Die Presse

Joe Biden gibt den Druck an Benjamin Netanjahu weiter

Anhänger. „Wir müssen heimkehren und die Lage kontrollie­ren.“Bezalel Smotrich, Finanzmini­ster und ein nationalis­tischer Mitstreite­r, brachte es auf den Punkt: „Ohne Siedlungen keine Stabilität.“ Der US-Präsident verfügte Sanktionen gegen vier Aktivisten d

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VON THOMAS VIEREGGE

Wien/Washington. Propalästi­nensische Demonstran­ten und Zwischenru­fer verfolgen Joe Biden auf seiner Wahlkampft­our durch South Carolina und die Swing States. Sie schwenken palästinen­sische Fahnen und skandieren Slogans wie „Genozid-Joe“oder „Wie viele Kinder hast du heute getötet?“

Neulich weigerten sich Aktivisten der arabischst­ämmigen Gemeinde in den USA aus Protest gegen die Nahost-Politik der BidenRegie­rung, Außenminis­ter Antony Blinken zu treffen. Darunter war der Bürgermeis­ter der Stadt Dearborn in Michigan, einer Hochburg der muslimisch­en Gemeinde im Mittleren Westen.

Die Umfragen sprechen eine klare Sprache. So ist in der arabischen Community in den USA die Zustimmung für Joe Biden von 59 auf 17 Prozent gefallen. Gerade in Michigan, wo 300.000 arabischst­ämmige Amerikaner leben, könnte sich das für den Präsidente­n bei der Wahl im November fatal auswirken. Im Zentrum der Autoindust­rie hatte Biden vor vier Jahren nur knapp die Oberhand über Donald Trump behalten.

Unmut bei US-Arabern

Diesmal drohen die Stammwähle­r mit Wurzeln in der arabischen Welt indessen eher daheimzubl­eiben, als Biden wiederzuwä­hlen. 2020 hatten sie mit 64 Prozent für Biden gestimmt, in Michigan sogar mit mehr als 70 Prozent.

Der US-Präsident steht unter schwerem innenpolit­ischen Druck. Er hat nicht nur bei der arabischst­ämmigen Minderheit an Unterstütz­ung verloren, sondern vor allem auch bei Jungen, College-Studenten und Afroamerik­anern.

Vor seiner Wahlkampft­our nach Detroit, wo er sich von der mächtigen Autoarbeit­er-Gewerkscha­ft feiern ließ, hatte er beim Nationalen Gebets-Frühstück in Washington gesagt: „Wir beten nicht nur für den

Frieden, wir arbeiten auch aktiv für Frieden, Sicherheit und Würde des israelisch­en und palästinen­sischen Volks.“

Dabei ließ er es jedoch nicht bewenden. Zugleich verfügte Biden in einem Dekret Sanktionen gegen vier Vertreter der jüdischen Siedlerbew­egung, die im Vorjahr zur Gewalt im Westjordan­land aufgestach­elt hatten. Die Aktivisten fallen nicht nur unter VisaBeschr­änkungen, wie er dies mehrfach in Telefonate­n mit Benjamin Netanjahu angedroht hatte. Ihnen bleiben auch Finanztran­saktionen mit den USA verwehrt.

Biden gibt den Druck an Netanjahu weiter. Es ist ein Signal an den Premier und seine Regierung, dass es Biden mit den Mahnungen ernst meint, die Gewalt im Westjordan­land nicht ausufern zu lassen.

Netanjahu konterte, die Maßnahmen seien „unnotwendi­g“. Er veröffentl­ichte eine Stellungna­hme, in der es heißt: „Die absolute Mehrheit der Siedler in Judäa und Samaria hält sich an die Gesetze. Viele von ihnen stehen momentan im Kampf und dienen als Reserviste­n in der israelisch­en Armee.“

Die Reaktion aus Washington kommt zu einem Zeitpunkt, da die Siedler Forderunge­n für eine Neubesiedl­ung des Gazastreif­ens erheben. 3500 Aktivisten versammelt­en sich vor wenigen Tagen in einem Kongressze­ntrum in Jerusalem, darunter ein Dutzend Minister der ultrarecht­en Regierung. Itamar Ben-Gvir, der Minister für nationale Sicherheit, tanzte mit Verbündete­n im Saal. Es gelte, einen „historisch­en Fehler“zu korrigiere­n, sagte er unter dem Jubel der

Rücktritts­drohungen

Die Minister plädieren für eine „Aussiedlun­g“der Palästinen­ser nach Ägypten und Jordanien, was die USA kategorisc­h ablehnen. Joav Gallant, als Verteidigu­ngsministe­r ein Ressortkol­lege, schwor sogar, gegen eine Neubesiedl­ung des Gazastreif­ens militärisc­h vorzugehen.

Die Biden-Regierung betonte zwar, weder Ben-Gvir noch Smotrich stünden unter dem Druck von Sanktionen. Biden und seine Minister ließen indes gegenüber Netanjahu durchblick­en, sie würden einen Rauswurf der beiden aus der Regierung begrüßen. Ihrerseits drohten die rechtsextr­emen Minister für den Fall eines neuen Geiseldeal­s und einer langen Waffenruhe mit einem Rücktritt.

‘‘ Wir arbeiten aktiv für Frieden, Sicherheit und Würde des israelisch­en und palästinen­sischen Volks. Joe Biden US-Präsident

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