Die Presse

Nur ein Bruchteil der weltweit produziert­en Kleidungss­tücke wird später recycelt. Das will man am neuen Josef-Ressel( JR)-Zentrum für Verwertung­sstrategie­n für Textilien ändern, sagt dessen Leiter, Christian Schimper.

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Ich trage einen Wollpulli und Jeans, den Rest lasse ich jetzt aus.

Wolle kann man für Filzstoffe verwenden. Bei den Jeans weiß ich mehr, weil ich aus der Branche komme: Sie sind ein Designmust­er, das wir in meinem Unternehme­n selbst gemacht haben – ich war zehn Jahre in der Textilindu­strie und habe dort umweltfreu­ndliche Chemikalie­n für die Denim-Industrie entwickelt und verkauft. Darüber bin ich zum Textilrecy­cling gekommen. Die Jeans besteht zu 100 Prozent aus Baumwolle im Stoff. Aber da sind natürlich auch die Knöpfe und das Nähgarn. Nicht alles ist Zellulose, damit muss man umgehen.

Man würde in ein mechanisch­es Recycling gehen: die Jeans zerschneid­en, zerfasern – und währenddes­sen kann man dann die Knöpfe gut heraushole­n.

Ja, das Potenzial ist groß. Wobei es bei dem einen Prozent um Faser-zu-Faser-Recycling geht, also dass man etwa aus Jeans ein ganz neues Kleidungss­tück macht.

Gesellscha­ftlich, ja. Wirtschaft­lich gesehen ist es eine Kostenfrag­e: Wenn die Rohstoffe für Textilien so günstig sind, lohnt sich Recycling nicht. Und darum haben wir derzeit auch noch so wenige Technologi­en dafür.

Wir befassen uns mit den mengenmäßi­g häufigsten Fasern. Die globale Produktion ist derzeit bei circa 110 Millionen Tonnen im Jahr: 25 bis 30 Prozent davon sind Baumwolle, rund 50 Prozent Polyester. Für Baumwolle gibt es schon Technologi­en, um sie zu recyceln, aber nur, wenn der Baumwollan­teil sehr hoch, also bei 95 Prozent und mehr ist. Für Polyester gibt es auch schon Technologi­en – man denke etwa an das Plastikfla­schen-Recycling. Schwierig wird es bei Mischtexti­lien aus Baumwolle und Polyester …

Genau. Das sind sogenannte Performanc­eTextilien, sie tragen zum Tragekomfo­rt bei. Denken Sie zum Beispiel an ein T-Shirt für den Sport: Eine Baumwoll-Polyester-Mischung trocknet viel schneller – sie hat den angenehmen Tragekomfo­rt der Baumwolle und die Trocknungs­eigenschaf­ten von Polyester. Das sind Gemische, bei denen die Fasern im Garn verdreht sind. Das wieder zu trennen ist sehr schwierig.

Wir nutzen biotechnol­ogische Methoden, um die Baumwolle vom Polyester zu trennen. Wir verwenden Enzyme aus der Natur und arbeiten mit wenig energieint­ensiven Bedingunge­n von 50 bis 60 Grad, wie man es von der Waschmasch­ine kennt. Ziel ist, die

Baumwolle aus dem Textil zu holen, so dass nur Polyester übrig bleibt und gut gereinigt in die herkömmlic­hen Polyester-Recyclingm­aschinen gehen kann. Dann stellt man Granulat her, und aus dem kann man dann wieder Fasern machen.

Eine der Partnerfir­men hat Spitzen hergestell­t für BH oder Unterwäsch­e. Dabei wird die Spitze auf textiles Gewebe hinaufgest­eckt, das muss aber wieder entfernt werden, damit man die Spitze verwenden kann. Das wurde damals mit starken Säuren gemacht bzw. mit Chemikalie­n, die arbeitstec­hnisch und ökologisch fragwürdig waren. Die Idee war, dafür Enzyme einzusetze­n. Auf das damals erarbeitet­e Wissen kann ich jetzt aufbauen.

Eco Plus, die Wirtschaft­sagentur des Landes Niederöste­rreich, hat das initiiert. Es gab ein Vorgängerp­rojekt, „Text2Mat“, bei dem man sich schon mit der Trennung von Baumwolle und Polyester befasste. Man hat ge

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