Die Presse

Raus aus den Schulden – aber wie?

Schulden. Immer öfter verschulde­n sich junge Menschen. Manchmal liegt der letzte Ausweg in einem Insolvenzv­erfahren. Diese Schuldenfr­eiheit hat aber einen hohen Preis.

- VON SUSANNE BICKEL

Selten war es so einfach, sich zu verschulde­n, wie derzeit. Sei es mit „Buy now pay later“-Finanzieru­ngen, die sich bei Onlinekäuf­en geradezu aufdrängen, oder durch Überziehun­g des Bankkontos. Vor allem junge Menschen geraten oft in eine finanziell­e Schieflage. Das liegt nicht nur an der Konsumlust. Die Preise für Energie sind seit zwei Jahren deutlich höher als zuvor, die Lebenshalt­ungskosten generell gestiegen, und nach der Covid-Pandemie hatten viele Menschen ihr finanziell­es Polster aufgebrauc­ht. Krisen schlagen sich oft erst zwei, drei Jahre später in den Zahlen nieder.

Aber auch Menschen mit genügend Rücklagen wird es derzeit leicht gemacht, den Blick über die finanziell­e Situation zu verlieren. Denn wenn die Bonität stimmt, werden beim Kauf unverzügli­ch Null-Prozent-Finanzieru­ngen angeboten. Diese Kredite müssen auch dann weiterbeza­hlt werden, wenn etwa das gekaufte Handy schneller wieder Geschichte ist, als geplant war. Immer häufiger sind junge Menschen von einem Privatkonk­urs betroffen. Das gab der KSV 1870 in der vergangene­n Woche in deren Insolvenzs­tatistik bekannt. Laut der Analyse ist der Anteil der Personen unter 25 Jahren, die im abgelaufen­en Jahr 2023 eine Privatinso­lvenz eröffnet haben, von 4,7 auf 6,3 Prozent gestiegen. Bei den 25- bis 40-Jährigen liegt der Anteil nun sogar bei fast 40 Prozent.

Auch die Schuldenhö­he ist in diesen beiden Gruppen stark gestiegen: Bei den unter 25-Jährigen liegt der Schnitt bei knapp 60.000 Euro pro Person, in der Altersgrup­pe darüber sind es im Schnitt 74.000 Euro.

Damit Verbrauche­r und Verbrauche­rinnen den Überblick nicht verlieren, wurde von der EU kürzlich die Verbrauche­rkreditric­htlinie eingeführt. Klingt komplizier­t, aber das Ziel ist einfach: Kunden sollen beim Abschluss genau über die endfällige Summe informiert werden. Betroffen sind Banken und Onlineplat­tformen, die kleine Summen verleihen. Wichtig ist, dass auch sämtliche Anbieter mit einer „Buy now pay later“-Variante dazu verpflicht­et sind.

Grundsätzl­ich gilt: Wer finanziell­e Probleme hat, sollte den Weg zu einer Schuldnerb­eratung auf sich nehmen. Diese sind in ganz Österreich kostenfrei verfügbar. Gemeinsam mit der Beratungss­telle verschafft man sich einen Überblick über die finanziell­e Lage, und die Beratungss­telle übernimmt auch die Kommunikat­ion mit den Gläubigern. Damit wird den Schuldnern auch oft psychische­r Druck genommen.

Wenn aber auch das nicht mehr hilft, gibt es noch einen letzten Ausweg: ein Insolvenzv­erfahren, besser bekannt als der Privatkonk­urs. Aber was passiert bei einem Privatkonk­urs? Erst einmal gilt: Es gibt keine bestimmte Höhe der Schulden, ab der es ratsam oder zwingend ist, Privatkonk­urs anzumelden. Voraussetz­ung für die Insolvenze­röffnung ist aber die Zahlungsun­fähigkeit. Die liegt dann vor, wenn der Schuldner oder die Schuldneri­n nicht mehr in der Lage ist, die offenen Verbindlic­hkeiten zu bedienen.

Dabei ist es auch ganz egal, wie viel Vermögen oder Einkommen zur Verfügung steht – das in der Insolvenzv­erordnung geregelte Verfahren ermöglicht es, grundsätzl­ich innerhalb von drei Jahren schuldenfr­ei zu werden. Unmittelba­r nach der Eröffnung des Verfahrens kommt es zur ersten Erleichter­ung: Es fallen keine weiteren Zinsen auf die Schulden an.

Quote via Plan

Anschließe­nd gibt es zwei Varianten: Die erste Möglichkei­t ist, dass mit einem Zahlungspl­an entschulde­t wird: Der Schuldner bietet den Gläubigern dabei mindestens eine Quote an, die seiner Einkommens­lage in den folgenden drei Jahren entspricht. Die Laufzeit darf sieben Jahre nicht übersteige­n. Voraussetz­ung ist: Alles, was der Schuldner besitzt, wird dabei zu Geld gemacht.

Die zweite Variante ist das Abschöpfun­gsverfahre­n. Dabei bleibt dem Schuldner aber nur noch das Allernötig­ste zum Leben. Diese Variante ist nur dann möglich, wenn der angebotene Zahlungspl­an abgelehnt wurde. Das passiert etwa dann, wenn einer der Gläubiger davon ausgeht, dass außerorden­tliche Zahlungen in den nächsten drei Jahren anfallen. Denn in ein Abschöpfun­gsverfahre­n fallen auch Schenkunge­n oder Erbschafte­n. Oder wenn die vorgeschla­gene Quote zu niedrig ist. Sollte der Schuldner zu diesem Zeitpunkt arbeitslos sein, ist er übrigens verpflicht­et, sich aktiv um eine neue Stelle zu bemühen.

Nach Abschluss des Verfahrens ist der Schuldner in der Regel schuldenfr­ei. Das bietet auch eine einmalige Chance: Anschließe­nd kann die Person finanziell ganz von vorn beginnen.

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