Raus aus den Schulden – aber wie?
Schulden. Immer öfter verschulden sich junge Menschen. Manchmal liegt der letzte Ausweg in einem Insolvenzverfahren. Diese Schuldenfreiheit hat aber einen hohen Preis.
Selten war es so einfach, sich zu verschulden, wie derzeit. Sei es mit „Buy now pay later“-Finanzierungen, die sich bei Onlinekäufen geradezu aufdrängen, oder durch Überziehung des Bankkontos. Vor allem junge Menschen geraten oft in eine finanzielle Schieflage. Das liegt nicht nur an der Konsumlust. Die Preise für Energie sind seit zwei Jahren deutlich höher als zuvor, die Lebenshaltungskosten generell gestiegen, und nach der Covid-Pandemie hatten viele Menschen ihr finanzielles Polster aufgebraucht. Krisen schlagen sich oft erst zwei, drei Jahre später in den Zahlen nieder.
Aber auch Menschen mit genügend Rücklagen wird es derzeit leicht gemacht, den Blick über die finanzielle Situation zu verlieren. Denn wenn die Bonität stimmt, werden beim Kauf unverzüglich Null-Prozent-Finanzierungen angeboten. Diese Kredite müssen auch dann weiterbezahlt werden, wenn etwa das gekaufte Handy schneller wieder Geschichte ist, als geplant war. Immer häufiger sind junge Menschen von einem Privatkonkurs betroffen. Das gab der KSV 1870 in der vergangenen Woche in deren Insolvenzstatistik bekannt. Laut der Analyse ist der Anteil der Personen unter 25 Jahren, die im abgelaufenen Jahr 2023 eine Privatinsolvenz eröffnet haben, von 4,7 auf 6,3 Prozent gestiegen. Bei den 25- bis 40-Jährigen liegt der Anteil nun sogar bei fast 40 Prozent.
Auch die Schuldenhöhe ist in diesen beiden Gruppen stark gestiegen: Bei den unter 25-Jährigen liegt der Schnitt bei knapp 60.000 Euro pro Person, in der Altersgruppe darüber sind es im Schnitt 74.000 Euro.
Damit Verbraucher und Verbraucherinnen den Überblick nicht verlieren, wurde von der EU kürzlich die Verbraucherkreditrichtlinie eingeführt. Klingt kompliziert, aber das Ziel ist einfach: Kunden sollen beim Abschluss genau über die endfällige Summe informiert werden. Betroffen sind Banken und Onlineplattformen, die kleine Summen verleihen. Wichtig ist, dass auch sämtliche Anbieter mit einer „Buy now pay later“-Variante dazu verpflichtet sind.
Grundsätzlich gilt: Wer finanzielle Probleme hat, sollte den Weg zu einer Schuldnerberatung auf sich nehmen. Diese sind in ganz Österreich kostenfrei verfügbar. Gemeinsam mit der Beratungsstelle verschafft man sich einen Überblick über die finanzielle Lage, und die Beratungsstelle übernimmt auch die Kommunikation mit den Gläubigern. Damit wird den Schuldnern auch oft psychischer Druck genommen.
Wenn aber auch das nicht mehr hilft, gibt es noch einen letzten Ausweg: ein Insolvenzverfahren, besser bekannt als der Privatkonkurs. Aber was passiert bei einem Privatkonkurs? Erst einmal gilt: Es gibt keine bestimmte Höhe der Schulden, ab der es ratsam oder zwingend ist, Privatkonkurs anzumelden. Voraussetzung für die Insolvenzeröffnung ist aber die Zahlungsunfähigkeit. Die liegt dann vor, wenn der Schuldner oder die Schuldnerin nicht mehr in der Lage ist, die offenen Verbindlichkeiten zu bedienen.
Dabei ist es auch ganz egal, wie viel Vermögen oder Einkommen zur Verfügung steht – das in der Insolvenzverordnung geregelte Verfahren ermöglicht es, grundsätzlich innerhalb von drei Jahren schuldenfrei zu werden. Unmittelbar nach der Eröffnung des Verfahrens kommt es zur ersten Erleichterung: Es fallen keine weiteren Zinsen auf die Schulden an.
Quote via Plan
Anschließend gibt es zwei Varianten: Die erste Möglichkeit ist, dass mit einem Zahlungsplan entschuldet wird: Der Schuldner bietet den Gläubigern dabei mindestens eine Quote an, die seiner Einkommenslage in den folgenden drei Jahren entspricht. Die Laufzeit darf sieben Jahre nicht übersteigen. Voraussetzung ist: Alles, was der Schuldner besitzt, wird dabei zu Geld gemacht.
Die zweite Variante ist das Abschöpfungsverfahren. Dabei bleibt dem Schuldner aber nur noch das Allernötigste zum Leben. Diese Variante ist nur dann möglich, wenn der angebotene Zahlungsplan abgelehnt wurde. Das passiert etwa dann, wenn einer der Gläubiger davon ausgeht, dass außerordentliche Zahlungen in den nächsten drei Jahren anfallen. Denn in ein Abschöpfungsverfahren fallen auch Schenkungen oder Erbschaften. Oder wenn die vorgeschlagene Quote zu niedrig ist. Sollte der Schuldner zu diesem Zeitpunkt arbeitslos sein, ist er übrigens verpflichtet, sich aktiv um eine neue Stelle zu bemühen.
Nach Abschluss des Verfahrens ist der Schuldner in der Regel schuldenfrei. Das bietet auch eine einmalige Chance: Anschließend kann die Person finanziell ganz von vorn beginnen.