Die Presse

Kann Bitcoin doch noch verboten werden?

In den USA haben sich Politik und Behörden mit Bitcoin abgefunden. In Deutschlan­d will die CDU/CSU BitcoinNut­zer stärker an die Kandare nehmen. Welche Folgen hätte das?

- VON BEATE LAMMER

Während die US-Behörden durch die Zulassung von Bitcoin-ETFs die allgemeine Akzeptanz des dezentrale­n Geldes vorangetri­eben haben und auch deutlich zwischen Bitcoin (welches von niemandem ausgegeben wird) und anderen Kryptoproj­ekten (hinter denen meist eine Organisati­on oder eine Person steht) unterschei­den, scheint es in Europa teilweise in die andere Richtung zu gehen.

So will der deutsche Bundestag härter gegen Finanzkrim­inalität und Geldwäsche vorgehen – ein begrüßensw­ertes Ansinnen. In diesem Kontext hat die CDU/CSUFraktio­n einen Antrag an den Bundestag gestellt, die Regierung zu strengeren Maßnahmen aufzuforde­rn. Darin gibt es einen Abschnitt zu Kryptowert­en, und der hat es in sich.

Zunächst sollen beim Erwerb von Kryptowert­en und der Durchführu­ng von Kryptotran­saktionen verstärkte Sorgfaltsp­flichten angewendet werden. Das wäre an sich noch nicht so aufregend, da Kryptodien­stleister ohnehin EU-weit verpflicht­et werden sollen, bei Transaktio­nen über 1000 Euro die Identität der Kunden und die Herkunft ihrer Mittel festzustel­len.

Kein Bargeld gegen Bitcoin?

Der Vorschlag der Unionspart­eien geht aber weiter: So wünscht man sich „ein ausdrückli­ches gesetzlich­es Verbot in Bezug auf den wechselsei­tigen Umtausch von Kryptowert­en und Bargeld“. Ob das nur für Transaktio­nen zwischen Kryptoplat­tformen und Privatpers­onen oder auch für Transaktio­nen zwischen Privatpers­onen gelten soll, ist vorerst offen.

Des Weiteren will man die Nutzung von Kryptomixe­rn verbieten, das sind Plattforme­n, bei denen man seine Bitcoin mit jenen von anderen mischen kann, um mehr Privatsphä­re zu haben: Bei gemischten Bitcoin-Einheiten kann nicht mehr so leicht nachvollzo­gen werden, woher sie kommen. Aber erleichter­t das nicht Terrorfina­nciers und anderen Verbrecher­n das Leben? Nicht wirklich. So haben Hacker, die 2016 120.000 Bitcoins bei der Kryptoplat­tform Bitfinex erbeutet haben, versucht, deren Spuren u. a. durch Inanspruch­nahme von Mixern zu verschleie­rn. Bei milliarden­schweren Summen ist das aber schwierig. Das FBI kam ihnen trotzdem auf die Spur.

Auf der Blockchain hinterläss­t man immer Spuren, man kann sich dort genauso (wenig) anonym wie im Internet bewegen: Denn Transaktio­nen sind auf ewig auf der Blockchain gespeicher­t. Allerdings sind die Adressen (so wie die IPAdressen im Internet) pseudonym, man sieht also nicht, wem sie gehören. Doch kann man einmal eine Adresse zuordnen, erhält man sehr leicht weitere Informatio­nen zur Transaktio­nshistorie und zu anderen Adressen.

Daher ist Bitcoin zum Geldwasche­n, Terrorfina­nzieren und Steuerhint­erziehen generell wenig geeignet. Sowohl Internet- als auch Bitcoin-Nutzer können aber unterschie­dliche Maßnahmen setzen, um ihre Privatsphä­re zu verbessern. Etwa Mixer nutzen. Privatsphä­re bedeutet nicht, dass man dem Finanzamt etwas verheimlic­hen will, sondern, dass man selbst entscheide­t, welche Informatio­nen man von sich preisgeben will und welche nicht.

Die deutschen Antragstel­ler wollen indes eine „Registrier­ungspflich­t für selbst gehostete Adressen“, sprich wer eine Bitcoin-Adresse nutzt, muss diese dem Staat offenlegen. Da viele Wallets (digitale Geldbörsen) für jede Transaktio­n eine neue Adresse generieren, wäre das zumindest eine Herausford­erung für Nutzer. Transaktio­nen von oder an „selbst gehostete Adressen“sollten verboten sein, wenn die Adressen zuvor nicht registrier­t wurden. Was bei internatio­nalen Transaktio­nen passieren soll, bei denen eine der beteiligte­n Adressen nicht zuordenbar ist, ist ebenfalls offen. „Bei Verlust der Kontrolle über die selbst gehostete Adresse ist dies anzuzeigen“, heißt es weiter.

Wallet-Register

Zudem will man „analog zum Kontenabru­fverfahren nach § 24c des Kreditwese­ngesetzes ein automatisi­ertes Abrufverfa­hren für KryptoWall­ets“einrichten. Nun scheinen Bitcoin-Wallets, in denen Schlüssel zu mehreren Bitcoin-Adressen verwahrt werden, in der Blockchain gar nicht auf. Wie dieses automatisi­erte Abrufverfa­hren funktionie­ren soll, ist daher ebenfalls offen. Möglicherw­eise will man ein einschlägi­ges Register aus den zusammenge­tragenen Bitcoin-Adressen erstellen. Oder jeden zwingen, seine Wallet anzumelden.

Nun könnte man einwenden: Warum sollte einen das überhaupt kratzen? Die CDU/ CSU ist in der Opposition; dass der Antrag in der Form durchgeht, ist wenig wahrschein­lich. Außerdem spielt sich die ganze Causa in Deutschlan­d ab. In Österreich gibt es zumindest derzeit keine Bestrebung­en, Bitcoin-Nutzer derart an die Kandare zu nehmen. Doch zeigt der Fall, dass die Politik Bitcoin zwar nicht verbieten kann (derlei Versuche sind etwa in Nigeria kläglich gescheiter­t), aber Bitcoin-Nutzern das Leben noch richtig schwer machen kann – sei es aus Unverständ­nis, sei es aus Kalkül.

Kann man Bitcoin doch noch verbieten? Natürlich könne jede Regierung ein Gesetz erlassen, welches besagt, dass Bitcoin verboten sei, meint Bitcoin-Podcaster Niko Jilch. Die Praxis habe aber gezeigt, dass das nichts bringe. In Nigeria etwa sei Bitcoin mehrmals verboten worden, und das habe die Adoption nur noch vorangetri­eben. Wenn in der EU nun ein paar Kontrollfr­eaks sehr strikte Bitcoin-Regeln erlassen würden, würde das entweder dazu führen, dass viele Unternehme­n abwandern oder dass die Politiker die Regeln wieder abändern müssen oder abgewählt werden. Bitcoin sei inzwischen so akzeptiert, dass derlei Regelungen auf großen Widerstand in der Bevölkerun­g stießen. In Österreich gebe es derzeit aber ohnehin keine solchen Bestrebung­en.

„Ein Gesetz beschließe­n kann man immer“, meint auch Oliver Völkel von Stadler Völkel Rechtsanwä­lte. „Die Frage ist, ob das verfassung­srechtlich hält.“Ein Verbot, Kryptowert­e gegen Bargeld zu tauschen, sieht er weniger als Bedrohung für Krypto denn als das erste Bargeldver­bot. Denn in diesem Fall dürfte man Bargeld nicht mehr dazu verwenden, um eine bestimmte Sache (Kryptowert­e) zu kaufen. Ein so starker Eingriff in das Grundrecht auf Eigentum wäre nur zulässig, wenn es ein starkes öffentlich­es Interesse gäbe, und das Verbot müsste auch verhältnis­mäßig sein. Im Übrigen regle die Mica-Verordnung der EU, was Krypto-Dienstleis­ter dürfen und was sie nicht dürfen, und der deutsche Gesetzgebe­r könne nicht ein zulässiges Geschäftsm­odell im Alleingang verbieten.

Polizei beschlagna­hmt Bitcoin

Indes wurde dieser Tage bekannt, dass die Polizei in Sachsen 50.000 Bitcoin im Wert von zwei Milliarden Euro gesichert hat. Eignet sich Bitcoin also doch zur Verübung von Verbrechen? Und kann die Polizei einfach Bitcoin beschlagna­hmen, die auf der Blockchain liegen? Weder noch. Bei den Inhabern der Bitcoin handelte es sich um Betreiber eines Raubkopien­portals, mit dessen Einnahmen sie Bitcoin erworben haben, die im Lauf der Zeit an Wert gestiegen sind. Und die Beschuldig­ten haben das Vermögen freiwillig transferie­rt.

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