Die Presse

Kriegsgegn­er Nadeschdin droht das Aus

Der Wahlkampf des Putin-Gegenkandi­daten könnte vorbei sein, bevor er richtig begonnen hat. Er befürchtet, dass die Behörden ihn nicht zur Wahl zulassen könnten.

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Moskau. In Russland zeichnet sich bei der Präsidente­nwahl ein Ausschluss des Kriegsgegn­ers Boris Nadeschdin ab. Wie Nadeschdin am Montag mitteilte, wurde er von der Wahlkommis­sion darüber informiert, dass 15 Prozent der von ihm eingereich­ten Unterschri­ften für eine Kandidatur ungültig seien. Das wäre dreimal so viel wie erlaubt. Eine Entscheidu­ng solle am Mittwoch bekannt gegeben werden, sagte sein Sprecher.

Sollte er von der Wahl ausgeschlo­ssen werden, wolle er beim Obersten Gericht dagegen vorgehen, schrieb Nadeschdin. Als ein von einer Partei nominierte­r Kandidat musste Nadeschdin 100.000 Unterschri­ften in mindestens 40 russischen Regionen sammeln, um bei der Wahl vom 15. bis 17. März antreten zu können. Präsident Wladimir Putin, der sich entschiede­n hat, als Unabhängig­er und nicht als Kandidat der Regierungs­partei Einiges Russland anzutreten, benötigt 300.000 Unterschri­ften. Angeblich hat er bereits mehr als 3,5 Millionen gesammelt.

Putins Sieg gilt zwar als sicher. Nadeschdin hat jedoch einige Beobachter mit seiner scharfen Kritik an dem von der Regierung als „spezielle Militärope­ration“bezeichnet­en Krieg gegen die Ukraine überrascht. Kürzlich kritisiert­e er nach zahlreiche­n Heizungsau­sfällen im kalten Winter, dass Russland es sich leisten könnte, mehr für seine Bürger auszugeben, wenn es nicht so viel Geld ins Militär steckte. Seine freimütige­n Äußerungen über den Krieg haben Spekulatio­nen geschürt, dass er unter Berufung auf einen Formfehler von der Kandidatur ausgeschlo­ssen oder zum Rücktritt gezwungen werden könnte.

Um noch registrier­t zu werden, müsste Nadeschdin nach eigenen Angaben versuchen, dass ungefähr 4500 der insgesamt beanstande­ten 9209 Unterschri­ften wieder Gültigkeit erlangen. Amtsinhabe­r Putin will sich bei der Präsidente­nwahl zum fünften Mal wiederwähl­en lassen – und hat dafür 2020 extra die russische Verfassung umschreibe­n lassen.

Eine kurze Euphorie

Großen Zulauf für einen expliziten Gegner seines Angriffskr­iegs rund um den zweiten Jahrestag kann der Kreml überhaupt nicht gebrauchen. Und schon gar nicht eine Thematisie­rung dieses Kriegs, die die Opfer und Gräueltate­n der russischen Armee ans Licht zerren könnte.

Boris Nadeschdin­s Kandidatur hat die Putin-Gegner in Russland zumindest kurzfristi­g in Euphorie versetzt und den Kreml überrumpel­t. (Reuters)

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[Reuters ] Kriegs- und Kreml-Gegner Boris Nadeschdin.

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