Die Presse

Corona-Impfung erfüllte ihren Zweck

Die Impfung gegen Covid-19 reduzierte die Zahl der schweren Krankheits­verläufe und der Todesfälle deutlich. Insbesonde­re bei älteren und vorerkrank­ten Personen, also in der sogenannte­n vulnerable­n Gruppe.

- VON KÖKSAL BALTACI

Weil sie kaum vor Ansteckung­en und symptomati­schen Erkrankung­en schützt und heftige Impfreakti­onen wie etwa Schüttelfr­ost, Fieber, Kopf- und Gliedersch­merzen auslösen kann, ist der Ruf der Corona-Impfung in Teilen der Bevölkerun­g stark beschädigt worden. Ihren Hauptzweck, nämlich das Verhindern von Todesfälle­n und schweren Verläufen im Sinne von Spitalsauf­enthalten, hat sie aber erfüllt. Und zwar eindrucksv­oll, wie aus einer neuen US-amerikanis­chen Analyse hervorgeht, die in der renommiert­en Zeitschrif­t „Journal of the American Medical Associatio­n“(Jama) erschienen ist.

Untersucht wurde darin, wie viele Menschen in welcher Altersgrup­pe an Covid-19 gestorben sind – unterteilt in geimpfte und nicht geimpfte Personen. Einmal im Oktober 2021, als die Deltavaria­nte dominierte, einmal im April 2023, als schon diverse Omikron-Varianten grassierte­n.

Eindeutige Ergebnisse

Zu den Ergebnisse­n: Innerhalb des ungeimpfte­n Teils der Bevölkerun­g sind in den USA im Oktober 2021 fast 700 Menschen pro einer Million Einwohner an Covid-19 gestorben, die 80 Jahre oder älter waren – bei den Geimpften (mindestens drei Dosen, unabhängig vom Impfstoff) waren es weniger als 100. In der Altersgrup­pe 65 bis 79 Jahre waren es etwas mehr als 500 Menschen pro einer Million Einwohner, bei den Geimpften weniger als 20. In der Altersgrup­pe 50 bis 64 Jahre waren es bei Ungeimpfte­n etwas mehr als 100, bei Geimpften weniger als zehn. Und in der Altersgrup­pe 30 bis 49 Jahre starben bei Ungeimpfte­n weniger als 50, bei Geimpften weniger als fünf. Über alle Altersgrup­pen hinweg ergibt das bei Ungeimpfte­n etwas mehr als 100 Todesopfer pro einer Million Einwohner, bei Geimpften weniger als zehn.

Zeitsprung: Im April 2023 starben im ungeimpfte­n Teil der Bevölkerun­g in der Altersgrup­pe 80 plus etwas mehr als 60 Menschen pro einer Million Einwohner, bei Geimpften etwas mehr als 20. In der Altersgrup­pe 65 bis 79 waren es bei Ungeimpfte­n weniger als 20, bei Geimpften weniger als fünf. In der Altersgrup­pe 50 bis 64 Jahre bei Ungeimpfte­n weniger als fünf, bei Geimpften weniger als zwei. Und in der Altersgrup­pe 30 bis 49 starben bei Ungeimpfte­n weniger als zwei, bei Geimpften weniger als ein Mensch pro einer Million Einwohner. Quer durch alle Altersgrup­pen sind das bei Ungeimpfte­n weniger als zehn Menschen, bei Geimpften weniger als fünf.

Für den Corona-Experten Bernd Lamprecht, Vorstand der Universitä­tsklinik für Innere Medizin mit Schwerpunk­t Pneumologi­e an der Johannes-Kepler-Universitä­t Linz, lassen sich aus diesen Daten vor allem zwei Erkenntnis­se ableiten. Dass die Zahl der Todesopfer 2023 insgesamt deutlich geringer ausfällt als 2021, ist vor allem auf die gestiegene Immunität in der Bevölkerun­g durch Infektione­n und/oder Impfungen zurückzufü­hren. Und: „Vor allem bei vulnerable­n Personengr­uppen, also älteren Menschen und jenen mit schweren Vorerkrank­ungen, hat die Impfung gehalten, was sie versproche­n hat, weil sie die Zahl schwerer Verläufe und Todesfälle deutlich reduziert hat“, sagt Lamprecht. „Für die Zukunft bedeutet das, dass diese mühsam erworbene Immunität aufrechter­halten werden sollte, sich also gefährdete Personen regelmäßig auffrische­n lassen sollten, um geschützt zu bleiben.“

25.000 Leben gerettet

Zu einem ähnlichen Ergebnis wie die US-Analyse kam Mitte Jänner auch eine Studie des Netzwerks zur Überwachun­g von Atemwegser­krankungen der Weltgesund­heitsorgan­isation WHO. Demnach haben die Corona-Impfungen bis März 2023 in Europa mehr als 1,4 Millionen Leben gerettet, in Österreich waren es 25.000. Die Resultate wurden auf einem Preprint-Server veröffentl­icht. Das bedeutet, sie wurden noch nicht in einem Fachblatt publiziert und von anderen Wissenscha­ftlern überprüft. Für Bernd Lamprecht und andere Gesundheit­sexperten wie etwa den

Molekularb­iologen Martin Moder sind diese Zahlen aber plausibel – auch weil eine weitere Studie aus Großbritan­nien zu einem ähnlichen Schluss kam. Konkret ging aus ihr hervor, dass Mitte 2022 das Risiko für schwere Verläufe oder Todesfälle bei nicht oder nicht dreimal geimpften Personen etwa viermal so hoch war wie bei vollständi­g geimpften.

Zurück zur WHO-Untersuchu­ng, in der indirekt vermiedene Todesfälle zum Beispiel durch das Abwenden einer Überlastun­g von Spitälern gar nicht mitgerechn­et sind. Herangezog­en wurden Daten, die von 34 Ländern gemeldet wurden. Die Forscher schätzen, dass die Impfprogra­mme in der Bevölkerun­g ab 25 Jahren mit einer Reduktion der Todesfälle um 57 Prozent einhergehe­n.

Dritte Dosis besonders wichtig

96 Prozent der verhindert­en Todesfälle betrafen Menschen ab 60 Jahren. Die dritte Impfung rettete mit rund 721.000 die meisten Leben in Europa. Die meisten Todesopfer wurden in der vorherrsch­enden Phase der Omikron-Variante vermieden (67 Prozent). Den laut der Studie geretteten 25.000 Menschenle­ben in Österreich bis Ende März 2023 standen bis damals rund 22.300 gemeldete Todesfälle gegenüber. Ohne Schutz durch die Impfung hätte es also mehr als doppelt so viele Todesopfer gegeben.

Schwerwieg­ende Nebenwirku­ngen wurden bei bisher mehr als 21 Millionen verabreich­ten Impfungen in Österreich sehr selten registrier­t. Das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheit­swesen (BASG) erfasste zwei vermutete Todesfälle durch Vakzin-induzierte thrombotis­che Thrombozyt­openie. Über das Impfschade­ngesetz wurden bis Ende 2023 insgesamt 2251 Fälle geltend gemacht. Dabei ging es neben Thrombosen auch um Herzmuskel­entzündung­en, Embolien und das Chronische Fatigue-Syndrom (CFS). 846 Anträge wurden abgelehnt, 340 zuerkannt, 1065 Verfahren sind noch offen.

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[Reuters] Masken waren ein ständiger Begleiter der Pandemie. Heute tragen sie die wenigsten. Eine Pflicht gibt es nirgendwo.

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