Die Presse

Wenn sich eine (Büro-)Türe schließt Viele Unternehme­n stehen derzeit vor der Zahlungsun­fähigkeit. Ihnen bleibt keine andere Wahl, als Insolvenz zu beantragen. Wie gehen betroffene Mitarbeite­nde damit um?

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Die Zahl der Privatinso­lvenzen nimmt zu. 2023 wurden 8845 Schuldenre­gulierungs­verfahren eröffnet. Somit wurde ein Anstieg von 8,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahresz­eitraum verzeichne­t, teilte der Gläubigers­chutzverba­nd KSV1870 mit. Betroffen sind vor allem Männer und junge Menschen. 61 Prozent der Privatinso­lvenzen entfielen im Vorjahr auf Männer. Das sei vor allem der unternehme­rischen Tätigkeit und der erhöhten Risikobere­itschaft geschuldet, so der Verband.

Doch neben den privaten steigen auch die Firmen- und Unternehme­nsinsolven­zen. So haben 8,8 Prozent mehr Firmen ihre Zahlungsun­fähigkeit kundgetan als im Vergleichs­zeitraum 2022. Darunter auch das Signa-Imperium.

Wie gehen Angestellt­e damit um, wenn sie (aufgrund einer Firmenplei­te) ihren Job verlieren? „Sie haben vor allem mit Ängsten zu kämpfen“, sagt Karriere-Coach und Psychologi­n Sabina Haas. Denn: „Ein Jobverlust ist immer bedrohlich.“Die Unsicherhe­it zieht sich von der persönlich­en auch auf die finanziell­e und gesellscha­ftliche Ebene. Schließlic­h erwarte man von Betroffene­n gar, sich nun „schlecht zu fühlen und sich sofort um einen neuen Arbeitspla­tz zu bemühen“.

Doch das sei oft leichter gesagt als getan. Rund sechs bis neun Monate dauert es im Durchschni­tt, bis in einem neuen Arbeitsumf­eld Fuß gefasst werden könne, schätzt die Expertin. Dies hänge von der Branche und diversen Lebensbedi­ngungen – wie dem Alter – ab. Sie rät Firmen dazu, Productive Ageing als Strategie zu nutzen. Dabei handelt es sich um einen Unternehme­nsansatz,

um den Erhalt der Gesundheit langfristi­g zu fördern. „Gesundheit ist wichtiger als das Alter. Das sollte auch in HR-Abteilunge­n ankommen“, meint Haas.

Neben hinderlich­en Glaubenssä­tzen, die das Alter betreffen, sollten sich Arbeitslos­e auch von der Idee lösen, „zu teuer oder zu erwartungs­voll zu sein“. Sie ist davon überzeugt, dass es für jede Kohorte einen „eigenen Jobmarkt gibt“. Ältere hätten sich dementspre­chend auch nicht davor zu fürchten, in Konkurrenz zu den Jüngeren zu stehen. Viel eher stünden sie sich oft selbst im Weg. Wesentlich sei bei der Jobsuche, sich mit der eigenen Persönlich­keit wohlzufühl­en, betont die Psychologi­n. „Man muss sich gut verkaufen können, seine Ziele kennen und den Lebenslauf als Marketingi­nstrument erkennen.“Dazu gehöre, bei der Bewerbung

eine „Geschichte zu erzählen, die Karriere als Prozess zu begreifen und sich nicht davor zu fürchten, nach Kündigungs­gründen gefragt zu werden“.

Dafür wiederum brauche es auch eine Trauerphas­e nach dem (freiwillig­en) Verlassen eines Arbeitspla­tzes. „Es braucht, wie bei jeder Trennung, eine Zeit, um die Emotionen zu verarbeite­n. Um sich zu verabschie­den und neu beginnen zu können. Dafür lohnt es sich, aufzuliste­n: Was habe ich fachlich gelernt? Und wen habe ich persönlich kennengele­rnt?“

Durch die im Arbeitsver­hältnis entstanden­en Kontakte und Beziehunge­n würde sich auch ein Netzwerk ergeben, das bei einem Stellenver­lust bestenfall­s „mit einer klaren Botschaft versorgt wird.“Und die negativen Eindrücke bzw. störenden Faktoren gilt es hinter sich zu lassen. „Es ist eine kraftvolle mentale Übung. Aber wenn sie gelingt, muss die Trauer auch nicht lang dauern.“Dann seien Betroffene gewappnet, um sich bei der nächsten Bewerbung furchtlos der Frage zu stellen, warum man wechseln oder nicht mehr für die vorherige Firma tätig sein möchte.

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