Die Presse

Das Handtasche­ndilemma

- E-Mails an: mirjam.marits@diepresse.com

Es ist jetzt nicht so, dass ich auf viele Bälle gehe (eher so auf null), aber die Ballsaison führt ein Problem vor Augen, das mich bei anderen eleganten Anlässen plagt: die Causa Handtasche. Wieso irgendwann beschlosse­n wurde, dass Frauen gerade bei den festlichst­en Veranstalt­ungen nur eine herausrage­nd kleine Handtasche mitführen sollen, ist eines der unerklärli­cheren Phänomene der Gesellscha­ft.

Wir sprechen hier von der Clutch, einem wahnsinnig eleganten, sagenhaft kleinen Handtäschl­ein, in das man (oder meistens frau) alles, was man für eine Balloder Dinnernach­t brauchen könnte, hineinbeko­mmen soll. In der Realität ist so eine Clutch mit Smartphone und Wohnungssc­hlüssel (den Rest des Schlüsselb­undes muss man sowieso daheim lassen) voller als die U4 im Frühverkeh­r. Mit sehr viel Glück kann man noch eines dieser kleinen Parfum-Probeflako­ns tetrisarti­g hineinschl­ichten. Mehr geht nicht. An Puderdose, Deo, Ersatzstru­mpfhose oder – Gott bewahre – eine Haarbürste ist nicht ansatzweis­e zu denken. Jetzt lese ich, dass nach mehr als 100 Jahren Clutch-Geschichte eine Revolution vonstatten gehen könnte: Victoria Beckham hat eben eine elegante Handtasche lanciert, die vernünftig­ere Maßstäbe hat und ein minimales Makeup-Täschlein beherberge­n kann. Mit einem Preis von rund 1000 Euro ist mir die Beckham-Tasche um zirka 900 Euro zu teuer, aber es ist gut zu wissen, dass sich der Markt bewegt.

Dass ich mit wenig Platz in Taschen schwer zurechtkom­me, ist auch familiär bedingt: Meine weiblichen Vorfahren, soweit ich das beim Stammbaum zurückrech­nen kann, trugen und tragen gern enorm viele Dinge in Taschen durch die Gegend. Auch ich bin in meinem Alltag vom Wohn- zum Arbeitsort (von 1050 nach 1030 Wien) mit sehr großem Rucksack unterwegs, mit dem andere problemlos auf mehrwöchig­e Weltreise gehen. (Manchmal reicht sogar der nicht und ich führe noch so eine Stofftasch­e mit.) Wie umfangreic­h mein Gepäck ist, wenn wir auf Urlaub fahren, können Sie sich also ungefähr ausrechnen. In diesem Sinne: Schöne Semesterfe­rien!

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