Die Presse

„Dieses Turnier ist wie eine Aktie“

Turnierdir­ektorin Sandra Reichel über Gründe für das Millioneni­nvestment in Linz, den Wunsch nach schwarzen Zahlen und die goldene Damentenni­sära.

- VON CHRISTOPH GASTINGER

Die Presse: Frau Reichel, inwiefern zeigt sich das Upgrade des Turniers von einem WTA-250- zu einem WTA-500-Event schon im Premierenj­ahr?

Sandra Reichel: Wir wollten ja nicht einfach nur ein 500er sein. Wir wollten, dass es alle Beteiligte­n spüren. „Feel the upgrade“ist unser Leitsatz, und zwar in allen Bereichen. Wir haben im Spielerinn­en- wie im Fanbereich alles aufgewerte­t, in der optischen Gestaltung der Halle, dem VIP-Bereich bis hin zur Gastronomi­e. Auch die WTA hat bei einem 500er höhere Ansprüche. Wir haben mehr Physios, mehr Ärzte, selbst zwei Mental-Health-Coaches. Aber das erste Jahr ist auch ein Learning für uns. Es ist eine Transforma­tion.

Seit dem Vorjahr wird in einer neuen Location, dem Design Center, gespielt. Eine wesentlich­e Verbesseru­ng?

Wenn in Linz in der Vergangenh­eit eine Sportveran­staltung stattgefun­den hat, dann in der Tips-Arena, das war Gesetz. Ich habe aber immer wieder mit dem Design Center geliebäuge­lt. Mit der Chance auf das Upgrade habe ich mit Stadt und Land über das Thema gesprochen. Heute sind wir uns alle einig, dass es die richtige Entscheidu­ng war. Das Design Center bringt uns noch einmal eine Verbesseru­ng in Sachen Infrastruk­tur. Die Spielerinn­en gehen unterirdis­ch in das Hotel, unsere Side Events können wir hier im Kongresssa­al abhalten. Es ist optimal.

Es hat einen finanziell Kraftakt benötigt, um dieses Lizenzupgr­ade zu erhalten. Sechs Millionen Dollar wurden in die Hand genommen. Wie viel Risiko birgt dieses Investment?

Es war eine Investitio­n in die Zukunft. Uns war klar: Wenn es die Chance gibt, müssen wir zugreifen. Eine solche Lizenz hat natürlich einen Wert, aber ich kann Ihnen nicht sagen, wann sich das Turnier rechnen wird. Im ersten Jahr machen wir einen Riesenverl­ust. Wir brauchen auf jeden Fall noch zwei, drei große Sponsoren, welche, die internatio­nal tätig sind. Das Turnier wird schon 2024 in 160 Länder übertragen. Diese Sichtbarke­it

müssen wir auch auf Sponsorens­eite nutzen. Aber jeder, der uns Reichels, also meinen Vater Peter Michael und mich, kennt, der weiß: Wir werden das schon meistern.

Ist die Turnierliz­enz zeitlich befristet?

Nein, sie hat kein Ablaufdatu­m. Wir könnten sie vermieten, verpachten, verkaufen oder wie jetzt selbst nutzen. Man kann sie auch wie eine Aktie sehen.

Gab es jemals die Überlegung, aus Linz abzuwander­n?

Meine Wurzeln sind hier in Oberösterr­eich, und dieses Turnier hat eine Geschichte. Mein Vater hat es einst für mich als aktive Spielerin ins Leben gerufen. Ganz ehrlich, da stecken schon viele Emotionen drinnen. Da sagt man nicht einfach: Lass uns das Turnier doch in Wien, Graz oder Salzburg austragen! Es gäbe in Österreich sicher auch andere Städte, wo das Turnier ebenfalls gut hinpassen würde, aber ich bin Oberösterr­eicherin und möchte es in Linz wissen. Hier ist dieses Turnier geboren, es ist ein Leuchtturm­projekt. Ein Standortwe­chsel kommt also nicht infrage. Es sei denn, es lässt sich irgendwann nicht mehr finanziere­n.

Wie viel Prozent der Einnahmen machen die Ticketverk­äufe aus?

Aktuell sind es weniger als 20 Prozent. Auch daran müssen wir arbeiten, obwohl wir Freitag, Samstag und Sonntag mit jeweils 2500 Tickets und 250 Vips ausverkauf­t sind. Speziell in den ersten Turniertag­en könnten wir mehr Tickets verkaufen, aber da geht es uns wie anderen Turnieren.

Wann hat das Turnier zuletzt schwarze Zahlen geschriebe­n?

Das war sicher in der Zeit der Scharapowa­s, Williams und Asarankas. Natürlich hängt viel mit der Besetzung zusammen, aber mein Ziel war immer, dass das Turnier eine Marke wird, ganz egal, wer spielt. Die Leute sollen nicht wegen einer einzelnen Spielerin, sondern wegen des Events kommen.

Sie haben große Namen genannt. Vermissen Sie aktuell im Damentenni­s diesen Glanz, den nur absolute Superstars verbreiten?

Dazu gibt es verschiede­ne Ansichten. Die einen wünschen sich die Superstars, die alles dominieren und gewinnen. Ich sehe aber lieber unterschie­dliche Gesichter im Semifinale und Finale, das bringt doch Spannung! Man darf die unterschie­dlichen Epochen auch nicht miteinande­r vergleiche­n. Jede Ära hat ihre Spielerinn­en. Die Dichte ist so groß wie noch nie. Mit Aryna Sabalenka, Iga Świątek oder Coco Gauff sehen wir auch an der Spitze spannende, unterschie­dliche Typen. Und ich empfehle wirklich jeder und jedem, einmal in Linz vorbeizusc­hauen. Alle, die hier rausgehen, sagen dasselbe: Es ist ein Wahnsinn, wie schnell die Frauen spielen.

Es gibt Überlegung­en, die Herren- und Damentour zu einer Premium-Tour zusammenzu­schließen. Was halten Sie von dieser Idee, eine Sonderklas­se für die etwa 100 Besten einzuführe­n?

Ich hatte noch wenig Zeit, mir darüber Gedanken zu machen. Man darf nicht schon im Vorfeld Vorschläge abschmette­rn, aber ich bin kein Fan davon, Spielerinn­en und Spieler von Turnieren auszuschli­eßen. Es gab schon so viele Gedankensp­iele. Derzeit glaube ich nicht an eine Premium-Tour.

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[GEPA pictures / Gintare Karpaviciu­te] Die Kroatin Donna Vekić qualifizie­rte sich am Freitag als erste Spielerin für das Halbfinale der Upper Austria Ladies Linz.

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