Was Bezahlkarten für Asylwerber bewirken würden
Wie in Deutschland sollen auch bei uns Asylwerber kein Bargeld, sondern Sachleistungen bekommen, sagt Innenminister Karner. Unterstützung bekommt er von den schwarz-blauen Koalitionen in Niederösterreich und Oberösterreich. SPÖ und Grüne sind dagegen.
Auch in Österreich soll ein Bezahlkartensystem für Asylwerber eingeführt werden, sagte Innenminister Gerhard Karner am Freitag. Wie das genau ausgestaltet wird, ist noch offen: Es gelte, eine sinnvolle und praktikable Lösung zu finden – mit dem Ziel, Missbrauch zu verhindern. Asylwerber sollten das bekommen, was sie brauchen: Essen und Trinken, aber kein Bargeld.
Vorbild Deutschland
Ausgelöst wurde die Debatte durch die Entwicklung in Deutschland: Dort haben sich 14 der 16 Bundesländer auf eine gemeinsame Vorgangsweise festgelegt, die anderen beiden Länder wollen eine Bezahlkarte im Alleingang einführen. Das Modell soll so funktionieren, dass Asylwerber ihre Leistungen künftig als Guthaben auf einer Bezahlkarte bekommen sollen. Mit dieser Karte können sie bargeldlos einkaufen, die Länder können die Nutzung auf eine bestimmte Region begrenzen. Barabhebungen sind nur noch bis zu einem bestimmten Betrag möglich. Wie hoch der ausfallen soll, ist noch nicht fixiert.
Was bekommen Flüchtlinge
Bei der Diskussion geht es nicht nur um Asylwerber, sondern um alle, die sich in der Grundversorgung befinden. Das sind mit Stichtag 1. Jänner 78.834 Personen. Die Mehrheit davon, nämlich 52 Prozent, sind Vertriebene aus der Ukraine. Der Rest sind Asylwerber, subsidiär Schutzberechtigte, Personen ohne Aufenthaltsstatus, die nicht abgeschoben werden können, und Asylberechtigte in den ersten vier Monaten nach dem positiven Bescheid.
Die Leistungen sind unterschiedlich: Wer einen Asylantrag stellt, kommt für die ersten Wochen in die Bundesbetreuung und erhält dort Unterkunft, Verpflegung sowie ein monatliches Taschengeld von 40 Euro. Danach, in der Landesbetreuung, gibt es im Normalfall ein Quartier. Für die Verpflegung bekommen die Betroffenen 235 Euro im Monat plus die 40 Euro Taschengeld.
Die Länder haben auf das System umgestellt, weil sich für die von ihnen bezahlten 25 Euro Tagsatz kaum Quartiergeber finden, die eine Verpflegung zur Verfügung stellen. In Ausnahmefällen organisieren sich Flüchtlinge auch selbst eine Unterkunft und erhalten dafür rund weitere 200 Euro monatlich. Das Modell der Bundesbetreuung ist jedenfalls deutlich teurer, der Tagsatz liegt bei 65 Euro.
Nicht betroffen von der Debatte sind Asylberechtigte. Sie können, so sie kein Einkommen haben, um Sozialhilfe ansuchen und sind dabei Österreichern gleichgestellt. Versuche in der Vergangenheit, hier auf Sachleistungen umzustellen, sind vor dem Verfassungsgerichtshof gescheitert. Die ÖVP will da aber, so der von Parteichef Karl Nehammer präsentierte „Österreich-Plan“, einen neuen Anlauf unternehmen.
Pro und Contra
Begründet wird der Vorstoß für eine Bezahlkarte damit, dass man Anreize für illegale Migration ebenso einschränken wolle wie die Möglichkeit, staatliche Unterstützung in die jeweiligen Herkunftsländer zu überweisen. Ob dies auch tatsächlich passiert, ist nicht bekannt. Auch im Innenministerium liegen keine Zahlen vor, ob und in welchem Ausmaß es derartige Überweisungen gibt.
Oberösterreich und Niederösterreich, zwei Länder mit einer schwarz-blauen Koalition, wollen die Bezahlkarte jedenfalls einführen. Dagegen sind die SPÖ-geführten Bundesländer Wien, Burgenland und Kärnten. Burgenlands Landeschef, Hans Peter Doskozil, verweist auf die ohnehin hohe Sachleistungsquote in der Grundversorgung. Der Wiener Sozialstadtrat Peter Hacker meinte, alle paar Monate werde vom Innenminister „ein Problem erfunden, das nicht existiert, und eine Lösung gefunden, die keiner braucht“. Dagegen sind auch die Grünen: Die Praxis zeige, dass Sachleistungen keine Ersparnis bringen, so der Abgeordnete Georg Bürstmayr.
Offen ist auch, welche Kosten eine derartige Bezahlkarte verursachen würde. Im Innenministerium hält man das für kein Hindernis: Denn auch das derzeitige System verursache einen Verwaltungsaufwand.
Neue Obergrenze?
Der burgenländische Landeshauptmann, Hans Peter Doskozil, hat am Donnerstag eine neue Diskussion eröffnet: Er forderte eine Obergrenze von 10.000 Asylanträgen pro Jahr. Zur Erinnerung: Seit 2016 gibt es bereits eine Obergrenze von 35.000 Anträgen, die aber ohne jede Konsequenz schon mehrere Male überschritten wurde. Die Bundes-SPÖ hat mit dem Vorstoß aus dem Burgenland wenig Freude: Eine Asylgrenze sei keine Lösung, heißt es dazu, diese könne maximal ein Zielwert sein.
Und was soll passieren, wenn es mehr Anträge gibt? Es sei eine Aufgabe des ÖVP-Innenministers, dies zu verhindern, so ein Sprecher von Doskozil auf „Presse“-Anfrage. Und zwar durch eine EU-Regelung für eine europaweite Verteilung von Flüchtlingen.