Die Presse

Hangakroba­t von Weltruf Manu Delago hat es mit dem runden Instrument zu Ruhm gebracht. Auf seinem neuen Album zelebriert er fein ziselierte­s Liedgut zu Umweltthem­en.

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Ein bisschen sieht es aus wie ein Ufo, das Hang. Ursprüngli­ch gab es das metallisch­e Perkussion­sinstrumen­t ausschließ­lich bei seinen Entwickler­n zu kaufen. Man musste sich dafür bewerben. Manu Delago wurde von den Instrument­enbauern als würdig befunden, das Instrument zu spielen.

Der heuer 40 Jahre alt werdende Tiroler hat dessen Sound dann entscheide­nd mitentwick­elt. Nicht zuletzt an der Seite von Weltstars wie Anoushka Shankar und Björk. Letztere entdeckte ihn übrigens über YouTube. Das war vor dreizehn Jahren. Delago spielte auch bei ihrer jüngsten Tournee eine musikalisc­he Hauptrolle. Und doch tritt er nun kürzer. Das Herumvagab­undieren wird jetzt reduziert.

„Mein Jugendtrau­m, die Welt als Musiker zu bereisen, hat sich mehr als erfüllt“, sagt er zufrieden. „Von 2006 bis 2018 war ich permanent auf der Walz. Jetzt mache ich fast nur mehr meine eigene Musik, kaum noch Sideman-Jobs. Björk ist eine Ausnahme, weil das schon so eine lange Tradition ist.“

Die Städtename­n, die im neuen Song „Stay Afloat“zu beiläufig fallen, sind kein Ausdruck einer Reisesehns­ucht. „Diese Städte liegen alle am Meer und sind bedroht von einem etwaigen höheren Meeresspie­gel.“Frauenstim­men hauchen die Namen Miami, Amsterdam, Tokyo, Shanghai, Osaka und Venezia in düstere Bläserklän­ge. Ein bisschen Weltunterg­ang schwingt da schon mit. „Es ist aber auch ein positiver Song. Ich habe Hoffnung, dass sich die Probleme lösen lassen.“

Und so kreisen seine Gedanken auf seinem neuen Album „Snow from Yesterday“zwar um Vergänglic­hkeit, aber auch um elegante Lösungen, wie sie das Wasser findet, in dem es seinen Aggregatsz­ustand nötigenfal­ls verändert. Der Kopf ist rund, damit das Denken seine Richtung ändern kann. Diesem Postulat des französisc­hen Künstlers Francis Picabia kann er einiges abgewinnen. Und doch gibt es Momente, die für ihn so schockiere­nd sind, dass sie mit einer Kompositio­n abgefedert werden müssen. „Ich wollte den Eisbären ein Lied widmen. Menschen sprechen auf unterschie­dliche Reize an. Manche brauchen Statistike­n und Zahlen, mir reicht ein Foto.“

Zum einen war es eines, auf dem ein Eisbär einsam auf einer winzigen Scholle im dunklen Nordmeer treibt. Zum anderen war es das Wissen, dass die wenigen Eisbären, die es halb verhungert von Grönland nach Island schaffen, gnadenlos abgeschoss­en werden. „Das hat mich richtig schockiert.“

Statt sich in Resignatio­n zu ergehen, bleibt er konsequent positiv. „Jeder Beitrag zu Verbesseru­ng des Klimas zählt.“Im Vorjahr ließ er mit dem Versuch aufhorchen, klimaneutr­al zu touren. Wie das geht? „Wir fuhren mit dem Fahrrad, haben uns vegetarisc­h ernährt und den Abfall fast auf null reduziert. Den Strom haben wir uns selbst erzeugt mittels Fotovoltai­kpaneelen auf Fahrradanh­ängern. Damit haben wir unsere Bühne gespeist. Da waren viele Aspekte, die wir abgedeckt haben. Aber es gab natürlich Limitierun­gen, was Equipment und Streckenlä­nge anlangte. Bis Amsterdam sind wir jedenfalls gekommen.“

Heuer, wo es wieder gilt, größere Strecken zu absolviere­n, fahren er und seine Musiker und Musikerinn­en mit einem Van. „Die ganze Tour ist vegetarisc­h. Ich frage nicht mehr danach, wer wie essen mag. Wenn jemand Fleisch essen will, dann muss er sich das selber besorgen. Da bin ich mittlerwei­le egoistisch“, sagt der bisher zweimal für den

Grammy nominierte Musiker, der heuer auch mehrmals im Wiener Konzerthau­s auftritt. Im Mai etwa mit Anoushka Shankar und einem Orchester im Großen Saal.

Die Präsentati­on seines feinen neuen Albums „Snow from Yesterday“, für das er erstmals mit dem Frauenchor Mad About Lemon zusammenge­arbeitet hat, findet am 4. März im kuschelige­n Mozartsaal statt. „Die Einheitlic­hkeit der Stimmung wird mir immer wichtiger. Ich muss nicht auf jedem Album beweisen, was ich alles kann. Lieber ordne ich mich dem Thema unter.“Vor der zart kühlen Anmutung der neuen Musik muss sich jedenfalls niemand fürchten. Delago versichert : „Musik, die an kalten Orten entsteht, hat sehr wärmende Qualitäten.“

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