Nachrichten zu konsumieren, sagt sie heute. Dass alles anders gekommen, Belakowitsch der FPÖ beigetreten ist, sie seit 17 Jahren für diese im Nationalrat sitzt und nun als mögliche Gesundheitsministerin im Fall einer blauen Regierungsbeteiligung gehandelt wird, das hat mit einem aufgebrochenen Autoschloss zu tun. Und mit Nudelsalat.
Anfang der 1990er-Jahre, Jörg Haider hatte gerade das „Antiausländervolksbegehren“initiiert, war Belakowitsch mit dem Auto auf dem Weg zu einer Party. Sie stieg aus und brachte den mitgebrachten Nudelsalat ins Haus. Als sie zurückkam fand sie das Autoschloss geknackt vor. Sie entschied, „dass es so nicht weitergehen kann in diesem Land“, und trat in die FPÖ ein. So weit ihre eigene Erzählung. Nachzulesen ist das kaum irgendwo. Obwohl die heute 55-Jährige schon so lang politisch aktiv ist und stets als eine der engsten Vertrauten der FPÖ-Chefs gilt, existieren über sie nur wenige Porträts.
Dabei fällt die Wienerin immer wieder auf, sorgt für Irritationen und Schlagzeilen. Im Parlament etwa, wenn sie lautstark, wild gestikulierend, mit deftiger Wortwahl ihre Reden hält. Schon relativ zu Beginn ihrer Zeit im Nationalrat kam es zu einem Eklat, als die studierte Medizinerin zur Vorsitzenden des Gesundheitsausschusses gewählt werden sollte. Die übrigen Fraktionen erkannten zwar den Anspruch der FPÖ auf den Vorsitz an, kritisierten aber, dass Belakowitsch sich in einer Rede implizit dafür ausgesprochen habe, Ausländern eine schlechtere medizinische Versorgung angedeihen zu lassen. Die SPÖ verließ aus Protest geschlossen den Sitzungssaal, Belakowitsch wurde mit den Stimmen von ÖVP, FPÖ und BZÖ dennoch zur Ausschussvorsitzenden gewählt.
In ihrer Familie ist sie übrigens nicht die einzige Blaue. Auch ihr jüngerer Bruder Hans-Jörg Jenewein war ehemals FPÖ-Abgeordneter, ihr Ehemann war früherer Sprecher des Dritten Nationalratspräsidenten Norbert Hofer.
Kickls Vorschlag
Als die FPÖ 2017 schließlich unter Parteichef Heinz-Christian Strache in die Regierung einzog, soll Herbert Kickl sie als Gesundheitsministerin vorgeschlagen haben. Schlussendlich wurde das aber Beate Hartinger-Klein. Freundinnen sollen die beiden nicht geworden sein, heißt es in Parlamentskreisen. Die der Partei gegenüber als absolut loyal geltende Belakowitsch soll nach Hartinger-Kleins Amtszeit stillschweigend begonnen haben, deren Fehler auszubügeln.
Dann kam die Pandemie und mit ihr jene Zeit, in der die nunmehrige blaue Sozialsprecherin zu einer Art Galionsfigur der Proteste gegen die Corona-Maßnahmen und die Impfung wurde. Aus dieser Zeit stammen Zitate wie, dass niemand wisse, „wie der Schutz dieser Impfung tatsächlich ist und ob diese Impfung tatsächlich wirkt“. Oder, dass „nicht die Ungeimpften unsere Krankenhäuser zuhauf füllen“, sondern „ganz, ganz viele Geimpfte, die aufgrund eines Impfschadens behandelt werden müssen“. Über diese Aussage herrschte Fassungslosigkeit, zeigten die vorliegenden Zahlen doch Gegenteiliges. Das Thema Corona emotionalisiert Belakowitsch immer noch. „Der Tag, an dem die Impfpflicht beschlossen wurde, war einer der schlimmsten Tage in meinem Leben“, sagt sie. Die zweifache Mutter ist bis heute ungeimpft, die Impfpflicht Geschichte.
„Gekonnter Rollenwechsel“
Die Gesundheitssprecher anderer Fraktionen kritisierten diese Haltung stark. Als Verschwörungstheoretikerin tun sie Belakowitsch aber nicht ab. „Man kann mit ihr streiten. Ich habe nicht das Gefühl, dass es verhallt, wenn man mit ihr redet“, so Neos-Sozialsprecher Gerald Loacker. Andere erklären, sie könne austeilen, aber auch einstecken. Im persönlichen Kontakt sei sie durchaus humorvoll und „zeitweise“sympathischer als am Rednerpult. Von „zwei Gesichtern“oder einem „gekonnten Rollenwechsel“ist die Rede. Auf die Fragen der „Presse“antwortet die blaue Mandatarin bereitwillig, teilt aber unverhohlen mit: „Ich habe noch nie etwas von Medien und Journalisten gehalten. Ich habe damit keine guten Erfahrungen gemacht.“Die Identitären? Da hält sie es wie Kickl: Sie seien eine Art rechte NGO. „Das sind zum Teil junge Leute, die Aktionen machen, bei denen sie niemanden verletzen. Manchmal haben sie ganz witzige Ideen: Wo bedrohen die unsere Demokratie?“
Und was würde sie tun, wenn sie eine politische Maßnahme sofort umsetzen könnte? „In den Pflegebereich reingehen, eine Ausbildungsoffensive starten, wieder auf das alte System umsteigen, mit Taschengeld und Wohnmöglichkeit während der drei Jahre Ausbildung. Das hat gut funktioniert.“