Der Sieger wollte zur Halbzeit nach Hause fahren
Daniel Yule war nach dem ersten Slalom-Durchgang in Chamonix 30. und fuhr zum historischen Sieg.
Sag niemals nie und gib ein Spiel niemals vor dem Schlusspfiff verloren: Daniel Yule wird diese Worte sein Leben lang auf jede Skipiste mitnehmen. Denn der Schweizer feierte im frühlingshaften Chamonix ein Kunststück. Lag er nach dem ersten Slalom-Durchgang nur auf Rang 30 „und wollte schon ins Hotel zurückfahren“, konnten ihn seine Betreuer noch mit Geschick und den richtigen Worten davon abhalten. Er konservierte Zorn und Energie offenbar richtig: Yule fuhr furios noch zum siebten Weltcupsieg.
Weil Landsmann Loic Meillard Zweiter (+0,16 Sek.) wurde, herrscht neue Slalom-Euphorie bei den Eidgenossen. Es ist der erste Slalom-Doppelsieg seit 1978. Nicht auszudenken, wäre der Mannschafts-Olympiasieger, 30, vorzeitig abgereist. Es gelang bislang noch keinem Slalomfahrer, das Klassement derart auf den Kopf zu stellen. Den bisherigen Rekord bei Aufholjagden hielt der Norweger Lucas Braathen, der vor zwei Jahren in Wengen vom 29. Rang noch zum Sieg carvte.
„Ins Hotel, Sachen packen!“
„Ich muss mich bei allen bedanken, die mich aufgehalten und beruhigt haben“, gluckste der Schweizer. „Ich wollte wirklich ins Hotel zurück, meine Sachen packen und nach Hause fahren. Und dann hatte ich noch richtig Spaß.“
Bei diesem Kunststück war aber auch ein Österreicher der wahre, große Gewinner. Manuel Feller baute als Vierter seine Führung im Slalom-Weltcup weiter aus, die Vision seiner ersten Kristallkugel nimmt zusehends Gestalt an. Der Fieberbrunner vergrößerte seinen Vorsprung auf den zuletzt in Kitzbühel und Schladming erfolgreichen Deutschen Linus Straßer, der am Sonntag nur 14. wurde. 164 Punkte liegt der Tiroler voran, das mutet als vertrauenserweckendes Polster an.
„Ich schaue Rennen für Rennen, Lauf für Lauf, Schwung für Schwung. Es ist jedes Rennen eine Herausforderung, von der Führung kann ich mir nichts kaufen“, so der 31-Jährige mit Blick auf die kleine Kristallkugel. Weiter geht es im Weltcup in der kommenden Woche im bulgarischen Bansko. (fin) Ergebnis, Slalom-Chamonix: 1. Yule (SUI) 1:36,24 (49,02/47,22) 2. Meillard (SUI) 0,16 3. Noel (FRA) 0,18 4. Feller 0,34 5. Raschner 0,37. Gesamtweltcup: 1. Odermatt (SUI) 1406. Slalom-Weltcup: Feller (490) vor Straßer (GER, 326). Mannschaft, Männer: Schweiz (3992) vor Österreich (3140). Nationencup: Schweiz (7346) vor Österreich (6310).