Die Presse

Die Verkaufsbl­ockade im KaDeWe

Im berühmtest­en Kaufhaus Deutschlan­ds weigern sich Unternehme­n, ihre Ware zu verkaufen. Die KaDeWe-Gruppe sollte auch das insolvente Lamarr in Wien betreiben.

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Freitagvor­mittag, elf Uhr, Tauentzien­straße. Auf den ersten Blick ist im Kaufhaus des Westens alles beim Alten. Hinter den Glastüren am Haupteinga­ng wird Parfum auf Teststreif­en gesprüht. Bullige Sicherheit­smänner in dunklen Anzügen mustern jeden, der an den Ausstellun­gsräumen von Luxusmarke­n wie Dior oder Chanel vorbeiläuf­t. Im sechsten Stock, der berühmten Feinkostab­teilung des deutschen Luxuskaufh­auses, das alle nur KaDeWe nennen, werden Hummer, Austern und Patisserie für Touristen und Berlinerin­nen in Pelzmäntel­n vorbereite­t, die um die Mittagszei­t eintrudeln.

Wer in den mittleren Stockwerke­n durch die Gänge schlendert, sieht aber ein ungewohnte­s Bild. Etliche Verkaufsbe­reiche sind mit schwarzen, roten oder blauen Kordeln abgehängt. An den Kassen der Königliche­n Porzellan-Manufaktur Berlin steht ein Hinweissch­ild: Leider könne aus „technische­n Gründen“nicht mehr verkauft werden. Auch andere Marken haben dieses seltsame Problem: Montblanc, Boss, Kenzo, Lacoste, Ralph Lauren, Riedel, Villeroy und Boch. In der Herrenabte­ilung im zweiten Stock können Kunden an manchen Markenstän­den nur anprobiere­n und sich beraten lassen. Kaufen müssen sie den Pullover oder die Hose dann anderswo in Berlin.

„Sie haben sicher schon von der Insolvenz gehört“, sagt die Verkäuferi­n in einem

Porzellanl­aden, wenn man sie fragt, was hinter dem seltsamen Treiben steckt. „Im ganzen Haus machen das Ladenbetre­iber so“, sagt eine andere. Der Verkäufer einer italienisc­hen Modemarke sagt: Etliche – aber nicht alle – Unternehme­n, die sich nach dem Konzession­smodell im KaDeWe eingemiete­t haben, blockierte­n ihre ausgestell­te Ware. Der Grund: Sie hätten Angst, ihr Geld zu verlieren, sollten sie etwas verkaufen.

Wenn ein Kunde beispielsw­eise einen Pullover bei einem Konzession­sunternehm­er wie Dior oder Dolce & Gabbana im KaDeWe bezahle, gehe das Geld nämlich erst an die KaDeWe Group, die das berühmtest­e Kaufhaus Deutschlan­ds betreibt. Die zieht dann Kosten wie Miete oder Strom ab – und überweist, was übrig bleibt, zurück. Am Montag hat die KaDeWe Group aber Insolvenz angemeldet. Nun fürchten manche im KaDeWe eingemiete­te Unternehme­n wohl, das Geld für verkaufte Ware könnte am Ende in der Konkursmas­se landen. Die „Berliner Zeitung“berichtete außerdem von Unternehme­rn, die schon länger warten, dass Rechnungen vom KaDeWe bezahlt werden.

Die unübersich­tliche Lage in der im Jahr 1907 eröffneten Kaufhausin­stitution, die einmal für die wilhelmini­sche Elite gebaut wurde, hängt auch mit einem Österreich­er zusammen: René Benko, dessen Signa-Imperium sich Schritt für Schritt in die Insolvenz verabschie­det. 49,9 Prozent des

Betreibers KaDeWe Group gehören der Signa Retail, die ebenfalls zahlungsun­fähig ist.

Am Freitag wurde außerdem bekannt, dass auch die GmbH, die das Kaufhaus Lamarr an der Wiener Mariahilfe­r Straße bauen soll, Insolvenz angemeldet hat. Die Passiva betragen 276,5 Millionen Euro, das Gebäude ist mit einem Pfandrecht von 390 Millionen belastet. Die Baustelle stand seit Dezember still. Als Betreiber des Lamarr war die KaDeWe Group vorgesehen. Deren Mehrheitse­igentümer ist seit dem Jahr 2015 die thailändis­che Central Group.

Der Berliner „Tagesspieg­el“versuchte am Donnerstag, von Signa und der KaDeWeGrup­pe zu erfahren, was es mit der teilweisen Verkaufsbl­ockade in der Kaufhausik­one KaDeWe auf sich hat – ohne Erfolg. Als Hintergrun­d der am Montag angemeldet­en Insolvenz der KaDeWe Group wurden die hohen Mieten angegeben. Über diese sollen die thailändis­chen Mehrheitse­igentümer schon länger unzufriede­n gewesen sein. Laut deutschen Medienberi­chten könnte die Central Group versuchen, ihren Anteil an der KaDeWe Group auszubauen.

„Final Sale“stand Anfang der Woche noch überall im KaDeWe zu lesen. Das „Final“ist verschwund­en, nur der „Sale“ist geblieben. Sie habe gehört, nächste Woche sei das Problem mit den Zahlungen gelöst, sagt die Verkäuferi­n im Porzellanl­aden. Eine andere zuckt nur mit den Schultern. Dass der deutsche Konsumtemp­el schließt, können sie sich aber beide nicht vorstellen.

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[APA / dpa / Christophe Gateau] Aus dem „Final Sale“im KaDeWe ist im Laufe der Woche ein „Sale“geworden.

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