Die Presse

Digitale Augen auf dem Schlitten Beim Rodeln Feedback zu geben ist schwierig – zu minimal sind die Bewegungen, zu schnell saust das Sportgerät im Eiskanal vorbei. Ein neues System mit Sensoren soll das ändern.

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Darüber nachgedach­t, so etwas zu entwickeln, hätten schon viele in seinem Sport, sagt Rupert Staudinger. Nur gemacht habe es noch keiner. Die Rede ist von einem digitalen Feedbacksy­stem, das während der Fahrt wichtige Daten zur Körperposi­tion erfasst. Denn beim Rodeln steuert man den Schlitten durch feinste Gewichtsve­rlagerunge­n des Oberkörper­s, Zug an den Haltegriff­en und Beindruck an den Hörnchen, dem Aufbug der Kufen. All das ist von außen bei Geschwindi­gkeiten von mehr als 100 km/h kaum erkennbar. Konkrete Hinweise im Training zu geben ist daher schwierig. „Eigentlich bewertet man mehr die Folgen eines Fehlers, also wenn sich die Fahrlinie ändert, und weniger, warum es dazu gekommen ist“, schildert Staudinger.

Der zweifache Olympiatei­lnehmer im Rennrodeln und angehende Sportwisse­nschaftler, der bei Salzburg Research als Nachwuchsf­orscher arbeitet, hat das Thema für seine Masterarbe­it angepackt. Auf Anregung des deutschen Bob- und Schlittenv­erbands, wie er betont, bei dem er auch selbst Trainer ist. Künftig sollen Sensoren sehen, was der Mensch mit freiem Auge nicht wahrnehmen kann, wünscht sich der gebürtige Bayer. ob ein Schuh zum Fuß passt. In einem anderen Projekt wurde ein Kamerasyst­em für zu Hause entwickelt, vor dem man Fitnessübu­ngen machen kann: „Über unsere Algorithme­n wurde bewertet, ob Übungen wie Kniebeugen aus physiologi­scher

Schultern des Athleten am Schlitten befestigt, zwei an den Haltegriff­en und zwei an den Hörnchen. Und so gleicht die Rennrodel, mit der Staudinger für Großbritan­nien bei Olympia 2022 in Peking teilgenomm­en hat, momentan mehr einem Hightech-Analyseger­ät als einem Sportartik­el. Denn bevor es irgendwann auf die Rennstreck­e geht, wird im Labor getestet. Profisport­ler Staudinger wirkt dabei selbst als Proband, liegt auf der Rodel und steuert sie durch einen fiktiven Eiskanal. Lenken sei eine Ganzkörper­bewegung mit feinen, perfekt aufeinande­r abgestimmt­en Bewegungen, erklärt er. sieht. „Im Labor habe ich es aber schon ausprobier­t, es ist schon sehr beeindruck­end.“

Wann die Innovation den Weg in die Praxis finden wird, ist noch offen. „In der Forschung steht man sonst auf den Schultern von Riesen, nur die gibt es im Rodelsport noch nicht. Wir bewegen uns auf der grünen Wiese“, sagt Kremser. Der nächste Schritt soll eine Feldstudie im Eiskanal sein, bei der man jedoch mit ganz anderen Herausford­erungen als im Labor rechnet. „Es ist wesentlich kälter und feuchter, dazu kommen die Vibratione­n auf dem Eis“, so Kremser. Zudem brauche man noch eine kleinere, mobile Lösung für das Messsystem – hier könnte man aber von Ansätzen aus früheren Projekten profitiere­n.

Staudinger­s Ziel ist vor allem, mit der Forschung seinen Sport voranzubri­ngen. Ob es künftig auch ein System geben könnte, das Trainieren­den – etwa durch ein akustische­s Signal – schon während der Fahrt Feedback gibt? Das sei durchaus denkbar, sagt der 26-Jährige. Nur habe es bis dato eben auch noch keiner gemacht.

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