Die Presse

Die Beatles darf man öfter vergessen

Ein Mann klagte, weil ihn der Film „Yesterday“an sein Skript erinnerte. Doch den Ansatz, dass sich die Welt nicht an die Band erinnert, können laut dem OGH mehrere verfolgen.

- VON PHILIPP AICHINGER

„Yesterday, all my troubles seemed so far away.“In Anlehnung an den Beatles-Klassiker war 2019 der Film „Yesterday“in die Kinos gekommen, der weltweit 142 Millionen US-Dollar einspielte. Die Komödie dreht sich darum, dass plötzlich kaum noch jemand auf der Welt weiß, dass es die Beatles gegeben hat. Dieser Umstand verhilft einem bisher erfolglose­n Musiker zur Karriere, indem er die Lieder der Pilzköpfe als seine eigenen ausgibt. Doch die Idee zu dieser Handlung habe er schon 2011 gehabt, erklärte ein Mann und ging wegen des britischen Films in Österreich vor Gericht.

Sein Werk heißt in Anlehnung an einen anderen Beatles-Song „Here comes the sun“. Der Mann klagte die GmbH, die den Film an den heimischen Kinos vertreibt, wegen Urheberrec­htsverletz­ung. Und auch jene Firma, die hierzuland­e die Rechte am Verkauf und Verleih des Werks innehat. Aber ist die Idee, dass die Beatles von fast allen vergessen wurden, so genial, dass diese geschützt war?

Der Kläger hatte seinen Text auf der Website „Make’n Movies“veröffentl­icht. Sein Werk handelt von einem unbedeuten­den Musiker, der sich in einer Welt findet, in der es die Beatles nie gab. Auch er wird ein Star, weil alle glauben, die BeatlesLie­der seien von ihm. Am Ende fürchtet der Musiker aber, wie John Lennon ermordet zu werden.

Im Film „Yesterday“stellt ein Mann nach einem weltweiten Stromausfa­ll, im Zuge dessen er vom Bus angefahren wird, fest, dass sich außer ihm kaum wer an die Beatles erinnert. Auch Oasis ist laut Wikipedia unbekannt, sehr wohl gibt es aber die Rolling Stones. Der

Musiker wird nun selbst mit den Beatles-Liedern populär – zunächst als Vorband von Ed Sheeran.

„Hey Dude“statt „Hey Jude“

Sheeran spielt sich im Film selbst und schlägt seinem Schützling vor, „Hey Dude“statt „Hey Jude“zu singen, weil das besser klinge. Der neue Star bekommt aber immer mehr Skrupel, da er die Songs nicht selbst geschriebe­n hat. Überdies schadet die Karriere seinem Privatlebe­n. Über Vermittlun­g zweier Leute, die sich auch noch an die Beatles erinnern, trifft der aufstreben­de Sänger einen gewissen John Lennon, der mit 78 noch lebt, aber nie berühmt war und lieber malt. Der altersweis­e Lennon erklärt dem jungen Star, wie wichtig Ehrlichkei­t und Liebe seien. Schließlic­h verkündet der Musiker im ausverkauf­ten Wembley-Stadion, dass keines der Lieder von ihm ist und wen er liebt. Er stellt alle Songs gratis zum Download online, gewinnt die Frau zurück und gründet als „Normalo“mit ihr eine Familie.

Ist also alles nur geklaut, wie die „Prinzen“singen würden? Die beiden ersten Instanzen, davon zuletzt das Oberlandes­gericht Wien, sagten Nein. Das Skript zu „Here comes the sun“beinhalte nur ein Grundgerüs­t aus wenigen Zeilen. Das reiche nicht, um eine schutzfähi­ge Idee darzustell­en. Überdies weiche die Handlung des Films „Yesterday“auch inhaltlich ab.

Der Oberste Gerichtsho­f (OGH) fand ebenso nicht viel dabei, dass hier ein Gedanke erneut verwendet wurde. „Die Filmidee des Klägers besteht im Wesentlich­en darin, dass ein Musiker in einer Fantasiewe­lt die Werke der Beatles als seine eigenen ausgibt und damit Berühmthei­t erlangt.“

Aber ähnliche Ideen habe es auch früher schon gegeben, erklärten die Richter. Schließlic­h hatten die für den Film in Österreich Verantwort­lichen auf die Werke „JeanPhilip­pe“oder „I’m a Beatle“verwiesen, denen ähnliche Gedankengä­nge zugrunde lagen. „Auch wenn festgestel­lt wurde, dass der Kläger diese nicht kannte, so ändert dies nichts an der mangelnden Originalit­ät seiner Filmidee“, sagte der OGH (4 Ob 112/23h).

John Lennon als Unterschie­d

Und auch für die Höchstrich­ter sind die Handlungen zwischen „Here comes the sun“und „Yesterday“zu unterschie­dlich: „Während nämlich im Skript des Klägers die Hauptfigur befürchtet, am 40. Geburtstag ebenso wie John Lennon ermordet zu werden, handelt die Rock-’n’-Roll-Komödie ,Yesterday‘ vom Konflikt der Hauptfigur, die Plagiate für eine Starkarrie­re um den Preis des Bruches einer Liebesbezi­ehung auszunutze­n.“John Lennon macht also auch rund 43 Jahre nach seinem Tod den Unterschie­d.

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[Imago] Auch Bilder von einst legen nahe, dass es die Beatles tatsächlic­h gegeben hat.

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